Rastplatz auf Andoya
Landschaftselemente aus gefaltetem Beton
Andoya liegt rund 300 Kilometer nördlich des Polarkreises und
gehört zur norwegischen Inselgruppe Vesterålen. Touristen besuchen
die Insel wegen ihrer rauen Schönheit mit schroffen Felswänden und
baumloser Tundra, über die ein steter Wind vom Meer weht. Meist
kommen die Besucher mit dem Auto über die gleichnamige
Landschaftsroute. Seit geraumer Zeit lässt die norwegische
Straßenverwaltung Rastplätze und besondere Aussichtspunkte von
überwiegend einheimischen Architekten neu gestalten. Der Rastplatz
Bukkekjerka an der Westküste von Andoya ist ein solches
Projekt. Morfeus Arkitekter haben dafür mehrere gefaltete
Strukturen aus Sichtbeton geschaffen, deren expressive Formen
sich wie selbstverständlich in die Umgebung einfügen.
Gallerie
Bukkekjerka ist eine Felsformation auf der Landzunge Borhella.
Zu ihren Füßen befindet sich die größte Struktur des Ensembles: ein
Parkplatz mit Toilettenanlage. Eine lange, mehrfach geknickte und
überhängende Wand schirmt die Besucher von der rauen See ab. Im
südlichen Teil geht die Wand in die geneigte Dachfläche eines halb
ins Gelände eingebetteten, C-förmigen Betonriegels über, in dem die
Sanitärräume eingestellt sind. Über zwei Rampen an den Stirnseiten
gelangt man ins Gelände, von wo aus mehrere Pfade auf den Felsen
und die Halbinsel führen. Auf dem Weg zum Strand überbrückt ein
schmaler, geländerloser Steg eine kleine Senke. Von einer Bank auf
dem Felsrücken, bietet sich eine gute Aussicht aufs Meer. Und ein
alter Opferplatz der samischen Ureinwohner am Südhang des Felsens
wurde zu einem Rastplatz umgestaltet, der von den Einheimischen für
Gottesdienste und Hochzeiten genutzt wird. Die Architekten ließen
sich bei der Formfindung von der Umgebung inspirieren: Die aus
gefaltetem Beton komponierten, skulpturalen Objekte imitieren die
Scharfkantigkeit der sie umgebenen Steinformationen.
Einzige Ausnahme von der sonst durchgängigen Betonverwendung
sind die Wände der Sanitärkabine. Ihre Oberflächen aus Glas und
säurebeständigem Edelstahl sind vollständig verspiegelt und
reflektieren die Landschaft. Von Innen hingegen sind die Scheiben
transparent. Nur ein dünner Grauschleier zeigt die räumliche
Trennung zur Natur.
Beton
Der verwendete Sichtbeton der Bauten besitzt eine natürliche
Widerstandsfähigkeit gegen die chloridhaltige Seeluft. Außerdem ist
er den extremen Jahrestemperaturschwankungen der Region gewachsen.
Dennoch werden in den kommenden Jahren die Oberflächen eine Patina
ansetzen und sich der Umgebung farblich angleichen. Die Umsetzung
der schiefwinkligen Geometrie war eine besondere Herausforderung.
Weil sich die räumliche Lage der einzelnen Flächen nicht, wie sonst
üblich, in zweidimensionalen Zeichnungen darstellen ließ, wurden
dreidimensionale Modelle erstellt, aus denen die X-,Y- und
Z-Koordinaten abgenommen werden konnten. Anschließend wurden diese
räumlichen Bezugsdaten von den Bauunternehmen vor Ort mit GPS
eingemessen.
Alle Baukörper wurden in situ geschalt und gegossen. Die
Schalungen wurden konventionell hergestellt. Dabei mussten die
erdberührten Teile in mühsamer Handarbeit an das unebene Gelände
angepasst werden. Für die große überhängende Wand des Parkplatzes
wurden zunächst unterhalb der Böschung sich nach unten verjüngende
Fundamentschotten aufgestellt, an denen dann eine geneigte Schalung
befestigt werden konnte. Nach dem Betoniervorgang wurden die
Schotten verfüllt und anschließend die Plattform für die
Autostellplätze gefertigt. Der Sanitärkubus besteht aus einer
Stahlskelettkonstruktion, die als Teil des Tragwerks hilft, die
Spannweite des Betondachs über der Toilettenanlage zu reduzieren.
Um ohne eine zusätzliche Dachhaut auszukommen, wurde das Dach mit
wasserundurchlässigem Beton so stark ausgeführt, dass Regen und
Feuchtigkeit nicht bis zur Bewehrung durchdringen können.
Bautafel
Architekten: Morfeus Arkitekter, Oslo
Bauherr: Staatliche Norwegische Straßenverwaltung, Oslo
Projektbeteiligte: K. Apeland, Oslo (Tragwerksplanung); Aaste Gulden Sakya (Landschaftsplaner); Veidekke, Oslo (Bauunternehmen)
Fertigstellung: 2018
Standort: Bukkekjerka, 8488 Noss, Norwegen
Bildnachweis: Morfeus Støvring Wille, Oslo; Morfeus Arkitekter, Oslo
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