Buitenplaats Koningsweg in Arnheim
Transformation eines ehemaligen Militärstützpunkts
Heutige Bauaufgaben stehen klar im Zeichen des Klimaschutzes. Das Bauen im Bestand, der Einsatz nachhaltiger und recycelbarer Materialien sowie die Nutzung erneuerbarer Energien sind Kernelemente dieser Entwicklung. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist das Projekt Buitenplaats Koningsweg (deutsch: Nachbarschaft am Königsweg) im niederländischen Arnheim.
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Seit 2010 wird das Gelände eines ehemaligen deutschen Militärstützpunkts aus dem Zweiten Weltkrieg in ein Wohn- und Kulturquartier umgewandelt. Das Planungsbüro MVRDV entwickelte den Masterplan für das rund 15 Hektar große Areal. Zudem entwarf es drei Reihenhausblöcke, die in Holzbauweise und unter Berücksichtigung der Maßstäblichkeit der historischen Bauten rekonstruiert wurden.
Geschichtlicher Kontext
Eingebettet in den dichten Veluwe-Wald nördlich des Arnheimer Stadtzentrums, ließen die deutschen Besatzer die Bunker, Hangars und Kasernen des ehemaligen Fliegerhorsts Deelen am Koningsweg als einfache Bauernhäuser getarnt errichten. Nach Kriegsende ging das Areal in den Besitz der niederländischen Streitkräfte über und wurde in den folgenden Jahrzehnten mehrfach umgebaut. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhielten die verbliebenen Gebäude den Status nationaler Denkmäler und wurden in das niederländische Denkmalregister aufgenommen.
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Umgang mit historischer Bausubstanz und Rekonstruktion
In Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekturbüro Buro Harro und dem Projektentwickler KondorWessels Projecten erarbeitete MVRDV einen Masterplan, der den historischen Charakter des Areals bewahrt, ohne ihn durch neue Strukturen zu überlagern. Nicht mehr vorhandene Gebäude wurden an ihrem ursprünglichen Standort in Kontur und Volumen rekonstruiert, wobei ihre hellgrauen Oberflächen sie als Neubauten erkennbar machen. Bei den erhaltenen Bestandsgebäuden wurden bauliche Ergänzungen wie Türen und Fenster in dunklen Grautönen ausgeführt, um die baulichen Eingriffe sichtbar zu machen.
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Reihenhausblöcke im Grünen
Die drei neuen Reihenhausblöcke (KKN 1, 2, 3) befinden sich im südwestlichen Teil des Areals. Sie liegen in einem Buchenwald und sind mit großzügigen Abständen zueinander platziert – genau an den blickgeschützten Stellen, wo einst die Kasernen der deutschen Wehrmacht standen. Die jeweils rund elf Meter tiefen Baukörper gliedern sich in sieben Reihenhäuser mit einer Breite von fünf bis sechs Metern. Durch ihre hellgrauen Schieferfassaden und -dächer sind sie als Rekonstruktionen der ursprünglichen Militärbauten ablesbar.
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Offener Landschaftscharakter
Um der Natur rund um die Neubauten mehr Raum zu geben, wurden versiegelte Flächen zurückgebaut, Zäune entfernt und schmale Stege als Zugänge zu den Wohnbauten angelegt. Auf private Gärten wurde verzichtet, um den offenen Landschaftscharakter zu wahren. Die Gebäude ruhen auf Sockeln, die sich dem abfallenden Gelände anpassen und teils bis zu einem Meter hoch sind. Dadurch wirken die Terrassen und Zugänge einiger Häuser, als würden sie über dem Waldboden schweben.
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Nachhaltige Bauweise
Die Neubauten wurden in nachhaltiger Holzrahmenbauweise errichtet. Ergänzend kamen Materialien wie Beton mit recycelten Zusatzstoffen sowie Terrassenbeläge aus wiederverwendetem Kunststoff zum Einsatz. Zusammen mit einem hohen Dämmstandard und dachintegrierten Solarpaneelen erreichen die mittleren Reihenhäuser eine energieneutrale Bilanz, die Eckhäuser eine annähernd energieneutrale Bilanz. Die Tiefgaragen vermeiden weitere Eingriffe in den Wald und verfügen über Ladestationen für E-Autos sowie Fahrradabstellplätze.
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Flexible Grundrisse
MVRDV entwickelte für die Reihenhäuser flexible Grundrisstypen, die den heutigen Wohnbedürfnissen entsprechen. Die Bewohner*innen konnten zwischen verschiedenen Haustypen wählen: einem Split-Level-Reihenhaus, einem Reihenhaus mit Luftraum oder einer Variante mit drei Vollgeschossen. Fenster, Türen, Dachfenster und Solarpaneele ließen sich nach einem vorgegebenen Raster individuell in die Gebäudehülle einfügen.
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Nahtlose Übergänge zwischen innen und außen
Zur Terrasse hin sind alle Wohneinheiten mit bis zu 2,70 Meter hohen, barrierefreien und nach außen öffenbaren Glas-Faltwänden des Systems Woodline von Solarlux ausgestattet. In den Reihenhausblöcken bestehen die Faltwände aus vier oder fünf Elementen. Geöffnet und seitlich zusammengeschoben, schaffen sie Fassadenöffnungen von bis zu fünf Metern Breite. Bei den fünfteiligen Varianten dient das mittlere Element als Drehflügeltür und separater Zugang zur Terrasse. Die Rahmen der Glas-Faltwände bestehen aus nachhaltig zertifiziertem, schichtverleimtem Meranti-Holz mit seidenglänzender Beschichtung in Basaltgrau – abgestimmt auf das Gestaltungskonzept der rekonstruierten Gebäude. Das System erfüllt die Sicherheitsanforderungen der Widerstandsklasse RC2 nach DIN EN 1627 (Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Anforderungen und Klassifizierung) und bietet damit hohen Einbruchschutz.
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Versteckte „Follies“ im Wald
Neben der Umnutzung und Rekonstruktion ehemaliger Militärbauten bietet das Gelände weitere architektonische Highlights: Im nördlichen Areal stehen zwischen Bäumen und Sträuchern mehrere kleine, ungewöhnlich gestaltete Ferienhäuser – die „Follies“. Entworfen wurden sie im Rahmen eines Architekturwettbewerbs von verschiedenen Büros. Ihr gemeinsames gestalterisches Leitmotiv „Verstecken und Tarnen“ greift die historische Tarnarchitektur der Wehrmacht auf.
Bautafel
Architektur: MVRDV Architects (KKN 1, 2, 3)
Projektbeteiligte: Renske van der Stoep, Emilie Koch, Pepijn Bakker, Klaas Hofman, Rosa Rogina, Emanuela Gioffreda, Andres Beausire (Projektteam Masterplan); Arjen Ketting, Rico van der Gevel, Michal Bala, Karolina Szostkiewicz, Duong Vu Hong, André Bahremand, Floris Dreesmann, Türker Naci Saylan, Luis Druschke (Projektteam KKN 1, 2, 3); Buroharro, Arnheim (Landschaftsarchitektur); KondorWessels Projecten (Projektentwickler); Aveco de Bondt (Tragwerksplanung und Bauphysik); Ufkes (Bauunternehmen); Architectuur Maken, De Kort Van Schaik, Hans Jungerius, JCR Architecten, Korteknie Stuhlmacher Architecten, Kraft Architecten, opZoom architecten, Paes Architecture, Space Encounters, studio AAAN, i29, NAMO Architecture (Follies); Kraft Architecten (Architektur KKN 7); Hoogte 2 Architecten (Architektur KKN 4, 5, 6); Solarlux (Hersteller: Hersteller: Glas-Faltwandsystem Woodline aus Meranti-Holz mit deckender Farbbeschichtung in seidenglänzendem Basaltgrau)
Bauherr*in: KWP Gebiedsontwikkelaars
Fertigstellung: 2024
Standort: Koningsweg 23A, 6816 Arnheim, Niederlande
Bildnachweis: Daria Scagliola und Solarlux (Fotos); MVRDV (Pläne)
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