Sanierung der Orangerie in Bad Homburg
Akustisch wirksame Gipskartonplatten im Außenbereich
Alles, was ein mondänes Weltbad ausmacht, ist im 44 Hektar großen Kurpark in Bad Homburg zu finden: Heilquellen, Brunnen, ein Kursaal, Badehaus und eine Spielbank, darüber hinaus eine russisch-orthodoxe Kirche, ein thailändischer Tempel und der angeblich älteste Golfplatz Europas. Gestaltet wurde die Anlage Mitte des 19. Jahrhunderts vom königlich preußischen Gartenbaudirektor Peter Joseph Lenné im Stil englischer Landschaftsgärten. Im südlichen Teil des Kurparks befindet sich die Orangerie, ein eingeschossiger länglicher Bau mit leicht geneigtem Dach. In der Symmetrieachse ist ein Dreiecksgiebel positioniert, gleichmäßig angeordnete, bodentiefe Fenster gliedern die verputzten Fassaden.
Gallerie
Das kleine, klassizistisch anmutende Gebäude wurde 1844 zur geschützten Überwinterung von 40 Orangenbäumen errichtet. Der Legende nach stammen die kältempfindlichen Zitruspflanzen von Kurfürst Wilhelm von Hessen, der damit seine Spielschulden beim Casino beglich. Nach der Veräußerung der wertvollen Gewächse an einen Palmengarten wurde das Gebäude 1909 zur Wandelhalle umgebaut, in der die Kurgäste ihren Trunk aus den Heilquellen einnehmen konnten. Die Umgestaltung, die das Anfügen einer Säulenhalle beinhaltete, lag in den Händen des Architekten Louis Jakobi.
In den 1970er-Jahren sind im gesamten Park zahlreiche bauliche
Veränderungen vorgenommen worden. So wurden beispielsweise Wege
asphaltiert und der Bestand um Anbauten erweitert. Seitdem befindet
sich in der Orangerie ein Café. Im Rahmen einer historischen
Wiederherstellung des kompletten Kurparks mit Gebäuden und
Grünanlagen sanierte man auch den kleinen Bau behutsam. Diese
Aufgabe oblag Vliamos Architekten aus Bad Homburg.
Akustik
In der Gaststätte ist Platz für 200 Besucher, weitere befinden sich in der rund 100 Quadratmeter großen Säulenhalle, die der Orangerie vorgelagert ist. Die überdachte, zu drei Seiten offene Anlage dient nicht nur der Bewirtung und dem Tanztee, sondern auch als Zuschauerbereich für Konzerte, Kleinkunstdarbietungen oder Lesungen im nahe gelegenen Musikpavillon. Dieser ist übrigens eine Rekonstruktion. Er wurde an gleicher Stelle errichtet, ist aber auf einer drehbaren Stahlplatte verankert und nicht wie früher zum Elisabethenbrunnen hin ausgerichtet. So lässt sich die Bühnenöffnung je nach Veranstaltung variabel zum Brunnen, zur Parkmitte oder zum Café drehen.
Um in der Säulenhalle eine gute Klangqualität zu erzielen, waren
akustische Maßnahmen erforderlich, die zudem baulich in Einklang
mit dem historischen Gebäude stehen und optisch nicht auffallen
sollten. Diese Ansprüche konnten mit einer Trockenbaudecke aus
Lochplatten und Akustikputz umgesetzt werden. An die bestehende
Decke des Wandelgangs wurde eine Metallunterkonstruktion montiert,
an der die 1,25 x 2,00 Meter großen, mit Glasvlies ummantelten
Gipskartonplatten befestigt wurden. Die Ummantelung macht die
Platten besonders robust und wetterunempfindlich, was aufgrund der
Außenanbringung auch notwendig ist, denn anders als in Innenräumen
muss das Material gegen Feuchte beständig sein.
Die nötige Schallabsorption wird durch eine feine
Perforation der Gipsplatten erzielt. Die Lochung ist nicht zu
erkennen, denn die verfugten Elemente wurden mit Malervlies
kaschiert und weiß verputzt. Der spezielle Akustikputz als
Oberfläche ist so dünn, dass ein Großteil der Schallwellen
hindurchgeht und schließlich absorbiert wird.
Bautafel
Architekt (Sanierung): Vliamos und Partner, Bad Homburg
Projektbeteiligte: Mensinger Malerwerkstätten, Frankfurt/Main (Instandsetzung Fassade); Kraft Akustik-Bau, Bad Homburg (Trockenbau)
Bauherr: Kurdirektor Ralf Wolter, Bad Homburg
Fertigstellung: 2014
Standort: Augustaallee 10, 61348 Bad Homburg
Bildnachweis: Siniat, Oberursel