Im Vergleich zu anderen erfolgreichen Fußball-Nationen ist
Portugal relativ klein. Gerade einmal rund zehneinhalb Millionen
Menschen leben im äußersten Westen des europäischen Festlands.
Dennoch trug das Land 2004 die Europameisterschaft aus, für die
auch in Aveiro, etwa eine Zugstunde südlich von Porto, ein großes
Stadion mit über 30.000 Sitzplätzen errichtet wurde. 2022 kam der
Grandstand Building – zu Deutsch Tribünengebäude – genannte
Trainingskomplex für die örtlichen Jugendmannschaften hinzu, den
das portugiesische Architekturbüro Summary plante.
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Über die Nachhaltigkeit von Stadionneubauten wird immer wieder
diskutiert, nicht zuletzt wenn es um internationale Meisterschaften
geht, die in eher kleinen Ländern stattfinden. Auch im Estádio
Municipal de Aveiro ist wenig los: Lediglich zwei Begegnungen
der EM fanden hier statt und bis heute ist das Stadion jenseits der
Spiele des lokalen Vereins SC Beira-Mar nur selten gefüllt.
Nichtsdestotrotz zählt Fußball zu den beliebtesten Sportarten in
Portugal und viele Kinder und Jugendliche trainieren in Vereinen.
Der Neubau in Sichtweite des Stadions dient als Stützpunkt für das
Fußballtraining und die offiziellen Spiele der
Jugendmannschaften.
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Betonprisma mit Aussicht
Zu der Anlage gehören neben dem langgestreckten Gebäude auch
vier Spielfelder, Parkplätze und ergänzende Einrichtungen, zum
Beispiel Unterstände. Erreicht wird der Trainingscampus über die
zentrale Straßenachse des leicht ansteigenden Stadionareals. Der
prismatische, symmetrische Betonriegel steht halb im Gelände, mit
der Giebelseite zur Straße, wo die jungen Sportler*innen und ihre
Eltern von einer T-förmigen Treppenskulptur mit sonnengelben Stufen
begrüßt werden. Sie führt hinauf zu den zwei satteldachartig
angeordneten Tribünen mit ihren massiven Betonstufen.
Zu beiden Seiten des mittleren Treppenlaufs signalisiert das
Gelb, der Trikotfarbe des SC Beira-Mar, dass es hier Eingänge unter
den Tribünen gibt. Links des Treppenlaufs befinden sich öffentliche
WCs, rechts davon der Eingang zu einem Foyer mit einer kleinen Bar.
Von hier führt der längs der Mittelachse verlaufende Korridor an
den zahlreichen Umkleide-, Sanitär- und Besprechungsräumen vorbei.
In der Mitte werden die Raumketten unterbrochen von zwei
Treppenhäusern, die zu beiden Seiten nach oben führen – auf der
höhergelegenen Westseite direkt auf das Feld, auf der Ostseite auf
die Tribünen. Am Ende des Gebäudes weitet sich der Gang wieder mit
einem Austritt auf eine Art Terrasse, an die auch ein Geräteraum
grenzt sowie eine weitere T-förmige Treppenanlage.
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Durch den Geländesprung beginnt die Tribüne auf der Westseite
knapp über dem Rasen. Auf der anderen Seite hingegen liegt sie
deutlich über der Spielfläche, sodass sich hier eine Fassade
ausbildet. Sie besteht aus drei Reihen von Betonfertigteilen, wobei
die Elemente der mittleren Reihe schräggestellt sind. Dadurch
ergeben sich schmale, nach Süden gerichtete Öffnungen, in denen
Klappflügelfenster sitzen. Diese und weitere Öffnungen – etwa
an den in die Tribünen eingeschnittenen Auf- und Quergängen –
unterstützen die Lüftung. Zudem tragen Solarkollektoren und weitere
energieeffiziente Anlagen dazu bei, die Betriebskosten des Gebäudes
erheblich zu senken.
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Beton: Fertigteilelemente mit gelben Akzenten
Da alle Nutzungen und die beiden öffentlichen Tribünen in einem
einzigen Gebäude vereint sind, konnten die vorhandenen öffentlichen
Verkehrswege genutzt sowie Baumaterial, Baukosten und Bauzeit
reduziert werden. Zu einem effizienteren Bauprozess trug auch bei,
dass das Gebäude vollständig mit vorgefertigten Betonelementen
errichtet ist – eine Spezialität des Architekturbüros. Das
Qualitätsniveau der Bauteile konnte also bereits im Werk geprüft
werden, sodass auf der Baustelle viel Zeit gespart wurde – ein
wichtiger Faktor bei der Errichtung öffentlicher Gebäude wie
dieser.
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Mit dem schlichten Entwurf und der nüchternen Materialpalette
strebten die Beteiligten eine möglichst unauffällige Setzung in der
terrassierten Rasenlandschaft an. Zudem sollte sich das Gebäude
gestalterisch zurücknehmen, um dem bunten Stadionbau keine visuelle
Konkurrenz zu machen. Aus ästhetischen, aber auch aus Kostengründen
wurde auf eine Oberflächenbehandlung des hellgrauen Betons
verzichtet, sodass die einzelnen Fertigteilelemente und ihre Fügung
erkennbar blieben. An einigen Stellen heben sich leuchtend gelbe
Flächen ab: Einerseits wurden die Innenseiten der Betonteile der
Treppenbrüstungen, Stufen und Tribünengänge gestrichen,
andererseits erhielten die Zugänge gelbe Türen, Tore und
Lamellenpaneele. Die Farbe erzielt eine starke Fernwirkung und
sorgt für Orientierung auf dem weitläufigen Areal, indem sie alle
öffentlich zugänglichen Bereiche sowie die Eingänge der
Großstruktur markiert. -ml
Bautafel
Architektur: SUMMARY, Porto Projektbeteiligte: Arouconstrói (Tragwerksplanung); Valinox (Gebäudetechnik); FTS Technical Solutions (hydraulische Anlagen); ARproj (Brandschutz, Elektroplanung); FARCIMAR (Fertigung und Montage Betonfertigteile) Bauherrin: Câmara Municipal de Aveiro Standort: Lugar de Taboeira, 3804-508 Aveiro, Portugal Fertigstellung: 2022 Bildnachweis: Fernando Guerra_FG+SG (Fotos); SUMMARY (Pläne)
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