TGV-Bahnhof Montpellier
Lichtfilter aus UHPC-Fertigteilen
So lichtdurchlässig wie Palmblätter wünschte sich der Pariser Architekt Marc Mimram das Dach des Gare de Montpellier Sud de France. Die angestrebte Wirkung für den neuen TGV-Bahnhof erreichte er durch perforierte Betonfertigteile. 23 davon formen jeweils eine Art gewölbten Palmwedel, der sich über je eines der fünf Felder der stählernen Dachkonstruktion legt. Diese wiederum lagert in weiten Teilen auf einem Stahlbetonskelettbau auf. Er bildet den Hallenboden und die dazugehörige Tragkonstruktion über den Gleisanlagen, die das Gebäude in Ost-West-Richtung durchlaufen.
Gallerie
Der Bahnhof liegt an der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke, die parallel zur Mittelmeerküste an den Städten Nimes und Montpellier vorbeiführt und in Barcelona endet. Im Moment steht er noch weitgehend allein zwischen Feldern und Wiesen. Das wird sich aber bald schon ändern, denn um ihn herum entsteht derzeit ein neues Stadtquartier.
Die Erschließung der Bahnsteige erfolgt über die obere Ebene.
Hier befindet sich auch die Wartehalle mit Geschäften und
Restaurants. Diese erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung über vier
der fünf Tragfelder, in Querrichtung nimmt sie nur zwei Drittel der
Fläche unter den gewölbten Dachelementen ein; die Restfläche dient
als Verteiler. Von der gegenüberliegende Seite der Halle im Westen
gelangen die Fahrgäste zur Straßenbahnhaltestelle, die auf das
gleiche Bodenniveau angehoben wurde. Treppen, Rampen und Aufzüge
führen hinab zum Busbahnhof und dem großen Parkplatz südlich des
Gebäudes.
Beton
Das Dach des TGV-Bahnhofs besteht aus 115 selbsttragenden
Fertigteilelementen aus ultrahochfestem Beton (UHPC). Jeweils 23
bilden ein Tragfeld. Die 2,40 Meter breiten und größtenteils 3,00 m
hohen Elemente spannen über etwa 17,00 m – und das bei einer
Bauteildicke von gerade einmal 5 cm. Durch einen Anteil von 1,75%
Edelstahlfasern in der Betonmasse wurde die Verformungsfähigkeit
der Bauteile erhöht. Zudem ist Edelstahl korrosionsbeständig und
verhindert damit das Entstehen von rostbraunen Flecken auf den
Oberflächen.
Da an den Dachrändern eine besondere Geometrie der Bauteile nötig war, gibt es fünf verschiedene Varianten der „Palmblätter“, wobei für jedes Feld der Stahlkonstruktion acht Fertigteile mit Sonderform und 15 reguläre Bauelemente zum Einsatz kamen. Auf der Oberseite des Palmblatts sorgen in Längsrichtung eine mittig platzierte, gebogene Rippe sowie in Querrichtung eine v-förmige Verstärkung für die nötige Aussteifung. Aus statischen Gründen wurden die Bauteile bei der Herstellung mit Spannstählen mit jeweils vier Litzen versehen. Das Spannen wurde nach dem Einbau der Elemente durchgeführt (nachträglicher Verbund).
Die verglasten Aussparungen der Dachfläche sind jeweils 16 x 40 cm groß und über die Bauteillänge in sechs Bändern angeordnet; ihr Anteil variiert je nach Himmelsrichtung zwischen 8 und 25% der Fläche. Richtung Süden sind es wenig Öffnungen, nach Norden nehmen sie zu. In Längsrichtung der Gewölbe wurden die selbsttragenden Fertigteilelemente mit einem gewissen Abstand zueinander verbaut. Die Lücken dazwischen dienen der Entlüftung des Gebäudes. Blechabdeckungen auf dem Dach verhindern, dass Regen durch die Lüftungsschlitze eindringen kann. -chi
Bautafel
Architekten: Marc Mimram Architecture & Associés, Paris; Atelier Nebout, Montpellier
Projektbeteiligte: Architect Marc Mimram Ingénierie (Tragwerksplanung); Francois Fondeville, Montpellier (Generalunternehmer); Ductal (UHPC)
Bauherr: Réseau Ferré de France
Standort: 1521 Rue de la Fontaine de la Banquière, 34000 Montpellier
Fertigstellung: 2018
Bildnachweis: Erieta Attali, New York; Lisa Ricciotti, Menton; Marc Mimram Architecture & Associés, Paris
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