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Die geschichtliche Entwicklung des Linoleums im 20. Jahrhundert
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde die Ästhetik des künstlerisch gestalteten Linoleums zu einem bedeutsamen Bestandteil der zeitgenössischen Architektur. Besonders die wichtigen Architekten der 20er Jahre – wie Bruno Taut, Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius – nutzten Linoleum als innenarchitektonisches Gestaltungsmittel. Den überwältigenden Erfolg dokumentieren die zahlreichen öffentlichen Ausstellungen, auf denen Linoleum jetzt als dekorativer Bau- und Werkstoff gefeiert wurde: auf der Allgemeinen Landes-, Industrie- und Gewerbeausstellung in Oldenburg 1905 (verbunden mit der Nordwestdeutschen Kunstausstellung), auf der Ausstellung des Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe in Dresden 1906 sowie auf den Weltausstellungen 1910 in Brüssel und 1913 in Genf. Die 1927 errichtete Weißenhofsiedlung in Stuttgart war fast komplett mit Linoleum ausgestattet, ebenso die Dammerstock-Siedlung in Karlsruhe oder die Meisterhäuser von Walter Gropius in Dessau. Als Höhepunkte der künstlerisch-architektonischen Verwendung von Linoleum gilt die von Mies van der Rohe und Lilly Reich konzipierte DLW-Linoleum-Ausstellungseinheit auf der Stuttgarter Werkbund-Ausstellung Bau und Wohnung aus dem Jahre 1927.
Gallerie
Der Erste Weltkrieg bedeutete eine kurze, aber einschneidende
Zäsur in der Erfolgsgeschichte des Linoleums, da die Einfuhr der
Rohstoffe Jute, Harz und Kork stockte und Leinöl für die Herstellung
von Speisen benötigt wurde. Doch bereits zu Beginn der 20er Jahre
erreichte die deutsche Linoleumproduktion wieder ihr
Vorkriegsvolumen. Während der Weimarer Republik kam es zu einer
starken Konzentration der Linoleum-Industrie in Deutschland: 1926
fusionierten die drei Delmenhorster Linoleum-Fabriken und die
Bietigheimer Fabrik zu den Deutschen Linoleum-Werken.
Unter der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland endete
die Tradition des Künstler-Linoleums abrupt. Als anspruchsloser
Bodenbelag aber war Linoleum vor allem im Objektbau weiterhin
beliebt. Doch gerade hierin gründete sein Niedergang in den 1950er
Jahren: Am Ende der Wirtschaftswunderjahre war Linoleum als
unansehnlicher Bodenbelag für Treppenhäuser und Krankenhausflure
verpönt, der Geruch des Muffigen, Verstaubten, des Unmodernen
hatte sich über den einst geliebten und gefeierten Bodenbelag
gelegt. Seit den 60er Jahren kamen außerdem zahlreiche
Konkurrenzprodukte auf den Markt: moderne Kunststoff-Beläge und
industriell gefertigte Teppichböden, später dann Fertigparkett,
Fliesen
und Korkbeläge. Sie alle machten dem Bodenbelag Linoleum schwer zu
schaffen. Ende der 60er Jahre wurde die Produktion in Deutschland
stark gedrosselt, weltweit mussten zahlreiche Produzenten die
Herstellung sogar ganz einstellen – für Linoleum schien das Ende
gekommen.
Doch Totgesagte leben ja bekanntlich länger. Es war die
Ökologiebewegung mit ihrem gesteigerten Bewusstsein für natürliche
und wohngesunde Bau- und Werkstoffe, die dem Belag aus
nachwachsenden Rohstoffen seit Mitte der 1980er Jahre eine
Renaissance bescherte. Moderne Dessins und eine frische Farbgebung,
dazu eine umweltschonende und zugleich kostengünstige Produktion
haben Linoleum verloren gegangene Marktanteile zurückerobert. Eine
sehr wichtige Rolle spielt Linoleum im Objektbau: Für
Krankenhäuser, Senioren- und Pflegeheime, Büros, Schulen und
Kindergärten ist er aufgrund seiner vielen positiven Eigenschaften
der ideale Bodenbelag.
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