Stadtbibliothek Stuttgart
Bücherwürfel aus Beton und Glasbausteinen
Tagsüber ein monolithischer Kubus, nachts eine überdimensionale Lichtskulptur – so zeigt sich Stuttgarts neue Stadtbibliothek am Mailänder Platz. Noch steht sie fast allein auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs, wo derzeit das Europaviertel entsteht, ein Städtebauprojekt, zu dem auch Stuttgart 21 gehört. Der Entwurf für die Bibliothek stammt von dem in Köln ansässigen koreanischen Architekten Eun Young Yi.
Gallerie
Auf quadratischem Grundriss erhebt sich das Gebäude rund 40 m in die Höhe. Es bietet auf zwei unterirdischen und neun oberirdischen Geschossen Platz für 500.000 Medieneinheiten. Seine Grundfläche beträgt insgesamt 20.200 m², die Programmfläche rund 11.500 m². Klar geordnet und mit einem Minimum an Materialien ausgestattet, bilden die Buchrücken die einzigen Farbakzente im Inneren des Hauses. Im Kern befindet sich das „Herz“ der Bibliothek, ein vier Stockwerke hoher Raum von 14 m Höhe, Breite und Tiefe, dessen Wände kleine Fenster zieren. Kein Buch ist hier zu sehen, und auch nichts anderes – der Raum ist bis auf ein in den Boden eingelassenes Wasserspiel gänzlich leer. Erhellt wird er von einem Feld aus Glasbausteinen in der Decke.
Unterhalb dieses Raumes befindet sich ein stufenweise abgesenkter Veranstaltungssaal für bis zu 300 Personen, darüber ein trichterförmiges Atrium, dass von fünf Galerieebenen umgeben ist. Diese weiten sich von unten nach oben immer weiter auf und werden von einem Glasdach begrenz. Die unteren vier Galerien dienen als Lesesäle; auf der obersten sind die Grafothek, eine Kunstbibliothek und das Café angeordnet. Von hier aus gelangen die Besucher über eine Treppe auf die Dachterrasse.
Die Erschließung zwischen den einzelnen Lesegalerien erfolgt über paarweise gedreht angeordnete Freitreppen, der als fließende Flanierwege konzipiert sind. Das Bibliotheksgebäude selbst kann von allen vier Seiten betreten werden. In der ringförmig ausgebildeten Eingangshalle sind die Information und die Medienrückgabeautomaten der Buchsortieranlage untergebracht, deren Funktionsablauf durch Glaswände betrachtet werden kann. In den darüberliegenden Geschossen, die den zentralen Raum umschließen, befinden sich die Musikbibliothek im ersten Obergeschoss, im zweiten die Kinderbibliothek und im dritten Literatur zu Philosophie, Psychologie, Medizin und anderen Wissensgebieten.
Glas
Die Bibliothek ist von einer Doppelfassade umschlossen. Die innere
Fassade ist als Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgebildet, die äußere
besteht aus 9 x 9 m großen, quadratischen Fassadenfeldern aus
hellgrauem Sichtbeton, die mit Glasbausteinen bestückt sind. Damit
schottet sich die Bibliothek nach außen ab. Im Inneren jedoch
offenbart das Material seine Qualitäten. Denn die Glasbausteine
lassen zwar viel Licht bis in das tiefe Gebäude hinein, verhindern
aber die Durchsicht, so dass nichts die Aufmerksamkeit der Leser
beeinträchtigt. Außerdem verfügen sie über zahlreiche positive
Eigenschaften hinsichtlich des Schall-, Wärme- und Brandschutzes,
sind durchbruchsicher und bieten einen hohen Schutz vor
Einbruch.
Im Fassadenzwischenraum befinden sich bewegliche Sonnenschutzlamellen, ein Blendschutz und schmale Gänge. Von hier aus erlauben regelmäßig angeordnete Fassadenöffnungen die Aussicht auf die Stadt. Auch die natürliche Belüftung der angrenzenden Räume wird durch diese Gänge optimiert. Nachts wird der Fassadenzwischenraum beleuchtet.
Das Glasdach über dem Atrium sorgt für viel Tageslicht auf den
Lesegalerien. Bewegliche Lamellen gewähren den notwendigen
Sonnenschutz und nehmen zusätzlich Photovoltaikelemente
auf.
Bautafel
Architekten: Eun Young Yi, Köln
Projektbeteiligte: Landeshauptstadt Stuttgart, Technisches Referat, Hochbauamt (Projektleitung); Drees und Sommer, Stuttgart (Projektsteuerung); Boll und Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); Steinbeis Transferzentrum, Stuttgart (Energiekonzept, thermische Bauphysik, Akustik); Thiele Glas, Falkenhain (Glas)
Bauherr: Landeshauptstadt Stuttgart
Fertigstellung: 2011
Standort: Mailänder Platz 1, 70173 Stuttgart
Bildnachweis: Kraufmann/Hörner / Stadt Stuttgart (1-11); Eun Young Yi, Köln (12)
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