Konzerthaus und Theater Odeon in Odense
Akustiklamellen, -segel und apfelgrüne Bestuhlung
Der dänische Dichter Hans Christian Andersen ist für seine
Kunstmärchen weltbekannt, Odense bisher vor allem als dessen
Geburtsort. Doch nicht nur über historisches Kulturgut verfügt die
Stadt auf der Ostseeinsel Fünen, sondern auch über eine lebendige
Kulturszene. Dieser bietet ein neues Gebäude viel Platz: Das
Konzerthaus und Theater Odeon. Es vereint ein breites
Spektrum an Bühnenkunst unter einem Dach. Auf 32.000 Quadratmetern
beherbergt der Komplex neben vier Veranstaltungssälen ein
Restaurant, eine Kantine, Büros und Künstler- beziehungsweise
Studentenwohnungen. Das zur Danish National Academy of Music
gehörende Syddansk Musikkonservatorium hat hier ebenfalls Räume
bezogen. Während der große und der kleine Saal für Konzerte,
Theater und Konferenzen genutzt werden können, sind der
Kammermusiksaal und der Saal für Tanzaufführungen spezifisch
ausgelegt. Geplant haben den groß dimensionierten Bau C.F. Møller
Architekten, die den zuvor ausgelobten Wettbewerb für sich
entscheiden konnten.
Gallerie
In direkter nordwestlicher Nachbarschaft zum Kulturzentrum wird
derzeit eine der vormaligen Hauptverkehrsachsen der Stadt, die
Thomas B. Thriges Gade, zur Fußgängerzone und zum neuen Wohn- und
Geschäftsviertel in Bahnhofsnähe umgewandelt. In südlicher Richtung
gliedert sich dem Kulturzentrum das historische
Hans-Christian-Andersen-Quartier an, in dem sich das Geburtshaus
des Autors befindet. Östlich angrenzend befindet sich das
Andersen-Museum. Der Komplex grenzt somit an zwei unterschiedliche
Stadttopografien und soll zwischen ihnen vermitteln. Umgesetzt wird
dies, indem sich der Komplex auf verschieden große quaderförmige
Baukörper aufteilt, in denen sich jeweils die einzelnen Säle sowie
die Wohnungen und Büros befinden. Verbunden werden die von den
Architekten als „Town Houses“ bezeichneten Gebäudetrakte durch
verglaste Verbindungsgänge. Dadurch ergeben sich in und um den
Komplex herum spezifische offene und öffentliche Raumsituationen,
mit denen das Odeon in den urbanen Kontext eingebunden werden soll.
Zwei Gebäudeteile ragen aus diesem Konglomerat heraus: die große
Veranstaltungshalle sowie der ihr angegliederte Bühnenturm.
Um diese Höhe zu kompensieren sind die anderen Baukörper niedriger gehalten. Der zum östlichen Platz ausgerichtete Eingangsbereich des Komplexes ist dabei der flachste Bauteil und berücksichtigt damit die geringe Gebäudehöhe der angrenzenden Häuser vom historischen Stadtkern. Der hier liegende Zugang öffnet sich über großzügige Fensterflächen dem Stadtraum. Vertikallamellen als Sonnenschutz verleihen der Fassade zusätzlich an Identität. Im Gegensatz dazu erweckt die an eine Hauptverkehrsachse grenzende, sieben Geschosse aufragende Nordwestseite des Gebäudes einen geschlosseneren Eindruck. Hier befinden sich Büros und Studentenapartments. Eine rundumlaufende Sockelzone aus grauem Backstein verleiht dem Bauwerk eine klassische Note. Die höheren Geschosse setzten sich zusammen aus vertikalgemaserten, weißen Betonplatten, die im Wechsel mit Bronzefarbenen Fensterelementen die Fassade verkleiden.
Akustik
Treffpunkt und Verteiler zugleich ist das großzügige, mehrgeschossige Foyer, das vom östlich gelegenen Platz betreten wird. Schwarze, frei tragene Stahltreppen, deren Stufen mit hellem Stäbchenparkett belegt sind, führen von hier auf höher gelegene, geschwungene Emporen. Geländer aus Glas – ein schallhartes Material – dienen als Absturzsicherung und bewahren dennoch die offene Raumwirkung. Um in der Halle eine gute Akustik zu erreichen, sind weiße Lamellen unter der Rohdecke montiert. Diese minimieren die Nachhallzeit und reduzieren so den Lärmpegel. Zur Optimierung der Nachhallzeit tragen auch die goldfarbenen Wandverkleidungen aus Gipskartonplatten mit durchlaufender Streulochung bei. In Nebenbereichen der Erschließung sind diese Lochabsorber an den Wänden weiß belassen worden.
Herzstück des Komplexes ist der große Saal. Er bietet 1.800 Zuschauern Platz bietet und ist für eine multifunktionale Nutzung von Theateraufführungen über Konzerte bis zu Konferenzen ausgelegt. Als klassisches Proszeniumstheater konzipiert, sind Bühne und Zuschauerraum voneinander getrennt. Wichtigste Reflexionsflächen bei dieser Theaterform sind Decken- und Wandteile im Vorbühnenbereich. Sie dienen der Lenkung früher Schallrückwürfe in den mittleren und hinteren Zuhörerbereichen. Ein Mix aus Resonatoren und Absorbern sorgt dafür, dass der Raum den unterschiedlichen akustischen Anforderungen von Konzerten, Theateraufführungen und Tagungen gerecht wird. So befinden sich über dem Zuschauerbereich sechs große, an der Decke aufgehängte, geschwungene Akustiksegel, die den von der Bühne kommenden Schall in Richtung des Publikums reflektieren. Ebenso dienen Lochplattenresonatoren aus schwarz getünchtem Holz an den Wänden und unterhalb der Emporenbrüstung dazu, den Schall von Musik und Sprache zu lenken.
Die steil ansteigenden Ränge verteilen sich auf den
Parkettbereich sowie eine große Empore. Die auffällige apfelgrüne
Farbgebung der Bestuhlung prägt die Raumgestaltung und bricht mit
den warmen Farbtönen der Erschließungsbereiche. Die textilen
Betzüge fungieren als Absorber, auch dann, wenn eine Vorstellung
nicht ganz ausverkauft ist oder bei Proben noch keine Zuschauer
anwesend sind.
Bautafel
Architekten: C.F. Møller, Aarhus
Projektbeteiligte: Cowi, Oslo (Ingenieure); KPC-Byg, Herning (Bauunternehmen); Gade Mortensen Akustik, Charlottenlund (Akustik); Aix Theater Planning (Bühnentechnik); LydRommet, Oslo (Tontechnik)
Bauherr: Stadt Odense
Fertigstellung: 2017
Standort: Odeons Kvarter 1, 5000 Odense, Dänemark
Bildnachweis: Kirstine Mengel, Odense; Søren Lykke Bülow, Aarhus; Jens Wognsen; KPC, Herning; OMT Odense Music and Theatre