Greenhouse Silent Disco: Ein Holzgerüst für kommunikative Pflanzen
Polnischer Pavillon auf der Triennale di Milano
Greenhouse Silent Disco – der Name deutet auf Wahrnehmungsebenen hin, die jenseits der menschlichen liegen. Schließlich erzählt die Installation des polnischen Pavillons auf der 23. internationalen Triennale in Mailand von verborgenen Dimensionen innerhalb der Pflanzenwelt. Das Bild vom vermeintlich statischen, passiven Dasein von pflanzlichen Organismen wird mithilfe von Technologie und einer pointierten Darstellung revidiert. Auf welche Weise Pflanzen auf ihre Umwelt reagieren, und was wir für zu ihrem Schutz daraus lernen können, sind die zentralen Botschaften der Installation, die das Architekturbüro Miastopracownia entwickelt hat.
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Das Projekt, das seit Mitte Juli und noch bis zum 11. Dezember 2022 auf der Mailand Triennale bewundert werden kann, schufen das Adam-Mickiewicz-Institut in Zusammenarbeit mit dem Architekturmuseum aus Wrocław und wurde mitfinanziert vom Ministerium für Kultur und Nationales Erbe der Republik Polen. Zentrales visuelles Element ist eine Holzgitterkonstruktion, die auf Basis eines einfachen Stecksystems eine dreidimensionale Raum-in-Raum-Struktur bildet. Das „Gewächshaus der Zukunft“, so die Selbstbeschreibung des Projekts, ist hier einerseits gestaltgebendes Volumen und andererseits ein Stativ für zahlreiche Topfpflanzen, den eigentlichen Protagonistinnen des Länderpavillons. Über digitale Sensoren werden die Reaktionen der Pflanzen auf verschiedene Reize von außen erfasst. Das können anwesende Menschen sein, die die Ausstellung besuchen, oder aber die wechselnden Wetter- und Lichtverhältnisse außerhalb. Die Veränderungen der Organismen können die Besucherinnen und Besucher dadurch wahrnehmen, dass sie in LED-Licht mit unterschiedlichen Farben sowie in Töne übersetzt werden – daher die Analogie zur Disko.
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Übersetzungsmaschine für Pflanzengespräche
Die offene Gitterstruktur, in der sporadisch großformatige Erklärtafeln eingesetzt sind, erlaubt es, die einzelnen Töpfe sensorisch zu vernetzen. Auch eine Interaktion der Pflanzen untereinander kann hier entstehen – ganz so, wie im Naturraum selbst. Pflanzen sind etwa in der Lage, Schwerkraft wahrzunehmen, die Intensität elektromagnetischer Felder und die Luftfeuchtigkeit zu messen, selbst kleinste Vibrationen zu spüren und innerhalb ihrer Gemeinschaft sowie mit anderen Arten zu kommunizieren. Auch kommt in der Natur wie auch in der Rauminstallation etwa die Chlorophyllfluoreszenz zum Tragen. Dabei wird überschüssiges Licht, das nicht zur Photosynthese gebraucht wird, von den Pflanzen dazu verwendet miteinander zu kommunizieren. Dieses für Menschen unsichtbare „Lichtspiel“ erfassen die digitalen Sensoren und übertragen es an die LED-Leuchten der Installation. Jenseits der Ausstellung hilft das Phänomen der pflanzlichen Lichtsignale der Wissenschaft dabei, Stressfaktoren und Schädigungsgrade von Wäldern oder Populationen zu definieren.
Wurzeln in der Pflanzenphysiologie
Die raumbildende Struktur ist ein Entwurf von Barbara Nawrocka und Dominika Wilczyńska vom Architekturbüro Miastopracownia. Nicola Cholewa gemeinsam mit Magdalena Heliasz zeichnen für die grafische Gestaltung verantwortlich. Kuratiert wurde der polnische Pavillon von Małgorzata Devosges-Cuber und Michał Duda, die bereits zahlreiche Ausstellungen und Publikationen aus dem Bereich Design und Architektur gestaltet haben. Dazu bildet die Basis der Installation die Forschungsarbeit des Pflanzenphysiologen Hazem Kalaji, der als Professor für Landwirtschaft und Biologie an der Warschauer Universität für Biowissenschaften das sogenannte #iPlant-System geschaffen hat.
Das übergeordnete Thema der 23. Internationalen Mailand Triennale übersetzt sich mit "Die unbekannte Unbekannte – Eine Einführung in Mysterien". Dabei geht es um unbekannte Phänomene, von deren Existenz wir nichts wissen, die es zu erkunden gilt und die im besten Fall neue Blickwinkel und neue Horizonte der Nachhaltigkeit generieren.