Atelierhäuser in Peking
Monolithisches, 49 cm dickes Mauerwerk aus roten Vollziegeln im Blockverband
Die Künstlerkolonie Songzhuang liegt in der östlichen Peripherie
Pekings, die geprägt ist von einer Mischung aus Landwirtschaft,
Industrie und ländlichen Wohnsiedlungen. Über zweitausend Künstler
unterschiedlichster Ausrichtung haben sich hier niedergelassen,
darunter auch zwei Maler, auf einem von drei Seiten von
Nachbarhäusern umgebenen Grundstück. Mit der Planung ihres Wohn-
und Atelierhauses beauftragten sie das Berliner Architekturbüro
Knowspace. Zwar wollten die Künstler zusammen wohnen und arbeiten,
dennoch sollte ihr neues Zuhause ihnen die Möglichkeit bieten, sich
in private Bereiche zurückzuziehen.
Als Ausgangspunkt für den Entwurf griff Architekt Erhard An-He
Kinzelbach die Typologie des traditionellen chinesischen Hofhauses
auf. Es entstand eine moderne Variante dieser Bauform mit
geschlossener Umfassungsmauer und zentralem Außenraum, um den herum
je zwei eigenständige Atelier- und Wohnhäuser aus rotem
Ziegelmauerwerk angeordnet sind.
Gallerie
Die beiden zweigeschossigen Atelier-Riegel begrenzen die
Parzelle auf der Nord- und Ostseite. Einer folgt dem Verlauf der
Straße, der andere liegt auf der seitlichen Grundstücksgrenze.
Zwischen den beiden Baukörpern entsteht eine Lücke, die den Zugang
von der nördlichen Straße zum Hof bildet. Zu diesem orientieren
sich die Eingänge aller Gebäude sowie große Fensteröffnungen
zu den Ateliers. Nach Süden hin schließen die beiden
eineinhalbgeschossigen Wohnhäuser den Innenhof ab. Sie haben
spiegelsymmetrische, L-förmige Grundrisse und stehen Rücken an
Rücken, vom Hof abgewandt. Dadurch entstehen zwischen ihnen und der
Grundstücksmauer zwei kleine, private Gärten mit je einem eigenen
schmalen Zugang. Die räumliche Abfolge der Baukörper erzeugt so
schrittweise Übergänge zwischen dem öffentlichen Raum, dem Innenhof
als gemeinsam genutzter Schnittstelle zwischen Wohn- und
Arbeitstrakt und den individuellen Bereichen der Künstler.
Die Studios der Maler werden zum größten Teil über markante, quer
verlaufende Sheddächer belichtet. Die Oberkante der Außenwände
folgt deren regelmäßiger Zackenform. Die massive Wirkung der sehr
geschlossenen, hohen Mauerwerkswände wird dadurch verstärkt. Die
fast identischen Atelier-Riegel beherbergen im Erdgeschoss jeweils
eine an der Straße liegende Garage, ein separat vom Hof aus
zugängliches Gästezimmer, einen Eingangs- und einen daran
anschließenden Nebenraum. Vom Eingangsraum führt jeweils eine
einläufige Treppe in den eigentlichen, das gesamte Obergeschoss
einnehmenden, Atelierraum.
Die beiden Wohnhäuser öffnen sich dagegen in Richtung Süden, zu den Privatgärten. Der Hauptzugang führt jeweils vom Hof in einen großen Wohn- und Essbereich, der den gesamten nördlichen Gebäudeschenkel ausfüllt. Daran schließt je ein eingeschossiger Schenkel an, der zwei Schlafzimmer mit eigenem Bad und Garteneingang enthält. Vom Wohnbereich führt eine Treppe ins Obergeschoss mit zwei weiteren Schlafräumen, Bad, Ankleide und einer Dachterrasse mit Blick über den Garten.
Mauerwerk
Bei der Wahl der Konstruktionsmethoden sowie des Materials
orientierte sich der Architekt an lokalen Gegebenheiten und
Traditionen. In Nordchina ist Ziegelmauerwerk traditionell gebräuchlich
und außerdem sehr günstig. Ein zusätzlicher Grund für die
Verwendung von Ziegeln als Baumaterial waren die beteiligten
Arbeitskräfte: Die gesamten Bauarbeiten wurden von lokalen Bauern
ausgeführt, die saisonal als Handwerker tätig sind. Daher war es
wichtig, eine leicht umzusetzende und durch schlichte Detaillierung
fehlerresistente Bauweise zu wählen.
Die Wände der Atelier- und Wohnhäuser bestehen aus einschaligem Mauerwerk in einer Stärke von 490 mm. Dazu wurden rote Vollziegel zu einem Blockverband vermauert. Zur Unterstützung des Lastabtrags sind Stahlbetonstützen, -stürze und -ringanker in die massiven Ziegelwände integriert. Die verwendeten Vollziegel mit den Maßen 240 x 115 x 53 mm stammen von einer lokalen Ziegelbrennerei.
Das Gebäudeensemble lebt von der monolithischen Wirkung des
schnörkellosen Mauerwerks mit reduzierten, durch schwarze
Fensterrahmen optisch zurücktretenden Lochöffnungen. Durch den
konsequenten Verzicht auf Details wie einen abgesetzten Sockel,
Friese, Faschen, Fenster- oder Traufbleche wurde aus einer
praktischen Notwendigkeit ein gestalterisches Thema mit starker
Ausdruckskraft.
Bautafel
Architekten: Knowspace / Erhard An-He Kinzelbach, Berlin
Projektbeteiligte: Qin Lichao (Bauleitung); Cao Shanghui (Statik, TGA)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2013
Standort: Songzhuang Town, Tongzhou District, 10118 Peking
Bildnachweis: Knowspace / Erhard An-He Kinzelbach, Berlin
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