Kulturzentrum Cour et Jardin in Vertou
Weiße Travertinsteinplatten als Fassadenbekleidung
Dank ihrer Nähe zur Großstadt und vergleichsweise geringen Mieten konnte die Gemeinde Vertou südöstlich von Nantes in den vergangenen Jahrzehnten ein stetes Bevölkerungswachstum verzeichnen. Um dem steigenden Wohnraumbedarf zu entsprechen, entstanden zahlreiche Anbauten und Erweiterungen, die zu einer lebendigen, ja wilden Dachlandschaft geführt haben. Ein Bild, dass die Architekten von Atelier Fernandez & Serres aus Aix-en-Provence bei ihrem Entwurf für das neue Kulturzentrum Cour et Jardin aufgriffen.
Gallerie
Auffallend hell erhebt sich der polygonale Baukörper mit zahlreichen unregelmäßigen Dachschrägen an einer Straßenkreuzung nahe des Ortszentrums. Der Kreuzung zugewandt ist ein Vorplatz, den das Kulturzentrum im Norden und Westen winkelförmig umfasst. Das verkürzte Untergeschoss ist auf dem abschüssigen Grundstück zumeist ins Erdreich gebettet. Über den allmählich ansteigenden Vorplatz gelangen die Besucher direkt zur oberen Etage. Die Eingangszone verläuft übereck – sämtliche Sicht- und Verkehrsachsen seitens der Kreuzung und der näheren Umgebung treffen hier aufeinander.
Die hohen Wände, fehlende Dachüberstände und wenige Öffnungen, eine durchgängig helle Bekleidung von Fassade, Vorplatz und Dächern verleihen dem Gebäudevolumen eine massige Wirkung. So fällt der neu gepflanzte Baum auf einem trapezförmigen Beet davor besonders ins Auge. Auf die beiden Etagen des Kulturzentrums verteilen sich ein Theater, Tonstudios sowie zahlreiche Übungsräume für Musik und Tanz. Ein zweiter Eingang an der Nordseite führt direkt ins untere Geschoss.
Die unregelmäßige Dachstruktur bleibt innen ablesbar, und die Räume sind gleichfalls hell gestaltet. In den schlichten Erschließungszonen treffen weiß verputzte Wände auf grauen Sichtestrich als Bodenbelag, in den Übungsräumen wurde helles Parkett verlegt. Akustikdecken und -wände absorbieren den Schall in den großen, weitgehend unmöblierten Räumen. Die Beleuchtung der Übungsräume erfolgt in erster Linie über Lichtbänder in Fußböden und Decken.
Fliesen und Platten
Mit einer Fassadenbekleidung aus weißen Travertinsteinplatten
unterschiedlichen Formats, deren Farbton auf die nahe gelegene
neogotische Kirche St. Martin Bezug nimmt, prägt der Neubau das
Stadtbild maßgeblich. Beinahe fensterlos konzipiert, erhält er
monolithische Wirkung. Travertin ist ein Süßwasserkalkstein mit
Gesteinsporen, die an der Oberfläche in unterschiedlicher Zahl und
Größe zutage treten und für eine rustikale Optik sorgen. Die
Außenwände sind als zweischalige Konstruktion mit Luftschicht und
Wärmedämmung ausgeführt. Die acht Zentimeter starken
Travertinplatten sind selbsttragend und wie konventionelles
Ziegelmauerwerk verbaut.
Eine Sockelzone setzt sich innerhalb der Natursteinfassade durch deutlich größere Plattenformate ab. Sie verweist auf das teils unterirdische Geschoss, das im Norden ebenerdig zugänglich ist. Die 87 x 31 cm großen Platten umlaufen das Gebäude im Halbverband und enden beidseitig der rückwärtigen Eingangsfassade. Zur Pflasterung des Vorplatzes stellen sie einen fließenden Übergang her, da die Steine das gleiche Format aufweisen. Oberhalb der Sockelzone sind 15 cm hohe, verschieden lange Platten im Wilden Verband verlegt. Somit entsteht ein lebendiges Fassadenbild, das durch die zwischen Weiß und Beige changierende Färbung des Steins verstärkt wird.
Die Dachflächen sind mit weißen Mineralverbundplatten in der
Größe der Natursteinplatten gedeckt und auf Metallrahmen
montiert. Die Faschen sind in weißem Sichtbeton ausgeführt.
Bautafel
Architekten: Stéphane Fernandez, Atelier Fernandez & Serres, Aix-en-Provence
Projektbeteiligte: Clémence Murat (Mitarbeit)
Bauherr: Gemeinde Vertou
Standort: 1 Rue du 11 Novembre 1918, 44120 Vertou, Frankreich
Fertigstellung: 2014
Bildnachweis: Stéphane Chalmeau, Nantes