Bibliothek in Sydney
Geometrische Glaskörper als Zugang zum unterirdischen Lesesaal
Der Bezirk Green Square in Sydney unterliegt momentan einem
intensiven Entwicklungsplan, der vorsieht, dass bis 2030 insgesamt
60.000 neue Bewohnerinnen und Bewohnern hier Raum finden sollen.
Der Stadtrat der australischen Metropole hat diesbezüglich einen
internationalen Wettbewerb zur Gestaltung einer Bibliothek und des
umgebenden Platzes ins Leben gerufen; dabei sollten Bibliothek und
Platz als getrennte Elemente wahrgenommen werden. Das
Architekturbüro Studio Hollenstein gewann diesen Wettbewerb im Jahr
2013: Sie legten die Bibliothek unterirdisch an und verteilten die
restlichen Funktionen des Neubaus auf verschiedene geometrische
Baukörper, die strategisch über den Platz verstreut sind.
Gallerie
Maximale Transparenz durch Glas
Das voll verglaste
Eingangsgebäude mit dreieckigen Baukörper beherbergt ein Café und
deutet durch seine geometrische Gestaltung den Zugang zu den im
Untergrund liegenden Räumlichkeiten an. Im sechsgeschossigen
Bibliotheksturm sind eine Reihe von Gemeinschaftsräumen spielerisch
übereinander angeordnet. Räumlichkeiten im Untergrund werden durch
runde Oberlichter, die vom Platz aus begangen werden können, mit
Tageslicht versorgt. Daneben bildet ein kreisrunder Innenhof, der
aufgrund der Bepflanzung auch als Garten bezeichnet wird,
die Möglichkeit für Ein- und Ausblicke.
All diese Elemente verknüpfen die Bibliothek und den Platz
miteinander und bilden so ein nahtloses städtisches Terrain. Dabei
ermöglicht das warme australische Klima auch das Arbeiten im
Freien: Auf dem Platz verteilte Außenmöbel mit eingebauten
Steckdosen locken etwa Studierende in die Sonne, sodass sich das
Projekt wie ein Park an die städtische Umgebung anschmiegt. Die
Intention der Architekten war es, dem Ort eine soziale und
kulturelle Bedeutung zuzuschreiben sowie die soziale Interaktion
und das Gemeinschaftsleben zu fördern.
Flexibles Nutzungskonzept
Das Projekt antwortet dabei gleichzeitig auf viele der Probleme, die mit dem Wohnen an Orten mit hoher Dichte verbunden sind, einschließlich des Mangels an Platz und Annehmlichkeiten, der Abkopplung von der Kultur des Ortes und der sozialen Isolation. Daher wurde sorgfältig darauf geachtet, dass die geschaffenen Räumlichkeiten offen für künftige Nutzungsänderungen sind. So sind etwa alle Bücherregale entlang der Außenwände des Bibliothekshauptgebäudes angeordnet, sodass die Grundrisse flexibel genutzt werden können.
Glas: Structural-Glazing-System
Die Fassaden des Eingangsgebäudes und des Bibliotheksturms sind auf eine größtmögliche Transparenz ausgelegt. Hierzu ist das zu 30° gegenüber der Horizontalen geneigte Dach des Eingangsgebäudes auf den Pfosten der Pfosten-Riegel-Fassade aufgelegt. Die Ausführung erfolgte bei beiden Fassaden als Structural-Glazing-System, bei dem die ausfachenden 2-fach Isolierverglasungen gegenüber Windsogbeanspruchung über in den Randverbund eingreifende Eindrehhalter gelagert sind und so auf außenseitige Anpressleisten verzichtet wird. Dabei muss die Randverbundverklebung der 2-fach Isolierverglasungen statisch wirksam ausgebildet werden.
Die begehbaren Verglasungen der Oberlichter aus kreisrunden Verbundsicherheitsgläsern bestehen aus einem 4-fach Aufbau. Dabei ist die obere Glasschicht aus Einscheibensicherheitsglas als Verschleißschicht ausgebildet, die statisch für den Lastabtrag nicht erforderlich ist und lediglich die darunter liegenden Glasschichten vor Glasbruch bei z. B. hartem Stoß (Herabfallen harter Gegenstände) schützt.
Der Innenhof bzw. Garten ist mit raumhohen, zylindrisch
gebogenen Verbundsicherheitsverglasungen verglast. Diese sind
linienförmig entlang Boden und Decke gelagert. Die Formgebung der
Verglasungen erfolgte durch einen thermischen Biegeprozess. Im
Bereich des Platzes wird diese Verglasung in Form von
Brüstungsverglasungen fortgesetzt.
Bautafel
Architektur: Studio Hollenstein, Sydney; Stewart Architecture, Fyshwick
Projektbeteiligte: JML-Craft, Sydney (Fassadenkonstruktion); Arup, Sydney (Tragwerksplanung, Lichtdesign, Nachhaltigkeit); Hassell, Sydney (Landschaftsplanung); Collider, Sydney (Beschilderung); John Holland Group, Sydney (Generalunternehmer)
Bauherrschaft: City of Sydney Council
Fertigstellung: 2018
Standort: 355 Botany Rd, Sydney NSW 2017, Australien
Bildnachweis: Julien Lanoo; Tom Roe, Melbourne; Studio Hollenstein, Sydney
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