Wohn- und Geschäftshaus in Vale de Cambra
Tunnelblick auf grüne Hügel
Schnell gebaut, kostengünstig und flexibel – und natürlich auch wohnlich und sparsam im Unterhalt: So stellen sich Bauherrinnen und Bauherren ihre Bauprojekte gerne vor. Das Architekturbüro Summary hat für dieses Wunschpaket mit „Gomos“ eine Modulbauweise entwickelt, die unter anderem bereits auf der Architekturbiennale 2016 in Venedig zu sehen war.
Gallerie
Die einzelnen Einheiten – in der Regel kurze Riegel – werden bei diesem System in Abschnitten produziert, die sich vorkonfektionieren und dann auf der Baustelle zusammensetzen lassen. Wie das dann aussehen kann, zeigt ein gemischt genutztes Gebäude in Farrapa im portugiesischen Vale de Cambra, das nach dem Entwurf von Summary vor kurzem fertiggestellt wurde.
Unten Gewerbe, oben Wohnen
Der zweigeschossige Bau sitzt in dem fruchtbaren, aber stellenweise
recht zersiedelten Tal in der Nähe von Porto längs an einer
Nationalstraße. Das Erdgeschoss ist als multifunktional nutzbare
Fläche entworfen, im Moment ist auf einem Teil davon ein Café
untergebracht. Auf dem Unterbau sind zur Straße hin sechs
individuelle Wohneinheiten mit jeweils 45 Quadratmetern Wohnfläche
gesetzt. Dank des Hanggrundstücks konnte sowohl dem unteren
Geschoss als auch dem Wohngeschoss – auf einander
gegenüberliegenden Seiten – ein ebenerdiger Vorplatz zugeordnet
werden, der sich unter anderem zum Parken nutzen lässt.
Die sechs kleinen Wohnriegel sind leicht versetzt zueinander angeordnet und kragen teilweise über das untere Geschoss aus, sodass trotz der Gleichförmigkeit des Systems ein lebendiges Erscheinungsbild erreicht wird. Zur Straße Richtung Nordosten zeigen sich die tunnelartigen Wohneinheiten mit einer vollflächigen Glasfassade. Der Eingang befindet sich im Südwesten, die Stirnseite prägt dort neben der Türöffnung ein kleines Fenster mit tiefer Laibung. Die Längsseiten sind komplett geschlossen.
Klein, aber fein
Die Pultdächer der Einheiten sind unterschiedlich orientiert, das
Gefälle ergibt sich mal in Richtung Nordwesten, mal in Richtung
Südosten. Entsprechend dieser Neigung organisieren sich die
Grundrisse im Inneren: Die Küchenzeile befindet sich stets auf der
Traufseite, Schlafraum und Bad auf der Firstseite. Über Letzterem
ist eine niedrige Galerie angeordnet, die über eine Leiter
erschlossen wird. Aufgrund der geringen Höhe dient sie vor allem
als Stauraum oder alternativer Schafplatz. Neben den
Sichtbetonwänden prägen das Innere die farbig leuchtenden
Oberflächen der Bekleidungen von Einbauten und Mobiliar.
Beton: Scheibchenweise aufgebaut
Eine Vereinfachung
des Bauens mithilfe eines modularen Systems, das sich zu einem
hohen Grad vorkonfektionieren lässt, war das Ziel eines
Forschungsprojekts, aus dem das System Gomos hervorging. Das Team
von Summary Architects ließ sich bei der Entwicklung von einem
denkbar simplen Vorbild inspirieren: dem Kanalbau aus
Stahlbetonrohren.
Von Gomos existieren bisher vor allem gebaute Beispiele, bei denen das System in seiner reinsten Form umgesetzt wird: in bungalowartigen Einheiten, deren Längsfassaden weitgehend ohne Öffnungen oder andere Störungen tunnelartig ausgeführt sind. Eine hybride Konstruktion mit anderen Fertigteil- oder Ortbetonbauteilen könnte für ein breiteres Spektrum der Anwendung sorgen.
Vorfertigung in ihrer ganzen Pracht
In Vale de Cambra entstand zunächst der gewerblich genutzte
Unterbau. Die Konstruktion besteht vor allem aus Fertigteilen, die
in einem nahegelegenen Werk hergestellt wurden. Die
Doppelwandelemente lieferte ein Lkw mit Ladekran an, mit dessen
Hilfe sich die Bauteile auf die Fundamentstreifen setzen ließen.
Die Deckenplatten in Filigranbauweise lagern auf den fertigen
Außenwänden und zusätzlichen Stützen auf. In Ortbeton
ausgeführt wurden die Fundamentstreifen, die Verfüllung
beziehungsweise der Aufbeton, die Stützen sowie die
Bodenplatte.
Für den Transport der einzelnen kerngedämmten Gomos-Elemente aus
demselben Werk war ein Tieflader nötig. Die maximale Tiefe der
Module ist der Breite des Fahrzeugs angepasst; bei dem Projekt in
Vale de Cambra kamen zwei verschieden tiefe Raumscheibenelemente
zum Einsatz. Auf das Dach des Unterbaus wurden die Module von einem
Mobilkran gehievt, der auch beim Zusammenpuzzlen durch die
Fachkräfte wertvolle Hilfe leistete. Dort, wo die Wohnriegel über
den Unterbau auskragen, ließ das Planungsteam zudem Traggerüste
errichtet, die die Fertigteile temporär unterstützten. Ein Video
(siehe Surftipps) erlaubt es, den Bau des Gebäudes im
Zeitraffer zu erleben. -chi
Bautafel
Architektur: Summary, Porto (Team: Samuel Gonçalves mit Inês Rodrigues, João Meira, Gonçalo Vaz de Carvalho)
Projektbeteiligte: FTS, Technical Solutions (Ingenieurdienstleistungen); Farcimar, Soluções em Pré-Fabricados de Betão (Vorfertigung und Montage);
Bauherr/in: privat
Standort: Farrapa, Vale de Cambra, Portugal
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Fernando Guerra FG+SG
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