Sporthalle Pierre Chevet in Croissy-Beaubourg
Tragwerk aus Holz und Hanfbetonblöcken
Croissy-Beaubourg ist eine Gemeinde am Rande der Metropolregion Paris, in der primär gewohnt wird; Einfamilienhäuser dominieren das Straßenbild. Im Ortszentrum befindet sich eine Reihe öffentlicher Einrichtungen, die nun durch den Neubau der Mehrzwecksporthalle des Pariser Büros Lemoal Lemoal ergänzt wird. Das Baugrundstück ist von bescheidener Größe und wird von einem Parkplatz begrenzt, der erhalten werden musste, um die infrastrukturelle Anbindung und Mobilität der Nutzenden zu gewährleisten. Angesichts des begrenzten Budgets zielte die Wahl des Tragwerksystems und der Gebäudestruktur darauf ab, nachhaltige, möglichst kostengünstige und dabei auch vielseitige Materialien zu verwenden.
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Hanfbeton- und Holzstruktur
Der Baukörper besteht aus zwei Volumen: Der höhere Teil, in dem sich die Sporthalle befindet, wird von einem niedrigeren Volumen umschlossen. In diesem sind die Funktionsräume wie Umkleiden, Lager- und Technikräume untergebracht. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Architekt*innen, Herstellern und Bauunternehmen bot die Gelegenheit, mit einer innovativen und nachhaltigen Umsetzung zu experimentieren: So entschieden sich Lemoal Lemoal für eine Mischkonstruktion aus Hanfbetonsteinen und Holztragwerk.
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Die Massivholzträger stützen sich auf eine Wand aus Hanfbetonblöcken und schaffen so einen stützenfreien Raum und damit Platz für das Ausüben verschiedenster Sportarten. Um spätere Instandhaltungsmaßnahmen zu erleichtern, haben die Architekt*innen die Fassaden mit einer Verkleidung versehen, deren Platten einzeln ausgetauscht werden können. Auf die unteren Bereiche der inneren Wandflächen wurde Hanfputz aufgebracht, im oberen Bereich des Deckensturzes sind die Blöcke unverputzt belassen worden.
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Erster öffentlicher Hanfbetonbau in Frankreich
Die Sporthalle Pierre Chevet ist die erste öffentliche Einrichtung Frankreichs, die mit Hanfbetonsteinen errichtet wurde. Die Blöcke bestehen aus Hanfschäben, die mit einem natürlichen Zementbindemittel verfestigt sind. Schäben sind Reste der holzigen Stängelkerns, die bei der maschinellen Entholzung der Pflanzenstängel anfallen. Hanfschäben sind somit ein landwirtschaftliches Abfallprodukt, das im Bausektor sinnvoll wiederverwendet werden kann. Dies ermöglicht außerdem die Einlagerung von Kohlenstoff in der Gebäudestruktur, was zu Negativemissionen führt. Die von Lemoal Lemoal für die Sporthalle verwendeten Hanfschäben stammen aus Frankreich und wurden in einem Umkreis von 500 km um den Projektstandort verarbeitet. So fördert der langlebige Hanfbau zugleich kurze Lieferketten und mobilisiert regionale Akteure – von der Landwirtin bis zum Arbeiter.
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Einfache Verarbeitung und positive Eigenschaften
Hanf ist nicht nur ein nachhaltiger Baustoff, sondern hat noch weitere positive architektonische Eigenschaften: Die Blöcke der Maße 60 x 30 x 30 cm lassen sich einfach schneiden und können mit üblichen Steinmetz-Techniken bearbeitet werden. Sie besitzen eine Nut-und-Kamm-Verbindung und müssen daher nicht zusätzlich verklebt werden, sondern können wie Mauerwerk gestapelt werden. Dabei geben Projekte wie die Sporthalle Pierre Chevet Maurerfirmen die Möglichkeit, solche neuen ökologischen Techniken zu erproben. Zudem weist Hanfbeton gute akustische Eigenschaften auf, da er Schall sehr gut absorbiert.
Das Team von Lemoal Lemoal entschloss sich deshalb, die Blöcke im oberen Bereich der Halle unverputzt zu belassen, um deren schallabsorbierende Eigenschaft zu erhalten. Zugleich ist Hanfbeton feuerbeständig (REI 30) und wirkt wärmedämmend: So können laut Studien bis zu 70 % der Heizkosten in einem Gebäude mit hoher Wärmeleistung mit Hanfbausteinen eingespart werden. Eine von dem beteiligten Ingenieurbüro durchgeführte Modellierung der Sporthalle schätzt den Jahres-Primärenergieverbrauch der Halle auf 167 kWh/m²a pro Jahr (Klasse C), wobei der Gasverbrauch auf 42,7 kWha reduziert wird. Das Material ermöglicht dadurch auf lange Sicht erhebliche Einsparungen. Mit der Hanf-/Holzkonstruktion der Sporthalle möchten die Planenden zeigen, dass auch eine kleine Stadt Aushängeschild des nachhaltigen Bauens werden kann. -sh
Bautafel
Architektur: Lemoal Lemoal, Paris
Projektbeteiligte: Baticible, Neuilly-Plaisance (Tragwerk); Cruard Charpente, Simplé (Zimmermann); Collin Étanchéité, La Chapelle-Saint-Luc (Dach und Fassade); ECNR (Schreinerarbeiten Außenraum); Ageco Agencement, Amiens (Schreinerarbeiten Innenraum); Seveste (Gebäudetechnik); Vicat, L'Isle-d'Abeau (Hanfbetonblock-Hersteller)
Bauherrschaft: Stadt Croissy-Beaubourg
Fertigstellung: 2021
Standort: Allée du Bois, 77183 Croissy Beaubourg
Bildnachweis: Elodie Dupuis, Paris / Vieille matériaux, Étalans (Fotos); Lemoal Lemoal, Paris (Pläne)
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