Remise in Affinghausen
Einschaliges Mauerwerk aus über hundertjährigen Ziegeln
Remise klingt doch viel besser als Garage. Letztlich hat das aus dem Französischen stammende Wort aber die gleiche Bedeutung wie das deutsche: ein Wirtschaftsgebäude zum Abstellen von Fahrzeugen. Im niedersächsischen Affinghausen dient eine neue Remise auf einem alten Bauernhof allerdings nicht nur als Unterstand für Traktoren – im Sommer wird sie zum Gartenpavillon für Empfänge, Vernissagen und Hoffeste.
Gallerie
Die ursprüngliche Bauaufgabe für Wirth Architekten aus Bremen lautete, eine Remise für landwirtschaftliches Gerät, zum Parken von Autos und zum Lagern und Bearbeiten von Brennholz zu entwerfen. In Absprache mit den Bauherren erweiterten die Architekten im Entwurfsprozess das Nutzungsspektrum, da der Bau andernfalls in den Sommermonaten weitgehend leer gestanden hätte.
Wenn man sich dem Gehöft über die Landstraße von Nordwesten nähert, bildet die Remise den Auftakt zu dem für die norddeutsche Region typischen Bauernhofensemble bestehend aus einem großen Haupthaus mit angeschlossenem Stall und einzelnen Nebengebäuden. Die eingeschossige Remise steht in einer Baulinie mit dem alten Bauernhof und ist sowohl im Maßstab als auch der Materialwahl, dem Ziegelmauerwerk, am Bestand orientiert.
Die Zufahrt erfolgt nicht von der Landstraße, sondern über das Grundstück des Bauernhofs. Ein großes zweiflügeliges Eichentor nimmt die gesamte Nordostfassade ein. Ein zweiter Zugang für Personen befindet sich an der Gebäudeecke der Südostfassade. Das Holz für die raumhohen Eichentorflügel stammt von einem bereits vor 15 Jahren durch Blitzschlag abgestorbenen Baum auf einer benachbarten Wiese, der vor Kurzem durch einen Sturm umgestürzt wurde. Der Betonboden wurde bis in den Außenraum erweitert, sodass eine Terrasse entsteht, die bei geöffneten Toren die Grundfläche des Pavillons vergrößert.
Der Innenraum bietet auf 42 Quadratmetern Platz für zwei nebeneinanderstehende Fahrzeuge, die Raumhöhe erlaubt auch das Abstellen eines kleinen Traktors. Tageslicht gelangt nicht durch Fenster, sondern durch das perforierte Sichtmauerwerk ins Innere. Als künstliche Lichtquelle wurden in die Sichtbetondecke Einbaustrahler integriert. Für eine gute Reflexion und edle Anmutung wurde der Beton rund um die Lampen golden angestrichen.
Mauerwerk
Um den optischen Zusammenhalt des Ensembles zu stärken und den
Neubau bestmöglich in die Hofanlage einzufügen, orientierten sich
Wirth Architekten für die Remise am Gebäudebestand und konzipierten
den Baukörper als einschaliges Mauerwerk. Zum Einsatz kommen dafür
Ziegel
einer alten Brandruine aus dem Nachbarort, die den Ziegeln des aus
dem 19. Jahrhundert stammenden Bauernhofs entsprachen und
mutmaßlich aus derselben Ziegelei kamen.
Die historischen Steine der Brandruine wurden nach dem Abtragen
sortiert und einer sorgfältigen Reinigung unterzogen, um
Mörtelreste zu entfernen. Da sie ehemals handgeformt wurden, weisen
sie häufig noch Finger- und Handabdrücke auf. Auch bei den
Abmessungen gibt es manchmal Abweichungen, standardmäßig liegen sie
bei 11,5 x 24 x 7,5 cm. Für die Außenwände wurden die Ziegel dann
als einschalige Wand mit Pfeilerausbildungen zur Lastabtragung
vermauert. Die Flächen zwischen den Pfeilern sind als 11,5 cm
starkes, perforiertes Sichtmauerwerk im Läuferverband ausgeführt. Das Lochmuster der
Mauerwerksfassade sorgt für eine natürliche Querlüftung, die ein
nicht zu feuchtes Raumklima des ungeheizten Innenraums sichert und
somit dem Trocknen des gelagerten Brennholzes im Winter zugute
kommt. Die Dachlast der massiven, wasserundurchlässigen Betondecke
nehmen im regelmäßigen Abstand angeordnete 24 cm starke
Mauerwerkspfeiler im Kopfverband auf.
Bautafel
Architekten: Wirth Architekten, Bremen
Projektbeteiligte: Jens Wulf Ingenierbüro für Bauwesen, Bassum (Statik); Meyer, Barenburg (Maurer); Cohrs Holzbau, Stuhr (Zimmerer); Logemann Bedachung, Affinghausen (Dachdecker)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2015
Standort: Bergstraße 48, 27257 Affinghausen
Bildnachweis: Christian Burmester, Bremen; With Architekten, Bremen
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