Wochenendhaus in San Miguel de Allende
Rostrot gerahmte Transparenz
In der ländlichen, gebirgigen Gegend nahe der unter
UNESCO-Schutz stehenden und malerisch-pittoresken Stadt San Miguel
de Allende im mexikanischen Bundesstaat Guanajuato erstreckt sich
ein weitläufiges privates Grundstück, für das sich die Bauherren
ein Wochenendhaus wünschten. Sie wollen dort ausreiten, sich mit
Familie und Freunden zum Asado, zum Grillen, treffen, auf einem
kleinen See rudern und schlicht in der Natur ausspannen. Entstanden
ist nach Plänen von Fabián Marcelo Escalante Hernández eine
luftige, rostrote Ranch unter den Wipfeln des alten Baumbestands,
die beinahe verwachsen mit den Stämmen zu sein scheint.
Gallerie
Bei der Planung war zu beachten, dass das Gelände mit 2.114 m über NN relativ hoch liegt und die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht groß sind. Im Sommer steigen die Temperaturen tagsüber auf 25° bis fast 30°, fallen in der Nacht sie jedoch auf 10° bis 15°C. Im Winter ist es tagsüber mit 20° noch immer angenehm warm, doch nachts kühlt es auf knapp 5° ab. Erforderlich für die Behaglichkeit sind also nicht nur Sonnenschutz, Verschattung und Durchlüftung, sondern ebenso Windschutz und Schutz vor zu großer Auskühlung.
Einklang von Natur und Architektur
Direkt am Ufer des
kleinen Gewässers erhebt sich ein schmaler, langer Podest, auf dem
ein Ensemble aus Wohnhaus, Badezimmerhaus, Veranda und überdachtem
Grillplatz platziert sind. Aus Respekt vor der Natur entschied sich
der Architekt, keine Bäume fällen zu lassen, sondern sie im
Gegenteil, ebenso wie einige alte Kakteen, zu integrieren. Dennoch
entstand ein klares geometrisches wie flächenmäßig großzügiges
eingeschossiges Haus samt angrenzendem Pferdestall. Mit der
kompromisslosen orthogonalen Architektursprache und Leichtigkeit
erinnert der Neubau an einige der legendären Wochenendhäuser der
klassischen Moderne. Mit den erdigen Farbtönen der Sierra wie
gebrannter Keramik, Ziegeln, rötlichem wie sonnengebleichtem Holz,
hellbraunem Leder, regionalem Basalt und rostrotem Stahl ist es
aber eine unverkennbare Referenz an den Genius Loci Mexikos.
Pergola als fließender Raum
Das Haupthaus geht visuell und physisch mit einem 360°-Blick in die Natur über. Ein durchgehendes rechtwinkliges Dach sorgt für Schatten und bildet, indem es sich zu einem puren Skelett auflöst, mit den Pfosten, Riegeln und Dachsparren die Pergola. Diese Pergola kragt als Terrasse auf den See aus, einschließlich Pfosten für ein Ruderboot, und verbindet das Wohnhaus als aufgeständerter Gang mit dem Badezimmerhaus und dem Stall.
Fenster und Türen: Gläserne Wände
Dieser fließende Raum des Wohnhauses wird teilweise seitlich mit transparenten Fenstertüren um einen loungeartigen Bereich, einen großen Esstisch für zehn Personen und einen Billardtisch eingehaust. In der Mitte befindet sich ein zweigeschossiges Volumen, das mit einem spielerisch versetzten Satteldach eine Reminiszenz an traditionelle mexikanische Häuser darstellt. Diese doppelte Box, das Herz der Ranch, ist seitlich mit rostfarbenen Stahlpaneelen verkleidet und beherbergt einen Bartresen. Für die Bäume sind nicht nur aus der hölzernen Terrassenplattform Öffnungen ausgeschnitten, sondern sie durchdringen auch das Skelett der Pergola und ragen sogar durch die Box.
Ressourcensparender Wasserhaushalt
Eine Gitterwand aus Tonkeramik trennt subtil das Wohnen, den Grillplatz und den Essbereich vom Badezimmerhaus. Für Toiletten, Waschbecken und Duschen wird ausschließlich gesammeltes Regenwasser verwendet. Das Brauchwasser wird ebenfalls gesammelt, gefiltert und für die Bewässerung der Pflanzen genutzt. Schlafräume sind in einem anderen nahegelegenen Haus untergebracht.
Pferdestall mit Pergola
Seitlich vom Haupthaus befindet sich der Stall für die Reitpferde. Dieser ist mit der gleichen architektonischen Sorgfalt errichtet. Eine verschattende Pergola – diesmal mit konstruktiv wie funktional sinnvoll verstärkten Stützen aus sichtbar und fast roh gelassenem Beton – bildet vor den Boxen die offene Stallgasse. Ein kreisrunder Reitplatz als Longierzirkel ergänzt den Bau.
Die geometrische Konsequenz, räumliche Großzügigkeit und
Transparenz, verbunden mit Respekt vor dem Ort
und der Natur wurde mit einer Medalla da Plata, einer
Silbermedaille, bei der XVI. mexikanischen Architektur-Biennale
ausgezeichnet. -sj
Bautafel
Architektur: Fabián Marcelo Escalante Hernández, León, Mexiko
Projektbeteiligte: Francisco Vázquez, Gerardo Medina, Sandra Zamora, Alitzel Pinto (Team); Julio Valencia (Tragwerk)
Bauherrschaft: privat
Standort: nahe San Miguel de Allende, Guanajuato, Mexiko
Fertigstellung: 2020
Bildnachweis: Jorge Succar, Mexiko