Kulturbahnhof in Aalen
Musik und Theater auf einstiger Industriebrache
Eines der derzeit wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte im
baden-württembergischen Aalen ist das Stadtoval, ein Industrieareal
nördlich des Hauptbahnhofs. Hier sollen in den nächsten Jahren bis
zu 250 Wohneinheiten, Gewerbeflächen, Kultureinrichtungen und
Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen. Herzstück des
neuen Stadtquartiers ist der im Oktober 2020 nach Plänen von a+r
Architekten fertiggestellte Kulturbahnhof, auch KUBAA
genannt.
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Die Geschichte des Areals
Das Gelände des Stadtovals wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts
von der Deutschen Bahn und später von einem Betrieb für Baustahl
genutzt. Die historische Bausubstanz, aus der heraus die Planenden
das neue Kulturzentrum entwickelten, bestand aus den Überresten
eines Verwaltungsgebäudes der Bahn und einer großen Halle des
früheren Ausbesserungswerks. Nach einem Großbrand im Jahr 2014
blieb eine vom Feuer gezeichnete Ruine.
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Unten alt, oben neu
Charakteristisch für die beim Brand in weiten Teilen zerstörten
Bestandsgebäude waren die helle Sandsteinfassade und die kurzen
Quergiebel. Dort, wo es möglich war, wurden die beschädigten
Fassaden durch einen Steinmetzbetrieb sorgfältig ausgebessert. Die
neuen Fassadenteile unterscheiden sind durch ihre glattere
Oberfläche von der historischen Bausubstanz. Nicht zu rettende
Abschnitte wurden durch Sichtbeton in einem dem Sandstein ähnlichen
Farbton ersetzt. Aus der Ferne betrachtet ergibt sich so eine
homogene Gesamterscheinung des Gebäudes.
Der Baukörper setzt sich aus einem Riegel entlang der Bahngleise
und zwei Quergebäuden an dessen Enden zusammen. Die Dächer der
kurzen Quergiebel wurden nach historischem Vorbild rekonstruiert.
Ganz anders gingen die Planenden mit dem Längsgiebel um: Statt
Rekonstruktion entschieden sie sich für einen mit gefaltetem
Lochblech verkleideten Quader. Die Perforierung des Metalls
verleiht der Konstruktion eine optische Leichtigkeit, die Falten
lassen an einen transluzenten Vorhang denken.
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Flexibilität nach dem Haus-im-Haus-Prinzip
Innen wurde das Bauwerk vollständig entkernt. Nach dem
Haus-im-Haus-Prinzip wurden Boxen in die Gebäudehülle eingestellt,
die zum einen die Fläche für unterschiedliche Nutzungen zonieren,
zum anderen das neue Tragwerk stützen und aussteifen. Im Altbau
befinden sich die großen Säle und die öffentlichen Nutzungen, der
aufgesattelte Neubau beherbergt eine Musikschule und
Theaterwerkstätten.
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Akustik: Verschiedene Lösungen unter einem Dach
Die verschiedenen Nutzungen erfordern jeweils angepasste akustische Maßnahmen. Die innere Struktur der eingestellten Boxen sorgt für eine räumliche wie akustische Zonierung bzw. Trennung der Bereiche voneinander. Zudem tragen Holzwolle-Leichtbauplatten zu einer Verbesserung der Raumakustik bei. Sie sind teils sichtbar, teils von Lochblech verdeckt, das an die Fassade der Aufstockung erinnert, unter den Decken montiert.
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Da die Säle höchst unterschiedlich bespielt werden, muss die
Raumakustik entsprechend flexibel reguliert werden können. Um dies
zu ermöglichen, setzte das Planungsteam auf Vorhänge, die je nach
Bedarf geöffnet oder geschlossen werden können. Die hellen
Textilien in den Sälen sorgen sowohl für Schallabsorption als auch für Dunkelheit.
-np
Bautafel
Architektur: a+r Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: ERNST² Architekten, Aalen (Bauleitung); Geotechnik Aalen (Geologie, Schadstoffe); GN Bauphysik, Stuttgart (Bauphysik); Keppler & Kaehn, Ulm (HLS); Kummich & Weißkopf, Bopfingen (ELT); Weischede, Hermann und Partner, Stuttgart (Statik); Brenner + Kiener, Aalen (Prüfstatik); DEKRA Automobil, Aalen (SiGeKo); Strobl Brandschutzplanung, Lauingen (Brandschutz); G+H Ingenieurteam, Niederstotzingen (Landschaftsarchitektur Nordplatz); Planungsbüro Alfred Fischer, Augsburg (Küchenplanung)
Bauherr*in: Stadt Aalen
Fertigstellung: 2020
Standort: Georg-Elser-Platz 1, 73431 Aalen
Bildnachweis: Brigida González, Stuttgart; a+r Architekten, Stuttgart