Werftbetrieb Bayerische Seenschifffahrt am Tegernsee
Konstruktion aus abgewinkelten Leimbindern
Gallerie
Der Tegernsee südlich von München ist ein beliebtes Ausflugsziel
in den bayerischen Alpen. Hier betreibt die Bayerische
Seenschifffahrt ebenso wie auf dem Königssee, dem Starnberger und
dem Ammersee Fahrgastschiffe für touristische Rundfahrten. Zu deren
Instandhaltung gibt es an jedem Binnengewässer eine Werft, darunter
eine am südlichen Ostufer des Tegernsees in der gleichnamigen
Gemeinde. Als Ergänzung für den Werftbetrieb plante die Münchner
Architektin Claudia Schreiber einen neuen Verwaltungsbau sowie ein
Bootshaus mit Schwimm- bzw. Trockendock.
Das Ensemble aus bestehenden und neuen Gebäuden befindet sich
direkt am Seeufer. Besucher, die sich vom Ort Tegernsee her nähern,
erreichen zu Fuß die extensiv begrünten Dachflächen des
Verwaltungsbaus, die als öffentlicher Seeuferweg genutzt werden und
mit Aussichtsplattformen ausgestattet, freien Ausblick über das
Wasser bieten. Der zweigeschossige Neubau für die Verwaltung mit
Werkstätten fügt sich in einen Hang; die obere Ebene beherbergt die
Büroräume und wird über eine offene Außentreppe erschlossen, die
untere bietet Platz für Lager-, Technik- und Nebenräume. Zwei zum
Hof vorgelagerte Baukörper nehmen die neuen Werkstätten auf. Das
Verwaltungsgebäude ist von der Seeseite nicht zu sehen, es verbirgt
sich vollständig hinter den Bootshäusern.
Das neue Bootshaus ist zwei vorhandenen Werfthallen ein Stück
vorgelagert. Mit rund 580 Quadratmeter Nutzfläche bietet es Platz
für ein Schwimm- und Trockendock: Eine Stahlwanne, die im Sommer
geflutet ist und als Garage für Schiffe dient, kann bei
erforderlicher Wartung im Winter per Luftdruck nach oben gepumpt,
mit sogenannten Pallen als Trage- und Hebeeinrichtung bestückt und
wieder abgesenkt werden. Anschließend wird das Boot eingefahren und
die Wanne erneut nach oben gehievt – die Reparaturarbeiten können
beginnen.
Das Tragwerk des Bootshauses besteht aus Holz und entstand ebenso
wie der Verwaltungsbau in vorgefertigter modularer Bauweise. Die
Holzbinder wurden als Elemente geliefert, vor Ort zusammengesetzt
und aufgestellt. Für die Wände wurden auf den Trägern
Holzwerkstoffplatten und darüber eine Lattung zur Hinterlüftung
angebracht. Die Außenhaut bildet eine horizontale Stulpschalung aus
acht Zentimeter breiten, unbehandelten Lärchenholzbrettern. Der
Werkstoff Holz eignet sich nach Auffassung der Architektin für eine
solche Nutzung besonders gut, weil er im Gegensatz zu Stahl nicht
rostet. Zudem passt sich die neue Werft so der regionalen Bauweise
an – und das Material erwies sich letztendlich als kostengünstigste
Variante.
Dach
Die Längswände des Bootshauses neigen sich nach außen und knicken
auf halber Höhe ab, um einen weiten Dachraum zu bilden. Auf diese
Weise konnten die vorgegebene Dachneigung
und Firsthöhe eingehalten und zugleich genügend Platz für die
Schiffe im Trockendock geschaffen werden. Die Halle wird von
Leimbindern getragen, deren untere Segmente sich trapezförmig von
300 auf 800 mm weiten. Der Knick ist keilverzinkt verleimt und mit
Schlitzblechen verstärkt. Der obere Dachträger (300 x 220 mm) ist
im Firstbereich über stählerne Kopfplatten als Gelenk mit dem
gegenüberliegenden Binder verbolzt.
Das Steildach ist gedeckt mit grün beschichteten, schmalen
Stehfalzblechbahnen. Darunter befindet sich eine Schicht aus dünnen
Gespinstmatten, die zum einen der Schallreduktion und zum anderen
der Ableitung von Kondenswasser dient. Die Dachdeckung wurde auf
Holzwerkstoffplatten montiert, die mit den Leimbindern verschraubt
sind. Der Dachaufbau setzt sich wie folgt zusammen:
- Doppelstehfalz-Deckung aus Aluminium
- Trennbahn
- Holzwerkstoffplatte 69 mm
- Rahmen aus Brettschichtholz 220 x 300 – 800 mm
Bautafel
Architekten: Claudia Schreiber, München
Projektbeteiligte: Wolfgang Niemeyer, München (Landschaftsarchitektur); Sailer Stepan und Partner, München (Tragwerksplanung); Simon Haus- und Holzbau, Lenggries (Holzbauunternehmen)
Bauherr: Bayerische Seenschifffahrt, Schönau am Königssee
Standort: Bayerische Seenschiffahrt, Seestraße 70 a, 83684 Tegernsee
Fertigstellung: 2009
Bildnachweis: Julia Schambeck, München