Mit dem Ziel, ressourcenschonend zu bauen, gewinnt die Nutzung
der vorhandenen Bausubstanz an Bedeutung. Durch eine Sanierung
bleibt die Graue Energie gewahrt, eine weitere Flächenversiegelung
wird vermieden und ein Altbau lässt sich zu neuem Leben erwecken.
Die Volksschwimmhalle Lankow in Schwerin, ein prägendes Bauwerk aus
DDR-Zeiten, wurde unter Leitung des Architekten Ulrich Bunnemann in
modernen Wohnraum umgewandelt. Das denkmalgeschützte Gebäude aus
dem Jahr 1976 hat ein markantes Dach aus hyperbolisch-paraboloiden
Betonschalen. Wesentlich für den Erfolg des Sanierungsprojektes,
das 2019 den Sonderpreis des KfW Award Bauen erhielt, waren
der Erhalt der Bausubstanz und die Schaffung von 16 erschwinglichen
Wohnungen.
Gallerie
Innenansicht des heutigen Schwimmbeckens mit den sichtbaren HP Schalen und der bodentiefen Fensterfassade
Die Rettung des Schwimmbads war ursprünglich nicht geplant.
Bereits 2015 standen die Abrissbagger bereit, um das leerstehende
und verfallene Gebäude zu beseitigen. Doch viele Bürger Schwerins,
die in der Halle schwimmen gelernt hatten, setzten sich für deren
Erhalt ein. In Zusammenarbeit mit Architekt Bunnemann und seinem
Büro „Schelfbauhütte“ wurde ein Konzept entwickelt, das die
Geschichte des Gebäudes würdigt und neuen Wohnraum in der Stadt
schafft.
Umbau im Inneren
Das Projekt überzeugt durch die Verbindung von historischem
Charme und modernem Komfort. Während die Fassade weitgehend
unverändert blieb, wurden im Inneren erhebliche Umbauten
vorgenommen. Die meisten Zwischenwände wurden entfernt, um den
offenen Charakter der Schwimmhalle zu bewahren. Eine neu
eingezogene Betondecke über dem ehemaligen Schwimmbecken teilt den
Raum und schafft Platz für mehrere Wohneinheiten. An der Ostseite
des Gebäudes bieten die Wohnungen großzügige Terrassen mit Ausblick
auf den nahegelegenen Lankower See. Ein Highlight nach dem Umbau
ist das kleinere Schwimmbecken, das weiterhin genutzt wird. Hier
können die Bewohner und Besucher der Anlage schwimmen, während das
größere Becken heute als Keller dient. Durch den partikulären
Erhalt der früheren Nutzung erhält das Gebäude eine
unverwechselbare Identität, die das Wohnen an diesem Ort deutlich
attraktiver macht.
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Innenansicht des heutigen Schwimmbeckens mit den sichtbaren HP Schalen und der bodentiefen Fensterfassade
Die Wohnungen sind modern und funktional gestaltet. Auf der
höheren Gebäudeseite entstanden zwei volle Etagen mit
barrierefreien und seniorengerechten Wohnungen, die über
Innentreppen und eine offene Liftplattform zugänglich sind. Die
gegenüberliegenden Einheiten sind als Maisonettes konzipiert – mit
dem Wohnbereich und der Küche im Erdgeschoss und Schlafzimmern im
Obergeschoss. Die Mieten liegen bei vergleichsweise günstigen 8,50
Euro pro Quadratmeter, was die Wohnungen besonders attraktiv
macht.
Aspekte der Nachhaltigkeit spielten für Bunnemann eine wichtige
Rolle: Die Dämmung erfolgte mit dem umweltfreundlichen Material
Stroh, Solarpaneele auf dem Dach sorgen für eine energieeffiziente
Nutzung. Der historische Charakter des Gebäudes bleibt trotz dieser
Eingriffe gewahrt und viele ehemalige Badegäste besuchen das Haus,
um in Erinnerungen zu schwelgen. Das Projekt zeigt, wie durch
behutsame Sanierung und kreative Ideen aus einem verlassenen
Bauwerk neuer Lebensraum entstehen kann: Der Umbau der
Volksschwimmhalle Lankow steht exemplarisch für die Verbindung von
Denkmalschutz und zeitgemäßem Wohnen.
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Innenansicht des heutigen Schwimmbeckens mit den sichtbaren HP Schalen und der bodentiefen Fensterfassade
Die Beurteilung der Zulässigkeit von Bauvorhaben regelt zunächst
die Musterbauordnung (MBO) und die jeweilige, daraus
abgeleitete Landesbauordnung (LBO). Dies gilt für Neubauten ebenso
wie – im Falle der ehemaligen Schwimmhalle – für Umbauten
mit einhergehenden Nutzungsänderungen. Im Zuge eines Bauantrags
wird auch die geplante Nutzung festgelegt, beispielsweise Wohnen,
Gewerbe oder Verkaufsstätte. Jede nachträgliche Änderung der
Nutzung einer genehmigten Planung bedarf gemäß §59 der MBO bzw. §59
der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) einer
Baugenehmigung.
Nutzungsänderung – Gebäudeklassen
Durch die Änderung der bestehenden Nutzung (Schwimmbad zu
Wohnen) war daher für die Volksschwimmhalle Lankow ein Antrag auf
Baugenehmigung erforderlich. Die brandschutztechnischen
Anforderungen an ein Gebäude ergeben sich zunächst durch die
Einstufung in eine Gebäudeklasse (GK) gemäß MBO bzw. der
jeweiligen LBO. Im Falle des umgebauten Schwimmbads erfolgte die
Einstufung in Gebäudeklasse 3 gemäß LBauO M-V, da die Planung mehr
als zwei Nutzungseinheiten vorsah und das Gebäude die Maximalhöhe
von sieben Metern nicht überschreitet. Hierbei gilt jedoch nicht
die Höhe bis Oberkante First bzw. Dachoberfläche, sondern „Höhe […]
ist das Maß der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses,
in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, über der Geländeoberfläche
im Mittel.“
Gallerie
Innenansicht des heutigen Schwimmbeckens mit den sichtbaren HP Schalen und der bodentiefen Fensterfassade
Bei Baumaßnahmen im Bestand lassen sich die
Brandschutzanforderungen aus der LBO, den Regelwerken oder Auflagen
der Feuerwehr selten hundertprozentig umsetzen. Die
Rahmenbedingungen lassen oftmals nur den Weg über
Kompensationsmaßnahmen, Ausnahmen oder Befreiungen von den
Festsetzungen der LBO bzw. der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zu.
Kompensationsmaßnahmen werden üblicherweise im Rahmen des
Brandschutzkonzepts bzw. -nachweises erarbeitet. Auch der Umbau der
Volksschwimmhalle von einem öffentlichen Gebäude zu privaten
Wohnzwecken mit einer Gewerbeeinheit kam nicht ohne Abweichungen
bzw. Befreiungen aus. Da die Anforderungen der LBO hinsichtlich der
Nutzung „Wohnen” – zumindest im Vergleich zu einer öffentlichen
Nutzung oder gar einem Sonderbau – relativ gering sind, hielt sich
auch der Umfang der Abweichungen im Rahmen. Bauteile des ehemaligen
Schwimmbads erfüllten schon im Bestand die Anforderungen an das
Brandverhalten gemäß §26 bis §32 der LBauO M-V.
Für die Genehmigung des Umbaus waren nur einzelne Abweichungen
erforderlich: Der Rettungsweg aus dem neuen Schwimmbad hat
lediglich eine Breite von 1,00 m, anstelle einer Mindestbreite von
1,20 m. Kompensiert wird dies durch einen weiteren Ausgang von 1,00
m Breite. Mit 1,31 m überschreitet die Brüstungshöhe der Fenster im
Obergeschoss das zulässige Maß von 1,20 m gemäß §37 Abs. 5 der
LBauO M-V. Eine Änderung der Brüstungshöhe kam aus
denkmalpflegerischer Sicht nicht in Frage. Da die befestigten
Außenterrassen das Anleitern der Feuerwehr mit Steck- oder
Schiebeleitern begünstigen und die Anleiterhöhe bei maximal 4,00 m
liegt, wurde diese Abweichung als vertretbar erachtet. Nach §30
Abs. 2 der Landesbauordnung sind Gebäude von mehr als 40 m Länge
durch innere Brandwände zu unterteilen. Die denkmalpflegerisch
schützenswerten HP-Dachschalen ließen die Errichtung einer Brandwand im
Sinne der Bauordnung jedoch nicht zu. Als Kompensationsmaßnahme wurde eine weitere innere
Trennwand mit dem Feuerwiderstand F30 errichtet.
Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brands und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird.
Bild: Brucker/Feuerwehr Aalen
Baustoffe/Bauteile
Anforderungen an Bauteile
Die Bauordnungen unterscheiden zwischen feuerbeständigen (fb), hochfeuerhemmenden (hfh) und feuerhemmenden (fh) Bauteilen.
Schutzziel der Bestimmungen ist es, die barrierefreie Zugänglichkeit baulicher Anlagen für Menschen mit Behinderungen ohne fremde Hilfe zu gewährleisten.
Bild: Urte Schmidt
Grundlagen
Baulicher Brandschutz und Barrierefreiheit
Es ist so zu planen, dass Menschen mit und ohne Behinderung der Flucht- und Rettungswegbeschilderung folgen, das Gebäude verlassen und sich in einem gesicherten Bereich einfinden können.
Zur Einhaltung der Anforderungen an die Standsicherheit, den Brand-, Schall-, Wärme- und Erschütterungsschutz sind nach § 66 der Musterbauordnung (MBO) geprüfte bautechnische Nachweise erforderlich.
Bild: Baunetz (us), Berlin
Grundlagen
Brandschutznachweis
Über den Unterschied zwischen Brandschutznachweis und Brandschutzkonzept sowie Personen, die berechtigt sind, diese zu erstellen.
Rettungswege im strengen Sinn sind Zugänge und Wege für Einsatzkräfte wie der Feuerwehr, über die die Bergung (= Fremdrettung) von z.B. verletzten Personen und Tieren sowie die Brandbekämpfung (Löscharbeiten) möglich sind (siehe § 14 MBO).
Bild: Michaela Boguhn, Berlin
Flucht-/Rettungswege
Definition Flucht- und Rettungswege
Allgemein werden in den Bauordnungen die beiden Begriffe unter dem Rettungsweg zusammengefasst. In Sonderbauverordnungen gibt es dagegen Unterschiede.
Grafik: Übersicht Gebäudeklassen
Bild: Cornelia Halbach, brandschutz plus GmbH
Grundlagen
Gebäudeklassen
Die Anforderungen an den baulichen Brandschutz in Gebäuden werden in der Musterbauordnung und allen Landesbauordnungen nach den Gebäudeklassen bemessen.
Alle baulichen Anlagen müssen die Anforderungen des Baurechts – insbesondere des Brandschutzes – einhalten.
Bild: Baunetz (us), Berlin
Grundlagen
Genehmigungsverfahren
Im Grundsatz müssen die Errichtung, die Änderung und die Nutzungsänderung von baulichen Anlagen durch eine vorherige Baugenehmigung legalisiert werden.
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Bild: Philip Heckhausen, Zürich
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Innenansicht des heutigen Schwimmbeckens mit den sichtbaren HP Schalen und der bodentiefen Fensterfassade
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Bild: diephotodesigner.de | ken schluchtmann, Berlin
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