Gästehaus in Ruswil
Sanierung und Ergänzung eines historischen Gebäudes
In Ruswil, westlich von Luzern, betreibt ein Schweizer
Baustoffhersteller ein Fortbildungszentrum, in dem das Personal
geschult und Kundschaft aus ganz Europa in die Verwendung der
firmeneigenen Produkte eingewiesen wird. Um die Kursteilnehmer
unterbringen zu können, wurde ein einstiges Armen- und Waisenhaus
aus dem 19. Jahrhundert, das in direkter Nachbarschaft des
Betriebsgeländes von Siga liegt, nach Plänen des Büros Scheytlin
Syfrig Architekten adaptiert. Oberhalb von Foyer und Speisesaal wie
auch der historischen Kapelle beherbergt das Haus heute 75
Gästezimmer auf vier Geschossen. Bis hin zu den Personalräumen, die
geradewegs unter dem Dach untergebracht sind, wird das Interieur
durch die Kombination von klassischen Gestaltungselementen und
modernem Mobiliar bestimmt.
Gallerie
Partielle Rekonstruktion
Das Äußere des weiß verputzten Baus scheint auf den ersten Blick
unverändert. Dann erst fallen die neu aufgesetzten Dachgauben wie
auch die Erweiterung des Gebäudes um vier Fensterachsen im Westen
ins Auge. Zudem wurde dem Bestand auf der rückwärtigen Nordseite
ein neues Treppenhaus angefügt, in dem sich heute eine hölzerne
Treppe rings einer eigens durch die Architekten gestalteten Leuchte
emporwendelt. Allerdings war neben zusätzlichem Raum auch eine
bauphysikalische Ertüchtigung vonnöten; dabei wurde, in der
Annahme, dass das Erscheinungsbild zu stark verändert werden
könnte, eine Außendämmung abgelehnt. Stattdessen erfolgte
ein nicht minder radikaler Eingriff: Die Obergeschosse wurden
rückgebaut und das Gebäude ab dem Sockelgeschoss rekonstruiert. Die
strenge Geometrie, die tiefen Laibungen mit ihren steinernen
Gewänden, die Dachform und die Materialität erinnern an den 1840
errichteten Originalbau.
Monolithische Außenwand und zusätzliche Dämmung
Beim Errichten der neuen Obergeschosse fiel die Wahl ein mit dem vulkanischem Gesteinsglas Perlit verfüllter Hintermauerziegel, der die Ausbildung einer rein mineralischen Gebäudehülle ermöglichte. Da der Ziegel nämlich eine geringe Wärmeleitfähigekeit von nur 0,08 W/mK besitzt, konnte auf eine zusätzliche Dämmschicht, etwa aus Polystyrolschaum, verzichtet werden. Aber nicht allein dadurch, dass sich das Gebäude somit schadstofffrei dämmen ließ, kommt der Ziegel der Wohngesundheit zugute: Auch vermag er Feuchtigkeit aus der Raumluft aufzunehmen und zeitversetzt wieder abzugeben, sodass ein angenehmes Raumklima gewährleistet und Schimmelbildung vermieden wird.
Beitrag zur Rekonstruktionsdebatte
Das Luzerner Architekturbüro leistet mit dem Umbau einen
interessanten Beitrag zur gegenwärtigen Rekonstruktionsdebatte –
geht es hier doch nicht um die Wiedererrichtung eines zerstörten
Gebäudes, sondern einen weitgehenden Abbruch und Austausch, durch
den der Fortbestand des Erdgeschosses samt Kapelle sichergestellt
und das äußere Erscheinungsbild in ähnlicher Form bewahrt werden
konnte. -ar
Bautafel
Architektur: Scheitlin Syfrig Architekten, Luzern
Projektbeteiligte: PlanQuadrat, Ruswil (Bauingenieure); Brunner Elektroplan, Luzern (Elektroplanung); RSP Bauphysik, Luzern (Bauphysik); Pirmin Jung – Ingenieure für Holzbau, Rain (Holzbauingenieur); Schnittstelle Wicki, Luzern (Gebäudetechnik); Arregger Partner, Luzern (Sanitärplanung); A&O Projekt (Küchenplanung)
Bauherrschaft: Siga Services, Ruswil
Standort: Rütmattstrasse 9, 6017 Ruswil/Schweiz
Fertigstellung: 2014
Bildnachweis: Ben Huggler, Luzern
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