Tram-Haltestelle am Berliner Hauptbahnhof
Doppelt gekrümmte Schalen aus Leichtbeton
Zwei geschwungene Dächer setzen die Trambahnhaltestelle am Berliner Hauptbahnhof in Szene. Sie zeichnen die Bewegung des Fahrgaststroms von der unterirdischen Passerelle zum Bahnsteig der Straßenbahn dynamisch nach. Gruber + Popp Architekten aus Berlin haben die Haltestelle in Analogie zu einem Taschentuch entworfen, mit dem den scheidenden Fahrgästen nachgewunken wird. Am Europaplatz vor dem Hauptbahnhof bildet sie einen eleganten Blickfang, der auf die angestrebte architektonische Entwicklung des Stadtquartiers verweist.
Gallerie
Die beiden Betonschalendächer sind jeweils 58 Meter lang und sechs Meter breit. Sie entwickeln sich aus den zentral angeordneten Rolltreppenschachtwänden heraus, die hinab zur S-Bahn führen. Getragen wird das Dach zudem von Stahlstützen, die auf der rückwärtigen Brüstungswand sitzen und die effektiven Spannweiten verringern. Die beiden einläufigen festen Treppen, die entlang der Brüstungen angeordnet sind, verbinden die Straßenbahnhaltestelle mit dem Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs und der U-Bahn. Zu den Gleisen hin sind die Schalen, die den gesamten Wartebereich überdachen, stützenfrei ausgeführt.
Beton
Für die Herstellung der Betonschalen wurde ein hochfester Leichtbeton der Druckfestigkeitsklasse LC45/50 mit Leichtsanden und Blähtonkugeln als luftporenbildendem Zuschlagstoff gewählt, der etwa 35 Prozent leichter ist als herkömmlicher Beton. Durch diese Gewichtsreduktion konnte in den Randbereichen eine sehr schlanke Betondicke von nur sieben Zentimetern verwirklicht werden. Wegen der daraus resultierenden geringen Betonüberdeckung wurde in diesen Arealen eine nicht rostende Bewehrung gewählt. Im Bereich der Schächte der Fahrgasttreppen, von denen aus sich die Dächer jeweils symmetrisch in beide Richtungen entwickeln, haben die Schalen eine Dicke von etwa 40 Zentimetern, sodass eine reguläre Bewehrung verwendet werden konnte.
Die Traufkanten folgen einer statischen Ideallinie. An der höchsten Stelle liegt die Unterkante der Dächer bei etwa 4,90 Metern. Die doppelt gekrümmte Fläche sorgt für eine natürliche Entwässerung. Die Schalen konnten mit derselben glatten Brettschalung erstellt werden; bei der zweiten Betonage wurde sie lediglich um 180 Grad gedreht. Schwind- und Kriechverformungen des Betons konnten durch eine entsprechend der statischen Berechnungen überhöhte Schalung kompensiert werden. Obwohl ein Teil des Dachtragwerks auch den U-Bahn-Tunnel überspannt, ist die Haltestelle komplett auf dem Tunnel der S-Bahn-Linie 21 gegründet. Damit sollte vermieden werden, dass sich der Bau unterschiedlich setzt.
Brüstungswände, Deckenuntersichten und -ränder erhielten zum
Abschluss eine mineralische Lasur, um eine homogene Oberfläche zu
erzielen. Die Oberseite wurde mit einem Dachabdichtungssystem
versiegelt, dessen Farbe ein wenig heller ist als die der Wände und
Decken. Als Bodenbelag wählten die Architekten anthrazitfarbigen
Großformatplatten, die durch ihren Kontrast zur hellen
Haltestellenkonstruktion die schwebende Wirkung des Daches
unterstreichen sollen. -chi
Bautafel
Architekten: Gruber + Popp Architekten BDA, Berlin
Projektbeteiligte: Gruber + Popp Architekten BDA, Berlin (Generalplanung); Schlaich, Bergermann und Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); Dr. Torsten Löber (Versorgungsplanung); BEGA Gantenbrink-Leuchten KG, Menden (Leuchten)
Bauherr: Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)
Standort: Europaplatz, Hauptbahnhof Berlin, 10557 Berlin
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: Hanns Joosten, Berlin; Bega, Menden; Gruber + Popp Architekten BDA, Berlin
Fachwissen zum Thema
Deutsche Zement- und Betonindustrie vertreten durch das
InformationsZentrum Beton | Kontakt 0211 / 28048–1 | www.beton.org