Wohnhaus in Pully bei Lausanne
Exot im Vorort
Der städtebauliche Plan zeigt ein Ei zwischen den typischen Villengrundrissen des Vororts Pully bei Lausanne. Wer das von Localarchitecture geplante Wohnhaus im gebauten Kontext betrachtet, darf vermuten, dass dieses Ei von einem Kuckuck gelegt wurde: Auf dem ungewöhnlichen Grundriss wächst ein Turm empor, der in eine gitterartig strukturierte Sichtbetonfassade gehüllt ist. Ganz ohne die in dem noblen Wohngebiet verbreiteten folkloristischen Elemente erscheint dadurch der Bau, der eher an ein Büro- denn an ein Wohngebäude erinnert.
Gallerie
Das Tragskelett des Hauses erscheint nach außen gekehrt; die sich zur Umgebung hin verjüngenden Sichtbetonpfeiler und Gesimse sorgen für ein elegantes Erscheinungsbild. Die Füllungen aus angegrautem Holz oder Glas sind geschosshoch ausgeführt, die Fensterrahmen der Lüftungsflügel bleiben weitgehend verborgen.
Noble Turmzimmer
Mit seinen drei Vollgeschossen und den zwei aufgesetzten Staffelgeschossen reizt das Wohnhaus in Pully den örtlichen Bebauungsplan voll aus. Der schmale Grundriss lässt dabei auch den dahinterliegenden Nachbargebäuden noch Ausblicke auf den Genfer See. In dem Gebäude untergebracht ist auf den oberen drei Geschossen die Wohnung der Bauherrenfamilie, die beiden Wohnungen auf den zwei unteren Stockwerken werden vermietet.
Von der unter dem Haus liegenden Tiefgarage aus werden die Wohneinheiten mit dem Aufzug erschlossen. Die beiden Haupteingänge befinden sich auf der Westseite des Turms. Ungewöhnlich ist die Treppe, die sich nicht in einem abgeschlossenen Kern befindet, sondern sich entlang der gebogenen Außenwand Etage für Etage nach oben windet.
Durch die beiden zurückspringenden oberen Etagen (in der Schweiz als Attikageschosse bezeichnet) entsteht eine großzügige Dachterrasse zum Genfer See hin. Der dazugehörige Whirlpool ist versenkt und zusammen mit der Technik in einem Halbgeschoss unter der Terrasse untergebracht. Dessen Lage lässt sich – ebenso wie ein Höhenversatz der Einliegerwohnungen – aufgrund von Unregelmäßigkeiten im Fassadengitter zur Straße hin deutlich ablesen.
Beton: Sandgestrahlt und brettergeschalt
Prägendes
Element der Fassade sind die Fertigteilpfeiler, die die Ränder des
eiförmigen Grundrisses markieren und das Raster der Fassade
bestimmen. Sie bestehen aus zwei Schichten: Der innere Teil ist
tragend ausgebildet und weist ein rechtwinkliges Profil auf. Der
äußere Teil ist an mindestens einer der Ecken abgeschrägt, sodass
die Elemente in der Ansicht schmaler wirken, als sie eigentlich
sind – und zudem den Lichteinfall optimieren. Die beiden
Pfeilerbauteile sind thermisch voneinander getrennt.
Eine Besonderheit findet sich im Bereich des Halbgeschosses für die Technik: Hier handelt es sich bei der inneren Schale um eine durchgehende, vor Ort betonierte Wand, vor die die Fassadenelemente und die opaken Ausfachungen gesetzt wurden.
Die Gesimse sind ebenso wie die Decken in Ortbeton
ausgeführt. Sowohl die Fertigteile als auch die vor Ort erstellten
Sichtbetonelemente ließ das Planungsteam sandstrahlen, um so eine
fein gekörnte und regelmäßige Oberfläche zu erreichen. Die
Sichtbetonwände im Inneren ließ man mit vertikal angeordneten
Brettern schalen, die Decken wurden konventionell hergestellt und
zeigen Schaltafelabdrücke. -chi
Bautafel
Architektur: Localarchitecture, Lausanne
Projektbeteiligte: Gex et Dorthe Ingénieurs, Bulle (Tragwerksplanung); Thinka Architecture Studio, Genf (Bauleitung); Wood Concept, Bussigny-sur-Lausanne (Einbauten aus Holz)
Bauherr/in: privat
Standort: Chemin de Chamblandes 52, 1009 Pully, Schweiz
Fertigstellung: 2020
Bildnachweis: Michel Bonvin / Localarchitecture
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