Linoleum seit über 150 Jahren
Wie ein Zufallsprodukt zum Designklassiker wurde
Im Jahr 1863 entdeckte der englische Chemiker Frederick Walton durch Zufall, dass sich aus Leinöl, Korkmehl und Harzen ein widerstandsfähiger Bodenbelag herstellen lässt. Am 25. April 1863 meldete er seine Erfindung zum Patent an – und das Linoleum (vom lateinischen oleum lini für den Hauptrohstoff Leinöl) war geboren. Mit der Produktion des ersten industriell gefertigten Linoleumbodens wurde bereits ein Jahr später begonnen. Aufgrund seiner Eigenschaften, die sich bereits in den Arbeitervierteln des 19. Jahrhunderts als vorteilhaft erwiesen, ist das Material auch heute noch gefragt: Es ist leicht zu verlegen, einfach zu reinigen, dämpft den Trittschall und bildet eine warme, leicht dämmende Oberfläche. Dabei haben sich seit seiner Erfindung die Bestandteile nicht verändert, als Trägermaterial dient auch heute noch Jutegewebe.
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In Deutschland betrachtete man das im Ausland hergestellte Linoleum zunächst mit Skepsis, auch weil es teuer verkauft wurde – unter anderem aufgrund hoher Zölle. Dieses Problem löste sich, nachdem in den 1880er- und 90er-Jahren die ersten Linoleum-Werke gegründet wurden: zunächst in Delmenhorst, aber auch zum Beispiel in Rixdorf (heute Berlin-Neukölln), Bedburg bei Köln oder Bietigheim bei Stuttgart. In den Werken wurde begonnen, mit Farben und Formen zu experimentieren. Das sogenannte Inlaid-Linoleum mit seinen komplexen, oft an den Jugendstil angelehnten Mustern wurde zum wichtigen Bestandteil der Architektur im frühen 20. Jahrhundert. Zu den begeisterten Anwendern und Gestaltern des neuen Materials zählten unter anderem Bruno Taut, Albin Müller, Henry van de Velde und Peter Behrens, der mit seinen Mustern für die Anker-Linoleumwerke den Bodenbelag weltweit bekannt machte.
Es verwundert also nicht, dass auch Bauhaus-Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius Linoleum als wirkungsvolles Gestaltungsmittel im Innenraum nutzten. Damals wie heute beliebt ist der unifarbene (nach dem Erfinder des Linoleums benannte) Belag Uni Walton, der der reduzierten Formensprache der Moderne entsprach. So war die 1927 errichtete Weißenhofsiedlung in Stuttgart fast durchgehend mit Linoleum ausgestattet. Im gleichen Jahr konzipierten Mies van der Rohe und Lilly Reich sogar eine DLW-Linoleum-Ausstellungseinheit auf der Stuttgarter Werkbund-Ausstellung Bau und Wohnung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Material durch neue Kunststoffbeläge und industriell gefertigte Teppichböden fast vollständig vom Markt verdrängt. Der häufig in Krankenhäusern und Mietskasernen verlegte Bodenbelag erschien vielen als altbacken und schäbig. 1959 gelangte dennoch eine Serie mit der bekannten marmorierten Oberflächenstruktur auf den Markt. In den 1960er- und 70er-Jahren waren vor allem längsgerichtete Muster beliebt, sofern die Entscheidung überhaupt auf Linoleum fiel. Erst mit der Ökologiebewegung und dem erwachenden Bewusststein für natürliche Materialien wurde Linoleum ab Mitte der 1980er-Jahre wiederentdeckt. Heute spielt es als Bodenbelag insbesondere in Krankenhäusern, Büros, Schulen und Kindergärten wieder eine große Rolle.
Zu den klassischen unifarbenen und marmorierten Oberflächen
kamen in den letzten Jahren zahlreiche Neuerungen hinzu. Zur
Auswahl stehen heute Linoleumböden, die durch das Einstreuen von
Metall schimmernde Oberflächen aufweisen, außerdem leuchtende
Farben, wie sie früher nicht herstellbar waren. Ebenfalls populär
sind dezente Muster in Grau-, Beige- und Brauntönen, die sich gut
mit Oberflächen aus Holz oder Beton kombinieren lassen.
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