Guga S’Thebe Children’s Theatre in Kapstadt
Holzdachkonstruktion, Schiffscontainer und Recyclingmaterial
Langa im Südosten von Kapstadt gilt als ältestes Township der südafrikanischen Metropole. Hier befindet sich das Kunst- und Kulturzentrum Guga S'Thebe, das von Kindern, Jugendlichen und Künstlern der Region, aber auch von Touristen besucht wird. Was dem Zentrum bis 2015 fehlte, war ein Gebäude für Theateraufführungen oder Konzerte. Deshalb wurde auf einem Nachbargrundstück südlich des Kulturzentrums das Guga S’Thebe Children’s Theatre gebaut. Das Kindertheaterprojekt ist Teil des sogenannten Design Develop Build Programs, ursprünglich initiiert von der RWTH Aachen. Lehrstühle verschiedener internationaler Hochschulen arbeiteten gemeinsam an Entwurf, Planung und Bauausführung. Neben der Technischen Hochschule Aachen waren Studierende der Peter Behrens School of Arts in Düsseldorf sowie des Georgia Institute of Technology in Atlanta beteiligt, zusammen mit den Architekten von CS Studio aus Kapstadt und Ingenieuren von Imagine Structure aus Frankfurt. Der Fokus beim Entwurf und der Realisierung lag auf der Verwendung lokaler, traditioneller und recycelter Materialien.
Gallerie
Der zweigeschossige Neubau erstreckt sich von Nordwesten nach Südosten. Den Kern bildet eine Halle mit rechteckiger Grundfläche und Platz für 200 Personen. Hier finden lokale Theaterproduktionen, Ausstellungen, Vorträge, Konzerte, Tanzveranstaltungen und Festivals statt. Weitere Funktionen sind in gebrauchten, stapelbaren Seefrachtcontainern untergebracht, die im Hafen von Kapstadt günstig erworben werden konnten. Sie rahmen die Halle allseitig, dazwischen entstehen die Ein- und Ausgänge. Auf zwei Ebenen wurden elf Container gestapelt, für Hinterbühne, Küche, Sanitärräume, Regie, Zuschauerbalkone, Musikräume und ein Tonstudio. Eine Freilichtbühne, Spielflächen und ein Garten ergänzen das Theatergebäude.
Haupteingang und Anlieferung liegen an der Nordostseite, separiert durch den lang gestreckten Container für die Küche. Links vom Eingang sind ein Büro und Sanitärräume angeordnet, rechts der Anlieferung weitere Sanitärräume und ein Backstagebereich. Container an der Nordwestseite bieten Stauraum. Die zweigeschossige Halle lässt sich je nach Veranstaltung frei gestalten. An den kurzen Seiten gen Südosten und Nordwesten führen Treppen u. a. zu den Zuschauerbalkonen oberhalb der Lagerräume.
Nachhaltig Bauen
Das Dach ist in Holzbauweise
gefertigt. Die Träger liegen auf zweigeschossigen Stahlstützen, die
vor den Containern in der Halle angeordnet und auch daran befestigt
sind. Für offene Durchgänge, Türen und Fenster wurden große
Öffnungen in die Container geschnitten. Die Stahlstruktur entstand
in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Stahlbauer. Während statisch
entscheidende Punkte von professionellen Schweißern bearbeitet
wurden, konnten Studierende Aussteifungen, Unterfütterungen und
Vorarbeiten leisten. Die relativ schlanke Dimensionierung der
Stützen ließ ein manuelles Aufstellen ohne Kran zu. Die Struktur
des Pultdachs, welches sich zum Vorplatz hin öffnet, ist durch vor
Ort leicht verfügbare, kostengünstige Nagelplattenbinder verbunden,
die im südafrikanischen Industriebau weit verbreitet sind. Bei
einem lokalen Holzverarbeiter wurden die achtzehn Binder in
Handarbeit zusammengesetzt und nach der Lieferung vor Ort zu neun
Modulen gefügt. Die zueinander geneigten Binder erzeugen eine
V-Struktur; das Tragwerk bleibt im Innern sichtbar.
Der Innenraum des Theaters ist hell gestrichen, während in den
Containern unterschiedliche, kräftige Farben zum Einsatz kommen. In
Zusammenarbeit mit lokalen Designern und Künstlern entstanden
Textilbespannungen, die auch akustische Funktion übernehmen. Die
Zementziegel am Boden wurden von Studierenden gemeinsam mit
Künstlern und Jugendlichen aus Langa gefertigt und in Streifen
verlegt, die dazwischen liegenden Felder mit Zementestrich
vergossen. Die Möblierung von Küche, Technikraum und Aufnahmestudio
wie auch weitere Akustikelemente unter der Decke entstanden aus
Recyclingmaterial, wie zum Beispiel Holz aus Paletten und
Obstkisten, Teppichresten oder Stoffabfällen.
Zur Verbesserung des Innenraumklimas wurden die Containerwände mit
einer thermischen Hülle aus örtlich vorgefertigten
Leichtlehmpaneelen gedämmt. Dafür wurden gebrauchte
Transportpaletten zerlegt und daraus Holzrahmen gefertigt, in
welche das Stroh-Lehmgemisch gestampft wurde. Die 90 x 90 cm großen
Module wurden mit Stahlwinkeln an den Containern befestigt. Die als
Witterungsschutz fungierende, äußere Fassadenebene ist hinterlüftet
und besteht aus recycelten Brettern von Obstkisten der
Landwirtschaft. Ein Farbspiel, inspiriert von der Ornamentik
traditioneller Textilien, verleiht der Brettholzfassade
Prägnanz.
Bautafel
Architekten: CS Studio Architects, Kapstadt; Studenten und Mitarbeiter der Lehrstühle für Gebäudelehre, RWTH Aachen, Peter Behrens School of Architecture, Düsseldorf und Geogia Tech School of Architecture, Atlanta
Projektbeteiligte: Carin Smuts (CS Studio Architects); Kristina Bacht (AIT-ArchitekturSalon); Bernadette Heiermann, Nora Müller (RWTH Aachen); Judith Reitz, Franz Klein-Wiele (Peter Behrens School of Architecture, Düsseldorf); Daniel Baerlecken, Katherine Wright (Georgia Tech School of Architecture, Atlanta); Transsolar Energietechnik, Stuttgart (Energieberatung); Imagine Structure, Arne Künstler, Frankfurt a. M. (Bauingenieur); Elias Rubin, Wien (Stroh- und Lehmbau); Heribert Weegen (Containerbau)
Bauherr: Abteilung für Kunst und Kultur, Kapstadt
Fertigstellung: 2015
Standort: Washington Street, Langa, Kapstadt
Bildnachweis: Archigraphy Wieland Gleich, Odette-Herberts, Kapstadt; Fakultät für Architektur RWTH Aachen
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