Messner Mountain Museum Corones auf dem Kronplatz
Hauchdünne Schalen aus carbonfaserbewehrtem Beton
Mehr Urlauber in den Sommermonaten – mit diesem Ziel gab der
Tourismusverband der Südtiroler Ferienregion Kronplatz das
Messner Mountain Museum (MMM) Corones in Auftrag. Für
das populäre Skigebiet, das von den Gipfeln des Zillertals, des
Ortlers und der Dolomiten gerahmt wird, war eine spektakuläre
Architektur gefragt. Mit Zaha Hadid hat sich der Bauherr für eine
Architektin entschieden, die mit ihren Bauten schon vielfach
Aufsehen erregte. Das neue Museum in 2.275 Metern Höhe ist in
dieser Hinsicht keine Ausnahme. Es ist außerdem eines ihrer letzten
Werke (siehe Meldung zum Tod von Zaha Hadid).
Gallerie
Nach dem Betreten tauchen die Besucher in den Berg ab, bewegen sich durch ein fließendes Raumkontinuum und gelangen am Ende in einen von drei tunnelartigen Fortsätzen, wo große Panoramafenster die Aussicht auf die umgebenden Gipfel freigeben. An einem dieser Aussichtspunkte sorgt eine über den Steilhang auskragende Terrasse zusätzlich für Gänsehaut. Die genaue Ausrichtung der drei Finger, mit denen das unterirdische Bauwerk in die Landschaft greift, definierte Reinhold Messner, der in einer Gemeinde unweit des Kronplatzes aufgewachsen ist. Wie bereits bei den fünf vorherigen Messner Mountain Museen übernahm er die Konzeption der Ausstellung, die sich dem Thema des traditionellen Alpinismus widmet.
Vom Foyer aus führen einläufige Treppen über mehrere Ebenen
hinab zu den Ausstellungsflächen und Aussichtspunkten. Um das
Museum so wirken zu lassen, als sei es in den Berg eingegraben,
musste dieser zunächst abgetragen werden. Der Aushub liegt nun auf
dem Stahlbeton-Rohbau mit seinen etwa 45 cm dicken Wänden und der
70 cm dicken Decke. Die für Zaha Hadid typischen, geschwungenen
Formen erzielten die Planer mit einer Bekleidung aus hauchdünnen
Betonschalen.
Beton
Etwa 400 vorgefertigte Bauteile aus äußerst leichtem, gleichzeitig stabilem und druckfestem Textilbeton umhüllen die Innen- und Außenflächen des Museums. Der Verbundwerkstoff besteht aus mehreren Schichten Spritzbeton, einem Carbonfasergewebe und einer Aluminiumwabenmatte. Im Gegensatz zu herkömmlichem Beton kann er Kräfte aus jeder Richtung aufnehmen. Entscheidend für die statische Leistungsfähigkeit ist jedoch vor allem die in die Zementmatrix eingebettete Aluminiumwabenmatte. Da sich der Zement aufgrund seiner alkalischen Beschaffenheit eigentlich nicht mit Aluminium verträgt, musste für den Museumsbau mit einem speziellen Bindemittel gearbeitet werden. Je nach Farbgebung – außen war ein hellerer Grauton gewünscht, innen ein dunklerer – verwendete der Hersteller Weiß- oder Grauzement. Die genaue Zusammensetzung verrät das Unternehmen jedoch nicht.
Die Sonderschalungen, die zur Anfertigung der extrem dünnen
Bauteile nötig waren, wurden mithilfe einer CNC-Fräse anhand von
3-D-Daten des digitalen Architekturmodells aus Styropor erstellt.
Bei den besonders stark gekrümmten Elementen bestand die größte
Herausforderung darin, dass der Spitzbeton, der auf die grundierte
und mit Schalöl behandelte Styroporform aufgetragen wurde, nicht
zerlief oder klumpte. Die weniger gekrümmten, horizontal verbauten
Paneele erreichen bei einer Stärke von 30 mm Größen von bis zu 2,70
m in der Breite und 5,60 m in der Länge, die vertikalen Bauteile
bei einer Stärke von 20 mm Breiten von 2,30 m und Längen von bis zu
8,20 m. Über integrierte Stahlhalterungen wurden die Betonschalen
schließlich an die Stahl-Unterkonstruktion des Museums montiert.
Die Außenflächen wurden nach Abschluss der Arbeiten hydrophobiert.
-chi
Bautafel
Architekten: Zaha Hadid Architects, London; Cornelius Schlotthauer (Projektarchitekt) mit Peter Irmscher, Markus Planteu und Claudia Wulf
Projektbeteiligte: iPM, Bruneck (Tragwerksplanung); Jud & Partner, Olang (Haustechnik und Brandschutz); Zumtobel, Dornbirn (Beleuchtung); B&T Bau & Technologie, Raubling (CEton-Textilbetonpaneele)
Bauherr: Skirama Kronplatz, Bruneck
Standort: Kronplatz, 39030 Enneberg, Italien
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: Inexhibit, Cremona; Werner Huthmacher, Berlin; Luke Hayes und Wisthaler, Innichen
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