Stadtplanungszentrum in Ningbo
Keramikhülle als Hommage an die Geschichte der Stadt
Ein Ausstellungshaus beträchtlichen Ausmaßes, in dem die jeweiligen Stadtverwaltungen der Öffentlichkeit ihre Strategien und Ideen zur Stadtentwicklung vorstellen, ist in China mit dem Begriff „Stadtplanungszentrum“ gemeint. Hintergrund dieser Gebäudetypologie ist das rasante Wachstum vieler chinesischer Metropolen und das Entstehen komplett neuer Viertel auf dem Reißbrett. Das neue Urban Planning Exhibition Center in Ningbo bietet darüber hinaus zahlreiche weitere öffentliche Räume und referenziert in seiner Erscheinung auf die Geschichte der Stadt. Den organisch geschwungenen, in grüne Fliesen gehüllten Neubau entwarfen die beiden Berliner Büros Playze und Schmidhuber, die als Sieger aus einem geladenen Wettbewerb hervorgingen.
Gallerie
Zugang aus allen Himmelsrichtungen
Die Küstenstadt Ningbo liegt im Osten der Volksrepublik, südlich von Schanghai, und blickt auf eine reiche Geschichte in der Keramikherstellung zurück – was zu einer der Leitideen bei der Gestaltung wurde. Die Gebäudehülle aus grünen Fliesen zeugt schon von weitem davon. Das Stadtplanungszentrum befindet sich im Herzen der neu errichteten „Eastern New Town“ in unmittelbarer Nähe des Rathauses und des Stadtplatzes. Das polymorphe Volumen, das entfernt an ein vierblättriges Kleeblatt erinnert, wurde als Fortsetzung der umgebenden Uferlandschaft entwickelt. Verbindende Wege, Brücken und Straßen sind in eine Topografie eingeflochten, die zu den zahlreichen Eingängen des Gebäudes leiten. Insgesamt vier Haupteingänge führen jeweils in eine Lobby, die das zentrale, großzügige Atrium erschließen, das vollständig in Weiß gehalten ist. Die organisch geschwungene Treppenanlage und die Galerien sowie die glänzend glatten Oberflächen geben dem Raum eine futuristische Anmutung.
Im Parterre und ersten Obergeschoss befinden sich zahlreiche öffentliche Räume, darunter ein Restaurant, eine Bibliothek und ein Lesesaal, Versammlungsräume, ein Bildungs- und Spielplatz für Kinder, Unterrichtsräume sowie ein großer Mehrzweck-Veranstaltungssaal. Die Ausstellungsräume sind hauptsächlich im zweiten und dritten Geschoss untergebracht. Auf dem Dach, das auch direkt von der Landschaft aus zugänglich ist, lädt ein Café zum Entspannen und Genießen der Aussicht auf die umliegende Stadt ein.
In Tradition gehüllt
Kulturhistorisch spielte Ningbo eine wichtige Rolle im nationalen und internationalen Keramikhandel. Die Stadt war Ausgangspunkt der sogenannten Keramikstraße. Die Verwendung von glasierten Keramikelementen für die Fassaden ist somit auch eine Hommage an die Vergangenheit der Stadt. Die lindgrünen Fliesen mit stufenartigem Querschnitt umweben das gesamte Gebäude wie eine zweite Haut vor der thermischen Hülle. Durch die zahlreichen Schrägen der Außenwände wirkt dies, als sei ein riesiges Spitzentuch über das Gebäude geworfen, das an manchen Stellen hochgerutscht ist und die darunterliegende, gläserne Außenhaut zum Vorschein kommen lässt.
Die strukturierte, glänzend glasierte Keramik erzeugt flüchtige Spiegelungen der umgebenden Landschaft. Diese beleben die Fassade je nach Tageszeit, Jahreszeit und Wetterlage mit unterschiedlicher Intensität. Darüber hinaus weist Keramik hervorragende, technische Eigenschaften auf. Sie ist UV- und frostbeständig, unempfindlich gegenüber Graffiti, Witterung sowie thermischen Einflüssen und ist nicht brennbar. Zudem ist das Material ist frei von schädlichen Zusatzstoffen und Schwermetallen und kann beim Rückbau vollständig wiederverwertet werden.
Um die Komplexität von Tragwerk, Vorhangfassade und Keramikhaut
zu bewältigen, musste ein maßgeschneidertes Computerskript
programmiert werden. Das Skript generierte automatisch ein
3D-Modell des Bauwerks und der Fassade sowie Fertigungszeichnungen
für die jeweiligen Gewerke. -sas
Bautafel
Architektur: Playze, Berlin und Schmidhuber, Berlin
Projektbeteiligte: Hwaking Construction Group (Generalunternehmer)
Bauherr/in: City of Ningbo
Fertigstellung: 2019
Standort: Ningbo, China
Bildnachweis: CreatAR Images, Schanghai; Playze/Schmidhuber, Berlin