Amt für Umwelt und Energie in Basel
Architektur mit Vorbildfunktion
Gibt es Basel eigentlich ein- oder zweimal in der Schweiz? Wie man´s nimmt: Der Kanton Basel wurde 1831/32 im Streit getrennt in Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Folglich existieren zwei getrennte Verwaltungen. Manches, etwa Umweltberichte oder sogar ein Lufthygieneamt gibt es zwar gemeinsam für beide Basel, aber jeder Teilkanton hat – mit dem schönen Akronym AUE – sein eigenes Amt für Umwelt und Energie. Für Basel-Stadt hat das ortsansässige Büro Jessenvollenweider Architektur einen achtgeschossigen Neubau im Stadtzentrum errichtet.
Gallerie
Der 25 Meter hohe Verwaltungsturm beim Fischmarkt, ein Ersatzneubau rund 250 Meter nördlich vom Rathaus, bildet einen neuen Akzent in der dicht bebauten Innenstadt am Rhein, ohne die Umgebung zu dominieren. Abgesehen von einer trapezförmig an den Bestand vorgezogenen Südostecke, ist der Bau auf einem kompakten, annähernd quadratischen, ab dem ersten Obergeschoss L-förmigen Grundriss organisiert. In den oberen Geschossen ist das Volumen zu zwei gegeneinander verschobenen Rechtecken zurückgestaffelt, wodurch auf der Nordwestecke im siebten Obergeschoss eine nutzbare Terrasse ausgebildet werden konnte. Das Flachdach des Gebäudes ist extensiv begrünt. Büros und Besprechungsräume sind über die Geschosse verteilt um den zentral angeordneten Erschließungskern herum angeordnet. Das Gebäude wird von Süden erschlossen.
Geplant nach Grundsätzen des Nachhaltigen Bauens
Selbstredend wurden, mit angestrebter Vorbildwirkung, Grundsätze des nachhaltigen Bauens mit dem für rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konzipierten Gebäude mit rund 2.500 Quadratmetern Geschossfläche verfolgt. Abgesehen von den in Stahlbeton ausgeführten Untergeschossen handelt es sich beim Tragwerk vom Erdgeschoss bis zum siebten Obergeschoss um einen Holzskelettbau mit Holz-Beton-Verbunddecken, Stahlauskreuzungen als Windverbänden und Holzständerwänden mit Lehmputz in den Büros. Die insgesamt verbauten 165 Kubikmeter Fichten- und Buchenholz stammen aus einem Wald rund 20 Kilometer von Basel entfernt.
Bei dem Holzskelett wurden zuerst die Stützen gestellt, danach wurden die Haupt- und Nebenträger eingebaut und schließlich die Decken eingesetzt. Letztere setzten sich aus einem Wechsel von Holzlamellen und vorfabrizierten Sichtbetonelementen mit integrierter Bewehrung zusammen. Diese lineare Anordnung von Betonelementen und Holzlamellen prägt auch die Deckenuntersichten. Im Überbeton der Decken kam Recycling-Beton zum Einsatz. Regenwasseraufbereitung sowie optimierte Raumlüftung mit Wärmerückgewinnung und optimaler Tageslichtnutzung sind nur einige haustechnische Komponenten des Nachhaltigkeitskonzepts, das insgesamt – mit Konstruktion und Fassade – die Schweizer Minergie-A-ECO-Anforderungen erfüllt. Die Trennung von Tragwerk und Haustechnik zur Nachhaltigkeit trägt den erwartungsgemäß unterschiedlich langen Lebenszyklen Rechnung.
Fassade: Closed-Cavity-Fenster und Photovoltaikfassade
Das Erscheinungsbild ist von zwei charakteristischen Elementen geprägt: Großformatige, liegende Closed-Cavity-Fensterelemente mit golden eloxierten Rahmen, schmalen, seitlichen Lüftungsflügeln hinter Streckmetall und innenliegenden, automatisch gesteuerten Rollstores sind im regelmäßigen Raster über die Fassaden angeordnet. Sämtliche geschlossenen Flächen dazwischen sind mit leichten PV-Modulen aus monokristallinen PERC-Zellen verkleidet und bilden so eine allseitig umlaufende, gestalterisch integrierte Photovoltaikfassade. Das eigens für diese Module entwickelte, gehärtete Schmelzglas weist eine unregelmäßig plastische und somit lebendig im Licht changierende Oberfläche auf. Zudem wurden etwa münzgroße, metallisch glänzende Punkte in die Glasscheiben integriert, die den dunklen Farbton der Photovoltaikzellen mit heller glänzenden Tönen überlagern.
Die Fassade, bestehend aus einer modular
vorfabrizierten Holzständerkonstruktion mit bereits vorab
eingesetzten Closed-Cavity-Fenstern ist wie folgt
aufgebaut: Die 200 Millimeter starke Ebene der Holzständer mit
Dämmung ist nach außen durch eine 15 Millimeter starke
Zementfaserplatte mit Windpapier abgeschlossen. Darauf ist die 70
Millimeter starke Aluminium-Unterkonstruktion montiert, die die
Photovoltaik-Paneele trägt. Innenseitig sind die Holzständer mit 15
Millimeter Gipsfaserplatten beplankt. Den inneren Wandabschluss
bilden furnierte Holzwerkstoffplatten, die im Brüstungsbereich mit
20 Millimeter breiten, vertikalen Schlitzen perforiert sind. Die
Photovoltaikfassade ist auf eine Produktion von durchschnittlich 45
Megawattstunden Ökostrom pro Jahr ausgerichtet, mit denen das
Gebäude seinen eigenen Strombedarf decken kann.
Bautafel
Architekten: Jessenvollenweider Architektur, Basel
Projektbeteiligte: Anna Jessen, Ingemar Vollenweider, Sven Kowalewsky (Architektur: Generalplaner), Lukas Back, Anna M. Leischner, Christina Leibundgut, Clemens Hauptmann, Philip Heckhausen (Architektur: Projektteam Wettbewerb), Mira Lüssow, Sven Kowalewsky (Architektur: Ausführungsplanung, Projektleitung u. Projektpartner); b+p Baurealisation, Zürich (Baumanagement); SJB.Kempter.Fitze, Frauenfeld (Tragwerk/ Brandschutz); Waldhauser + Hermann, Münchenstein (HLK, Energie/ Nachhaltigkeit/ Gebäudeautomation/ Fachkoordination); Gemperle Kussmann, Basel / Eicher+Pauli, Liestal (Sanitärplanung); Pro Engineering, Basel (Elektroplanung); Zimmermann und Leuthe, Aetigkofen (Bauphysik); Büro für Bau- und Raumakustik, Lärmschutz, Martin Lienhard Langenbruck (Akustikplanung); gkp Fassadentechnik, Aadorf (Fassade); Hellraum, St.Gallen (Lichtplanung)
Bauherr: Hochbauamt des Kantons Basel-Stadt
Fertigstellung: 2021
Standort: Spiegelgasse 15, CH-4051 Basel, Schweiz
Bildnachweis: Philip Heckhausen, Zürich / Jessenvollenweider, Basel
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