Umnutzung des Düsseldorfer Commerzbank-Hochhauses zum Hotel
Wahrzeichen der 1950er-Jahre zeitgemäß saniert
Bauwerke der Nachkriegsmoderne werden als Zeitzeugen der Baugeschichte mittlerweile vielfach unter Denkmalschutz gestellt. Dabei stellt sich immer wieder auch die Frage nach einer wirtschaftlichen Nutzung – insbesondere, wenn es sich wie bei der ehemaligen Commerzbank in Düsseldorf um ein Hochhaus handelt. Vom Architekten Paul Schneider von Esleben geplant und 1952 errichtet, wurde die Commerzbank 1998 unter Denkmalschutz gestellt. Nach dem Umzug des Finanzinstituts nach Frankfurt am Main in den damaligen Neubau von Sir Norman Foster stand das Gebäude viele Jahre leer.
Gallerie
Zentrale Lage, flexibler Grundriss
Das zentral in Düsseldorf gelegene ehemalige Bürohochhaus wurde nach Plänen von HPP Architekten saniert und für die Nutzung als Hotel zukunftsfähig gemacht. Im Auftrag des Projektentwicklers Hines entstanden für die Hotelgruppe Ruby auf den 13 Geschossen 206 Zimmer, ein Foyer- und Barbereich im Erdgeschoss sowie eine großzügige Dachterrasse. Die attraktive Lage in unmittelbarer Nähe der Breiten Straße – des Banken- und Einkaufszentrums von Düsselsdorf – die flexible Grundrissstruktur der einstigen Büronutzung, und auch die bereits vorhandene Tiefgarage machten das Gebäude für eine Umnutzung als Hotel höchst interessant.
Elementierte Hochhausfassade
Die für die Fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts innovative Vorhangfassade war ein entscheidendes Argument, das Gebäude Ende der Neunziger unter Denkmalschutz zu stellen. Sie gilt als die erste elementierte Hochhausfassade in Deutschland. Die vorgefertigten eloxierten Aluminiumpaneele mit charakteristisch gerundeten Fensteröffnungen sind ohne zusätzliche Rahmenkonstruktion am Gebäude angebracht.
Die Sanierung der Fassade erfolgte im Zuge der Umnutzung in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzschutzbehörde. Die bauzeitlichen Aluminiumtafeln wurden demontiert, aufgearbeitet, hochwärmegedämmt, mit einer Dreischeiben-Isolierverglasung versehen und in neue Fassadenelemente eingebaut. Unter Einhaltung hoher Standards hinsichtlich Energieeffizienz und Komfort konnte die Fassade in ihrer historischen Erscheinung erhalten bleiben. Eine Bestätigung für die Nachhaltigkeit der Sanierung ist die Zertifizierung der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) in Gold.
Sichtbeton-Tragwerk als Blickfang
Wesentlich für die Wirkung des Gebäudes ist neben der feingliedrigen Fassade das kraftvolle Sichtbeton-Tragwerk über dem Erdgeschoss, auf dem die Obergeschosse fast zu schweben scheinen. Die eindrucksvolle Konstruktion ist von der Straße durch die neu verglaste Hotellobby sichtbar. Wo früher der erste autogerechte Drive-in-Bankschalter Deutschlands Modernität versprühte, empfängt heute ein offenes Foyer mit Bar und Loungemöbeln die Hotelgäste.
Die flexible Grundstruktur der Büroetagen ohne tragende Innenwände bot ideale Voraussetzungen für die kleinteilige Untergliederung eines Hotels. Eingriffe in die Bausubstanz beschränkten sich weitgehend auf die neue Haustechnik, Fallrohre zur Be- und Entwässerung der Badezimmer, ein zusätzliches Treppenhaus als zweiten Flucht- und Rettungsweg in der Südwestecke des Hochhauses sowie zwei zusätzliche Aufzüge. Sie ergänzen einen bestehenden markanten, aus dem Grundriss herausgerückten Erschließungsturm. Die Zimmer wurden mit rohen Oberflächen an den Nutzer übergeben: Der Innenausbau erfolgte in fünf verschiedenen Kategorien durch das hoteleigene Designteam.
Brandschutzaspekte: Rechtliche Rahmenbedingungen
Wird ein Gebäude oder werden einzelne Einheiten innerhalb eines Gebäudes für andere Zwecke umfunktioniert als ursprünglich durch den Bauantrag genehmigt, ist diese Nutzungsänderung grundsätzlich genehmigungspflichtig. Dies gilt im Kleinen (wenn beispielsweise aus einem Ladengeschäft ein Yoga-Studio wird, aus einem Speicher zusätzlicher Wohnraum oder aus Wohnungen Büros) wie im Großen – also bei der Umwandlung eines Bürohauses in ein Hotel. Ausgangsbasis für eine Nutzungsänderung ist grundsätzlich die letzte genehmigte Nutzung.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen stellen hauptsächlich die jeweilige Landesbauordnung (LBO) sowie ggf. ein vorhandener Bebauungsplan (B-Plan) dar. Liegt ein rechtskräftiger B-Plan vor, greift die Baunutzungsverordnung (BauNVO), welche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-Plans gültig war. Andernfalls wird eine Nutzungsänderung nach der aktuell gültigen BauNVO und der aktuellen LBO beurteilt – was unter Umständen gerade im Bereich des Brandschutzes zu erheblichen Herausforderungen führen kann. Brandschutzanforderungen, welche zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes gültig waren, haben sich zwischenzeitlich meist deutlich verschärft. Da mit einer Nutzungsänderung aber kein Bestandsschutz mehr herangezogen werden kann, müssen Nutzung und bauliche Anforderungen nach den aktuell gültigen Rechtsvorschriften beurteilt werden. Oft betrifft diese Problematik die Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen oder die Ausgestaltung von Flucht- und Rettungswegen. Lässt sich baulich kein Zustand herstellen, der den aktuellen Vorschriften entspricht, kommen meist Kompensationsmaßnahmen (z.B. in Form funkvernetzter Rauchmelder) zum Einsatz. Dies erfolgt über ein Brandschutzkonzept, welches von einem Fachingenieur für vorbeugenden Brandschutz erstellt werden muss, ggf. durch eine/n Sachverständige/n geprüft wird und Teil der im Rahmen des Genehmigungsantrags einzureichenden Unterlagen ist.
Flucht- und Rettungswege
Grundsätzlich müssen für die Obergeschosse eines Gebäudes zwei unabhängig voneinander nutzbare Rettungswege zur Verfügung stehen. Den ersten Rettungsweg bildet dabei üblicherweise die notwendige Treppe bzw. das Treppenhaus, den zweiten Rettungsweg entweder ein zweites Treppenhaus oder die Möglichkeit der Bergung über Fenster, Balkone, Loggien oder Dachterrassen durch Einsatzkräfte der Feuerwehr. Dabei ist die Höhe dieser Rettungsmöglichkeit durch die Reichweite sowohl von Leitern wie auch Hubrettungswagen (sofern diese zur Verfügung stehen) der Feuerwehren limitiert: Der Fußboden eines Aufenthaltsraumes darf maximal 22 Meter über der festgelegten Geländeoberfläche liegen. Darüber hinaus ist ein zweites, unabhängiges Treppenhaus zwingend erforderlich.
Eine Besonderheit bilden hier sogenannte Sicherheitstreppenhäuser. Diese können durch ihre Ausbildung und die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile einen zweiten Rettungsweg kompensieren. Durch die zu erfüllenden Vorgaben (Feuerwiderstand, Rauchdichtigkeit und dgl.) muss gewährleistet werden, dass dieses Treppenhaus auch im Brandfall eine zuverlässige Entfluchtung gewährleisten kann. Üblicherweise kommen hierbei Schleusen mit rauchdichten Türen und Überdruckanlagen zum Einsatz.
Bei Hochhäusern als Sonderbauten greift zudem die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR), welche detailliert die Brandschutzanforderungen für Bauteile, Flucht- und Rettungswege sowie die Gebäudetechnik regelt. Im Falle des Commerzbank-Hochhauses wurde durch die Nutzungsänderung (und die damit einhergehende Beurteilung nach aktuellem Baurecht) ein zweites, unabhängiges Treppenhaus erforderlich. Als Ergänzung zu dem bereits vorhandenen Treppenhaus im separaten Erschließungsturm mit dessen Aufzügen wurde ein zweites Treppenhaus innerhalb des Hochhauses an dessen Südwestecke plaziert.
Bautafel
Architekten: HPP Architekten, Düsseldorf
Beteiligte: Volker Weuthen (Senior Partner), Christoph Ebert, Lothar Franzen (Projektleiter), Christian Bergmann, Stephan Heimann, Eva Kesting, Bärbel Walgeream, Atena Azadegan, Onur Karaca, Wolfgang Ludwig, Joachim Sulwessak, Carolina Schöber, Oliver Tewes (Mitarbeitende); Bollinger & Grohmann, Frankfurt (Tragwerksplanung); HTW Düsseldorf (Gebäudetechnik); Corall Ingenieure, Meerbusch (Brandschutz); +grün, Düsseldorf (Freianlagen); Graner & Partner, Bergisch Gladbach (Bauphysik)
Bauherr: Kondus Erste Immobilienbesitz, Berlin
Fertigstellung: 2021
Standort: Kasernenstraße 39, 40213 Düsseldorf
Bildnachweis: HPP Architekten / Fotos: Ralph Richter, Düsseldorf
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