Berghütte bei Fåvang
Beste Aussicht, sommers wie winters
Als Standort ihrer eigenen Wochenendresidenz wählten Lexie und Casper Mork-Ulnes, die Architekturbüros in San Francisco und Oslo leiten, eine Anhöhe über dem norwegischen Gulbrandstal. Auf 943 Meter Höhe inmitten des Skigebiets Kvittfjell gelegen, das für die Olympischen Winterspiele 1994 entstanden ist, trägt die aufgeständerte Hütte sowohl dem Tiefschnee als auch den sommerlichen Bedingungen Rechnung. Dabei gelingt es dem Architektenteam eine regionale Bauweise aufzugreifen, ohne die vernakuläre Architektur klischeehaft zu reproduzieren.
Gallerie
Urtümlich modern
Während das flache Gründach an die rurale Bauweise Skandinaviens erinnern soll, ist der langgestreckte Bau auf rechteckigem Grundriss in die geviertelten Stämme junger Bäume gekleidet, die, diagonal montiert, an die Skigard genannten nordeuropäischen Weidezäune denken lassen. Des Winters von Eis und Schnee besetzt und im Sommer hinter üppiger Vegetation verborgen, sorgt die Fassade dafür, dass das 145 m² große Haus weniger als Fremdkörper wahrgenommen, denn als Teil der Umgebung erlebt wird. Diese Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten bestimmte auch die Entscheidung, den Bau auf 45 Stützen zu lagern, sodass die Bewohner in der kalten Jahreszeit in den Tiefschnee treten können, ohne zuvor den Eingang freizuschaufeln; während der wärmeren Monate hingegen bietet der anderthalb Meter hohe Raum, der sich unter dem Haus auftut, genug Platz für grasende Schafe und Kühe.
Ein doppeltes Dach
So wie die Skigard-Fassde vor den Fenstern weicht, gibt sie auch den Eingangsbereich frei, der den Bau wie ein Tunnel durchstößt. Anders als die flache Decke, die diese ungewöhnliche Veranda überspannt, läuft der Plafond des rechter Hand anschließenden Gästebereichs trichterförmig in einem Oberlicht zusammen. Diese hölzerne Zeltkonstruktion aber, die noch unter dem begrünten äußeren Dach liegt, findet sich im Haupttrakt der Hauses, links des Eingangs gelegen, noch dreimal wiederholt. Somit steht der Einheit in der äußeren Erscheinung im Innern eine Gliederung in vier kleine Häuser entgegen.
Wohnen in Holz, erhellt von vier Oberlichtern
Beiderseits eines zentralen Korridors, der durch die Oberlichte
erhellt wird, findet sich unter dem ersten Dach des familiären
Bereichs neben den Kinderzimmern und einem Bad auch ein sogenannter
mud room, in dem sich die Bewohner ihrer Skianzüge oder der
Wanderbekleidung entledigen können, bevor sie in den anschließenden
Wohnraum treten, der durch ein eigenes Dach bekrönt wird; den
dritten Abschnitt schließlich bildet das elterliche Schlafzimmer am
nordöstlichen Ende des Hauses. Während die Positionierung der
Betten hier schon beim Erwachen einen Ausblick in die bewegte
Umgebung bietet, findet sich hinter dem Kopfende nicht allein das
Badezimmer, sondern auch eine Sauna. Diesen Nebenräumen ist, wie
überhaupt allen Bereichen des Hauses, gemein, dass Wände, Böden und
Decken hölzern verkleidet sind, wobei die glatten, eleganten
Oberflächen der Innenräume mit dem rauhen Erscheinungsbild der
Fassade kontrastieren.
Glaswände von sechs Metern Breite
Noch großzügiger als das Panoramafenster des Schlafzimmers
nehmen sich die beiden transparenten Außenwände des Wohnraums aus,
die auf einer Breite von sechs Metern vollständig verglast sind.
Nicht nur, dass dadurch das zur Winterszeit spärliche Tagesicht den
Wohn- und Essbereich erhellen kann; zugleich bieten sich den
Bewohnern natürlich auch spektakuläre Ausblicke in die Umgebung,
ohne dass sie sich dazu der winterlichen Kälte oder den
sommerlichen Mücken aussetzen müssten. -ar
Bautafel
Architektur: Mork-Ulnes Architects, Oslo/ San Francisco
Projektbeteiligte: Bygg Konsulentene Øst, Oslo (Tragwerksplanung); Strønes Snekkerverksted, Trøgstad (Schreinerarbeiten); Hafjell Bygg, Øyer (Bauunternehmen); Nyhuset Bruk, Ådalsbruk (Holztüren und Fenster)
Bauherrschaft: Lexie und Casper Mork-Ulnes
Standort: Fåvang im Gebiet Kvitfjell, Norwegen
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Bruce Damonte, San Francisco; Juan Benavides, Delft