Turm zu Bhaktapur
Handgefertigte Mauerziegel nach Studentenentwürfen
Reisen in fremde Kulturen schärft die Wahrnehmung und erweitert den Horizont. Diese Erfahrung machten auch 25 Architekturstudenten der Fachhochschule Frankfurt. Unter der Leitung von Wolfgang Rang und Niels Gutschow von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg fuhren sie im Sommersemester 2008 nach Bhaktapur in Nepal und errichteten dort eine begehbare Turmskulptur.
Gallerie
An der alten Handelsroute nach Tibet gelegen, ist Bhaktapur eine der drei Königsstädte im Kathmandutal. Ihre rund 81.000 Einwohner gehören mehrheitlich zur Volksgruppe der Newar. Nach deren traditioneller Bauweise und unter Verwendung lokaler Materialien entstand der Turm innerhalb von 24 Tagen in den Reisfeldern nördlich des historischen Stadtkerns. Gemeinsam mit ortsansässigen Handwerken bauten ihn die Architekturstudenten aus Ziegeln nach eigenen Entwürfen. Der Turm besitzt eine quadratische Grundfläche und eine Seitenlänge von 3,50 Metern. Seit seiner Fertigstellung erhielt er mehrere Auszeichnungen.
Mauerwerk
Im Vorfeld der Exkursion nach Nepal entwarfen die Studenten
Ziegel
mit unterschiedlichen Oberflächen in verschiedenen Formaten. Die
daraus resultierenden 13 Prototypen wurden an einen Zimmermann nach
Bhaktapur geschickt, der nach den Vorlagen Formrahmen aus Holz
anfertigte. Mithilfe dieser Modellformen produzierte die Ziegelei
Kanca Aval etwa 3.600 Ziegelrohlinge aus dem Lehmboden des
Kathmandutals in Handarbeit. Die noch feuchten Rohlinge wurden
zunächst an der Luft getrocknet, bevor sie im Brennofen bei ca. 850
°C neun Tage gebrannt wurden.
Anschließend begann der Turmbau. Er wurde in der Tradition der Newars als zweischaliges Verbundmauerwerk mit einer Gesamttiefe von 35 Zentimetern errichtet. Neben den unterschiedlich großen Ziegeln nach Studentenentwürfen kamen rund 10.000 gebrannte und weitere 10.000 luftgetrocknete nepalesische Ziegel im durchgehenden Format von 5 x 10 x 21 Zentimeter zum Einsatz. Das Fassadenmuster entstand ohne jede Vorplanung Schicht um Schicht während des Bauprozesses. Für den Mörtel wurde der Aushub des Baugrunds mit den Füßen gewalkt, unter Zugabe von Sand in Mörtel verwandelt und gezielt in die Lager- und Setzfugen geworfen. Die Ausführung des zweischaligen Verbunds erfolgte unter Anleitung der ortsansässigen Maurer mit gebrannten Ziegeln an der Außenseite und luftgetrockneten Ziegeln an der Innenseite des Turms.
Mit dem Anspruch „Bauen mit dem, was der Baugrund hergibt“
wurden nicht nur Ziegel und Mörtel aus lokalen Lehmbeständen
gefertigt: Für die Deckenbalken und Ringanker
wurde Holz aus der Region verarbeitet, die Eingangssäulen stammen
aus der ehemaligen portugiesischen Kolonie Pondicherry in
Südindien, die historischen Fenster aus Abbruchhäusern.
Bautafel
Leitung: Wolfgang Rang, Frankfurt und Niels Gutschow, Bhaktapur
Studenten: Sandra Balzer, Rawind Bhardwaj, Benjamino Calchera, Stipe Cvitanovic, Miguel Fernandez, Christin Gerstle, Natalie Hajduk, Walter Hein, Christian Jacobi, Uwe Jänsch, Alisa Sharkowa, Ilka Kempff, Lisa Kohlhammer, Dimitri Markou, Catherine Metz, Frank Oldenbourg, Myriam Olinger, Markus Oswald, Silvia Rokitowski, Jan Schepko, Nina Schillberg, Stefanie Schmitt, Christian Stipcic, Jan Strunz, Michaela Zwier
Bauherr: Bijay Basukala, Bhaktapur
Fertigstellung: 2008
Standort: Bhaktapur, Nepal
Bildnachweis: Niels Gutschow; Wolfgang Rang, Frankfurt
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