Hallenbad City in Zürich

Wiederbelebung eines Oberlichts mit transluzenter, gefalteter Glasdecke

Nach der Sanierung des Schwimmbads am Letzigrund und der Eröffnung des Thermalbades auf der ehemaligen Brauerei Hürlimann haben die Zürcher einen weiteren Ort zum Schwimmen: das neue/alte Hallenbad City. Anfang 2013 konnte das Bad, nach umfangreichen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen wieder eröffnet werden. Verantwortliche für die Erneuerung war das ortsansässige Büro Ernst Niklaus Fausch Architekten.

Gallerie

Vorbild für das zwischen 1939 und 1941 nach Plänen vom Stadtbaumeister Hermann Herter gebaute Schwimmbad war seinerzeit das Stadtbad Mitte in der Berliner Gartenstraße  – ein typisches Bauwerk der klassischen Moderne. Ende der 1970er Jahre erfuhr das Hallenbad City zahlreiche Umbauten, die es vom ursprünglichen Entwurf Herters weit entfernten. Ein gravierender Eingriff war damals die Schließung des großen Oberlichts über der Halle mit dem 50-Meter-Schwimmbecken: von oben mit einer Blecheindeckung verschlossen, von unten mit einer Akustikdecke abgehängt, war das große Glasdach völlig verschwunden und weder Licht noch Sonne fanden ihren Weg von oben ins Bad.  

Bei der Sanierung im 21. Jahrhundert orientierten sich die Architekten stark am ursprünglichen Schwimmbad-Entwurf von Herter. Als eine der wichtigsten Umbaumaßnahmen ließen sie das Glasdach wieder freilegen, gestalteten es neu und stellten so den Charakter der großzügigen, luftigen Halle wieder her. Außerdem wurde das Bad den aktuellen technischen und betrieblichen Bedürfnissen angepasst, d.h. die gesamte Technik wurde erneuert, und unter anderem für Barrierefreiheit gesorgt. Heute verfügt es über ein 50 x 15 Meter großes Schwimmerbecken mit sechs Bahnen, ein Nichtschwimmerbecken von 10,50 x 7,00 Meter, ein  Variobecken mit Hubboden (16,66 x 8,00), einen Saunabereich sowie eine 44,00 x 12,00 m große Sporthalle, die in zwei gleiche Hälften unterteilbar ist. Außen fällt vor allem die neue Einfassung der ebenfalls neuen Saunaanlage durch gewellte Faserzementplatten auf.

Der Eingang ins Bad befindet sich mittig an der langen Nordseite des Gebäudes und führt über ein sehr hell gestaltetes, inzwischen wieder freigeräumtes, Foyer mit Edelstahleinbauten zu den Umkleiden. Rechts und links des Foyers liegen die beiden Nichtschwimmerbecken, geradeaus zu, das quer liegende große Schwimmerbecken mit seinem großartigen, gefalteten Glasdach.

Glas
Die Dachkonstruktion von 1941 mit den Stahlfachwerkbindern und der heruntergehängten Stahlbetondecke über der Schwimmhalle war in ursprünglichem Zustand erhalten. Im Verlauf der Jahre hatte man das Dach jedoch umgebaut und das Oberlicht wurde mit einem Blechdach verschlossen.

Im aktuellen Zustand nach der Erneuerung ist das Dach ein gut gedämmtes Warmdach und die wiedererstellte Glasfaltdecke im Untergurt des originalen Stahlfachwerkes übernimmt den Feuchteschutz gegenüber dem Schwimmbadklima. Heute ist das 40 x 15 Meter große Oberlicht von außen nach innen wie folgt aufgebaut: Eine Dreifach-Isolierverglasung über den Fachwerkträgern bildet den Wärme- und Wetterschutz. Die Glasfaltdecke ist in den Untergurt der Fachwerkkonstruktion integriert und besteht aus dreiecksförmigen Glaselementen. Durch das Gussglas wird die direkte Sicht auf das 2,50 – 3,50 Meter hohe Tragwerk verhindert, es bleibt aber als filigranes Stabwerk erlebbar.

In enger Zusammenarbeit entwickelten Architekten, Tragwerksplaner und die Glas-Stahl-Spezialisten eine rahmenlose Eckkonstruktion für die Hochpunkte des Glasfaltwerks. Dafür wurde in die Verbundsicherheitsgläser (aus 2 x 4 mm Floatglas) ein 1,5 mm dicker Aluminiumstreifen laminiert, der je zwei nebeneinanderliegende Scheiben kraftschlüssig miteinander verbindet. Die gezackte/dreieckige Formgebung erfolgte direkt nach dem Laminieren durch eine Abkantpresse. Für einen gelungenen Übergang zwischen Glas und Eckbereich sorgen die besonders gestalteten Aluminiumstreifen, sie sind im Bereich der Laminierung gelocht (siehe Abb. 5 und 14). Die Winkel der gläsernen Faltdecke sind so gewählt, dass sie zusätzlich zu seiner dreidimensionalen Wirkung noch eine Wellenbewegung zu erfahren scheint – im Schnitt ergeben sich keine gleichschenkeligen Dreiecke, sondern asymmetrische. Um einen Feuchtigkeitseintritt in das VSG zu verhindern, sind sämtliche stirnseitigen Glaskanten versiegelt. An den Fußpunkten werden die Gläser durch geschlitzte Rundrohre aus Aluminium gehalten, sie liegen auf dem Träger und sind mit Winkeln gegen das Verrutschen gesichert (siehe Abb. 15).

War beim ursprünglichen Schwimmbad noch das Beheizen des Dachzwischenraums notwendig, um die korrosionsfördernde Kondensatbildung zu verhindern, kann bei der jetzigen Ausführung als Warmdach und aufgrund der Abdichtung des Glasfaltwerks darauf verzichtet werden. Für die jährliche Reinigung und zur Kontrolle der Leuchtmittel ist eine bewegliche Arbeitsbühne installiert.

Fazit: Herausgekommen ist ein transluzentes Glasfaltwerk, das zum dauerhaften Rückenschwimmen verleitet.

Die Architekten haben im Eigenverlag eine knapp 180-seitige Dokumentation über das Objekt herausgegeben, inklusive zahlreicher Abbildungen und Pläne. Die in drei Hefte unterteilte Publikation beleuchtet das Hallenbad City unter verschiedenen Blickwinkeln und kann auf den Seiten der Architekten (siehe Surftipps) bestellt werden.

Bautafel

Architekten: Ernst Niklaus Fausch Architekten, Zürich
Projektbeteiligte:
Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure, Zürich (Tragwerksplanung); Tuchschmid, Frauenfeld (Planung, Fertigung und Montage Glasfaltdecke); Glas Trösch Swisslamex, Bützberg (Glaslieferant); Vollenweider Baurealisation, Zürich (Bauleitung)
Bauherr:
Stadt Zürich, Amt für Hochbauten
Fertigstellung Sanierung:
2011/2012
Standort: Sihlstraße 71, 8001 Zürich
Bildnachweis: Hannes Henz, Zürich, Ernst Niklaus Fausch Architekten, Zürich und Tuchschmid, Frauenfeld

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