Alternativen zur Stahlbewehrung sind gefragt. Selbst bei
sorgfältigster Verarbeitung lassen sich die Alterungsprozesse nicht
aufhalten, die die Chemie von Stahl und Beton zusammen mit
Wettereinflüssen zwangsläufig in Gang setzt. Wie umgehen, mit all
dem korrodierenden Stahlbeton, aus dem unsere Häuser und wichtige
Infrastrukturen errichtet sind? Textilbeton ist korrosionsbeständig
und wird schon heute zur Instandhaltung von Stahlbetonbauten
eingesetzt. Der Begriff fasst Verbundwerkstoffe zusammen, die aus
einer Betonmatrix und einer textilen Bewehrung bestehen,
die meist aus Glas- oder Carbonfasern hergestellt wird.
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Zusammensetzung
Die technischen Textilien werden zur Aufnahme von Zugkräften
eingesetzt und ersetzen damit die Stahlbewehrung im Beton. Im
Vergleich zu den üblichen Stahlbewehrungsmatten sind die textilen
Bewehrungsmatten engmaschiger, dünner und flexibler. Außerdem sind
die beständiger. Wegen genau dieser Eigenschaft kann die Betondeckung auf ein für den Verbund
erforderliches Minimum reduziert werden. In der Folge sind deutlich
geringere Bauteildicken möglich als bei der Verwendung von
Stahlbeton.
Als Materialien bewährt haben sich vor allem alkaliresistentes
Glas und Carbon. Geforscht wird außerdem an Textilbetonen mit
Aramid-, Basalt- und Flachsfasern. Zusätzlich sind Beschichtungen
aus erdölbasierten Kunststoffen nötig. Entscheidend für die Wahl
der Körnung ist die Maschenweite des Bewehrungstextils, da dieses
sicher ummantelt werden muss. Aber auch die geringeren
Bauteildicken erfordern eine Anpassung der Betonzusammensetzung.
Vor allem das Größtkorn der Gesteinskörnung muss kleiner sein. Die
Bewehrungstextilien umschließt in der Regel ein fließfähiger,
hochfester Beton mit einem Größtkorn von bis zu acht Millimetern.
Insbesondere bei Sanierungsarbeiten wird Feinbeton, sprich
zementbasierten, gefügedichten Mörteln, mit einem Korndurchmesser
von einem Millimeter oder kleiner verwendet. Durch den
Stahlverzicht kann auch der ph-Wert des Betons herabgesenkt werden.
Das heißt, es kommen andere Bindemittel als Zement in
Frage.
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Herstellung
Hohe Temperaturen und mehrstufige, chemische Prozesse mit zum
Teil hohen Wasserverbrauch sind erforderlich, um die mineralischen
oder fossilen Rohstoffe zu Fasern und Geweben zu verarbeiten. Die
Herstellungsprozesse der für die Bewehrung
nötigen Fasern unterscheiden sich, abhängig vom Material.
Um die fertigen, gitterartigen Matten je nach Kraftrichtung im
künftigen Bauteil präzise auszurichten, ist Handarbeit
erforderlich. Auch das Ummanteln mit Beton geschieht nur teilweise
automatisiert. Im Fertigteilbau, etwa bei Fassadenplatten, werden
Schalungen verwendet. Die zwei dabei hauptsächlich eingesetzten
Arbeitsverfahren sind Spritzen und Gießen.
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Bei Instandsetzungen werden Feinbeton und textile Bewehrung
lagenweise appliziert. Begonnen wird mit einer dünnen Schicht
Feinbeton, die auf den Bestand aufgetragen wird, zum Beispiel mit
Spritzdüsen. Dann folgt die erste Bewehrungslage und anschließend
die nächste Feinbetonschicht. In dieser Reihenfolge werden weitere
Lagen aufgetragen, abhängig von der erforderlichen Ertüchtigung.
Ganz ähnlich funktioniert das Nassspritzverfahren auch bei
Neubauten: Wiederum mit Düsen werden zunächst wenige Millimeter
dünne Schichten des Betons auf die Schalung aufgespritzt,
dann eine Bewehrungsmatte positioniert und darauf die nächste
Betonschicht aufgetragen.
Eigenschaften
Textile Bewehrungen sind im Gegensatz zur Stahlbewehrung nicht
korrosionsempfindlich. Die Matten, Gewebe oder Gelege benötigen
daher eine wesentlich geringere Betonüberdeckung. In Kombination
mit der gegenüber Stahlbewehrungen wesentlich höheren Zugfestigkeit
ist es folglich möglich, neue Bauteile schlanker zu dimensionieren
oder bestehende Tragwerke materialsparsam zu verstärken. Durch die
erhöhte Lebensdauer und die Schlankheit der Bauteile kann außerdem
eine große Menge Beton eingespart werden.
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Textilbeton in der Praxis
Mit Textilbeton lässt sich die Traglast einer Konstruktion
erhöhen, gleichzeitig können Verformungen begrenzt und Rissbreiten
verringert werden. Die Verstärkung kann in dünnen Schichten auf
bestehende Betonbauteile aufgetragen werden, da die Überdeckung der
textilen Bewehrung nur etwa fünf bis zehn Millimeter betragen muss.
Zudem können dank der Verformbarkeit des Textils auch Bauteile mit
ungewöhnlichen Formen ertüchtigt werden. Die Matrix, in die das
Gewebe eingebettet wird, ist in der Regel ein Feinbeton.
Aufgrund des geringen Materialeinsatzes bei gleichzeitig hohem
bauphysikalischen Leistungsprofil eignet sich Textilbeton als
Material für Vorhangfassadenplatten. Auch Sandwichpaneele sind
erhältlich. Die Dämmschicht befindet sich dabei entweder zwischen
zwei Textilbetonschalen oder zwischen einer tragenden Stahlbeton-
und einer äußeren Textilbetonschale. Ein Beispiel, bei dem letztere
verbaut wurden, ist das Bürohaus Eastside VIII in Mannheim. Für das verwendete
Produkt, bei dem ein Schubgitter aus epoxidharzgetränkten
Glasfasertextil die beiden Schalen verbindet, konnte inzwischen
eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erwirkt werden. Diese
erlaubt den Einsatz als tragendes aussteifendes oder nicht
tragendes Außenwandbauteil in nicht hinterlüfteten
Fassadenkonstruktionen.
Grundsätzlich sind textile Bewehrungen prädestiniert für die
Herstellung von frei geformten Betonbauteilen. Um Kräfte in beide
Richtungen aufnehmen zu können, werden bei 3D-Formen in der Regel
zwei textile Gittermatten biaxial miteinander verbunden.
Anschließend lässt sich das Gelege in die gewünschte Form bringen
und verharzen. Robotergestützte digitale Fertigungsmethoden, die
Verwendung von textilen Bewehrungen bei 3D-Druckverfahren und
weitere Anwendungsmöglichkeiten werden im Moment von verschiedenen
Forschungsteams untersucht. Ebenso werden weitere Einsatzgebiete
für Textilbeton erprobt, etwa als tragende Fertigteile oder als
Material im Brückenbau.
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Weiterverwendung
Aufgrund der ausbleibenden Korrosion könnten Bauteile aus
Textilbeton viele Jahrzehnte länger halten als solche aus
Stahlbeton. Was aber passiert mit dem Textilbeton, wenn ein Gebäude
abgerissen wird? Der Beton selbst lässt sich im Idealfall
zerkleinern und kann dann als Gesteinskörnung für
Recycling-Beton oder für Erd- und Straßenbaumaßnahmen verwendet
werden. Ein großes Problem ist die Weiterverwendung der
Kunststofffasern: Heutzutage werden sie in der Regel verbrannt,
wobei sie für die Energieerzeugung nicht sehr ergiebig sind und
außerdem viele schädliche Gase erzeugt werden. An der TU Dresden
wird an einem Wiederaufbereitungsprozess für Carbonfasern
gearbeitet, der jedoch ebenfalls enorme Mengen Energie und die
Zugabe weiterer Kunststoffe erfordert.
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