Mansueto Library in Chicago
Ellipsoide Glas-Stahl-Gitterschale
Mit über 4,5 Millionen Bänden ist die Joseph Regenstein Library der University of Chicago eine der größten Bibliotheken der Welt. Um Platz für die steigende Anzahl der Bücher in den Archiven zu schaffen, entschied sich die Universität für den Bau einer zusätzlichen Bibliothek, der Joe and Rika Mansueto Library oder kurz Mansueto Library. Sie entstand nach Plänen des Chicagoer Büros von Murphy/Jahn Architekten im Zentrum der heterogenen Bebauung des Uni-Campus.
Gallerie
Die Erschließung des Neubaus erfolgt über die Regenstein Library. Das Gebäude ist in Form einer verglasten Stahlgitterschale ausgebildet, die – gänzlich geschlossen – einen ebenerdigen Lesesaal mit unterirdischem Archivraum überdacht. Die 37 m breite und 73 m lange Translationsschale ermöglicht eine natürliche Belichtung des Innenraums, der neben dem großen Saal eine Reihe von komplett gläsernen Studienräumen beherbergt. Hier sorgt der Werkstoff Glas für eine sehr hohe Transparenz und ist gleichzeitig das statisch tragende Element. Doch nicht nur oberirdisch, auch darunter überzeugt das Gebäude: Unter dem Lesesaal befindet sich das Magazin der Bibliothek in einem 15 m hohen Raum. Hier herrschen die idealen klimatischen Bedingungen von 15°C und 30% Luftfeuchtigkeit für die rund 3,5 Millionen Bücher. Das Hochregalarchiv wird voll automatisiert durch einen Roboterkran verwaltet.
Das Tragwerk der Gitterschale besteht aus Rundprofilen mit einem
Durchmesser von 168 mm. Die Wanddicken der einzelnen Profile wurden
den statischen Erfordernissen angepasst. Die Knotenpunkte sind als
geschweißte Stahlrohrknoten vorgefertigt auf der Baustelle
verarbeitet worden und mittels Schrauben mit den Knoten verbunden.
Diese sind im Endzustand nicht mehr sichtbar, da sie im Inneren der
Profile verborgen angeordnet sind – die hierfür notwendigen
Montagelöcher wurden nach Fertigstellung mit Stahlblechen
verschlossen. Auf der stählernen Struktur lagert die etwa 2.800 m²
große Glasstruktur.
Glas
Da die ellipsoide Gitterschale als Translationsschale
ausgebildet ist, erfordert diese Konstruktion keine gebogenen
Glasscheiben. Alle einhüllenden Glasscheiben (insgesamt 696 Stück)
bestehen aus ebenem Isolierglas. Die Abmessungen variieren zwischen
rechteckig (im oberen Bereich) und rautenförmig (im unteren
Bereich). Die Glasplatten lagern linienförmig auf
Aluminium-Hohlprofilen – dabei wird die Glasstruktur im Bereich der
Kreuzungspunkte auf die stählerne Primärstruktur aufgeständert. Die
Hohlprofile aus Aluminium übernehmen den zur Schalenebene
gerichteten Lastabtrag – acht kleine Klemmhalter
pro Scheibe sichern die Elemente gegen Abheben bei Windsog.
Die einzelnen Glasplatten der Kuppel sind zur Verschattung mit
einer speziell für das Projekt entwickelten Punktstruktur
beschichtet und leiten so lediglich 50% des einfallenden Lichts ins
Gebäudeinnere weiter. Dabei wurde in einem Mehrfachdruckverfahren im Rauminneren ein weißes
Punktmuster und nach außen hin ein schwarzes Punktmuster
aufgebracht. Dies ermöglicht eine farb- und konturengenaue Sicht
nach außen und eine hohe Nutzung des Tageslichtes ohne Überhitzung
des Innenraumes. Zusätzlich weisen die Glasflächen 73% der
Sonnenwärme nach außen ab, so dass in der Kuppel ein angenehmes
Raumklima herrscht.
Bautafel
Architekt: Murphy/Jahn, Chicago
Projektbeteiligte: Werner Sobek, Stuttgart (Tragwerksplanung); Seele Holding, Gersthofen (Glaskonstruktion)
Bauherr: University of Chicago, Chicago
Fertigstellung: 2011
Standort: 1 E Jackson Blvd Chicago, IL 60604
Bildnachweis: Murphy Jahn, Chicago
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