Grundschule in Zarren
Konzentriert Lernen
Ein- bis zweigeschossige Wohnbauten überwiegend mit
Klinkerfassade und Satteldach säumen die Straßen vom belgischen
Zarren. Rund 2.000 Menschen leben in der von Feldern umgebenen
Ortschaft. Im Dorfkern, unweit der Kreuzung der beiden
Hauptstraßen, bietet seit Kurzem ein Neubau den Schulkindern im
Alter von sechs bis zwölf Jahren eine Lernstätte. Hinter einem
Altbau, der den örtlichen Kindergarten samt Vorschule beherbergt,
ergänzt auf demselben Gelände ein zweiteiliger, zweigeschossiger
Baukörper die Gemeentelijke Basischool De Linde. Entworfen
hat ihn das Büro Felt architecture & design aus Gent. Angesichts
eines geringen Budgets hatte eine effiziente Organisation
Priorität. Klare Teilbereiche, offene Verbindungen und insbesondere
ein durchdachtes Farb- und Materialkonzept bestimmen den
Entwurf.
Gallerie
Eine Collage aus Fassaden
In Anlehnung an die Bebauung
der umliegenden Häuser und Straßen des Dorfes gestalteten die
Planer die Form und die Farbigkeit des Neubaus mit seinem
L-förmigem Grundriss. Dabei sind Giebel und geneigte Dächer
formgebend. Auf die dörflichen Backsteinfassaden in Rot- und
Ockertönen, die geneigten Dächer mit rötlichen und braunen Ziegeln
sowie die hellrot gepflasterten Gehwege und das Grau der Fahrbahnen
wird referenziert. Der längere Baukörper, in dem die
Unterrichtsräume untergebracht sind, zeigt sich mit einer
hellgelben Klinkerhülle über einem Sockelgeschoss in hellrotem
Sichtbeton; großzügige Fenster prägen die Ansicht. Dahingegen kommt
die doppelgiebelständige Fassade der Sporthalle in einer Hülle aus
grauem Sockel und darüber mir grauen Faserzementplatten daher.
Keine Fenster, sondern zwei wie Scheunentore wirkende Metalltore
prägen diese Giebelansicht der Halle. Das gesamte Dach ist mit
orangeroten Ziegeln gedeckt.
Komposition dreier Teilbereiche
Im Grundriss bildet
die Schule ein großes L mit einer zweigeschossigen Treppenhalle als
verbindendes Gelenk: eine klare Struktur aus zwei Flügeln, die
durch die zentrale Halle verbunden mit einer skulpturalen
Betontreppe sind. So besteht das Haus aus insgesamt aus drei
Bereichen: Im Westflügel liegen die Klassenräume, im östlichen
Flügel befinden sich die öffentlichen Bereiche wie die Cafeteria
und die Sporthalle. Der Bau ist so auf dem Areal positioniert, dass
ein offener Hof als großer Spielplatz entsteht.
Der zweigeschossige Klassenflügel beherbergt neben Sanitärräumen insgesamt zehn Klassenzimmer sowie Aufenthaltsräume für Lehrer und wird durch einen langen Flur mit integrierten Sitznischen erschlossen. Durch große Glastrennwände zwischen Korridor und Klassenräumen entsteht durch den Einfluss des natürlichen Lichts eine eine helle und transparente Atmosphäre. Das Foyer mit der geschwungene Treppe inmitten von Wänden und Decken aus rosafarbenen Beton bildet zugleich Eingang, Übergang und Mittelpunkt des Gebäudes. Es fungiert als zentraler Treffpunkt und verbindet die Klassenkorridore über die entsprechenden Geschosse mit der Sporthalle und der Mensa.
Das doppelgiebelige Volumen mit Sporthalle und Mensa orientiert
sich zum Spielplatz. Oberhalb der Umkleidekabinen befinden sich die
Essensräume, die als Galerie ausgebildet, tribünenartig einen
offenen Blickbezug zur Sporthalle erzeugen. Die beiden großen Tore
bieten im geöffneten Zustand eine großzügige Verbindung zum
Außenbereich.
Farbige Flächen und fließende Übergänge
Das Innere des
Neubaus ist stark von der Dachstruktur und der Farbgebung geprägt.
Die Satteldachform ist in den Innenräumen an vielen Stellen
inszeniert. Ebenso die Farbpalette der der Flächen im Außenraum aus
Sichtbeton in Grau und Rosa setzt sich hier fort. Dunkelgrün,
Tiefblau und Rot definieren zusammen mit dem rosafarbenen und
grauen Beton die einzelnen Räumlichkeiten. Ergänzt wird das
Spektrum durch helle Holzoberflächen in den Gängen und weißem
gelochten Gipskarton an den Decken. Die Bodenbeläge zeigen sich in
kräftigen Grün- und Blautönen als auch im Übergang zum Treppenhaus
in pastellfarbenden Rosa. Durch die Verwendung unterschiedlicher
Farben und Materialien erscheint das an sich sehr klar
strukturierte Gebäude heterogen und erleichtert die
Orientierung.
Akustik: Gut Zuhören durch wenig Nachhall
Einige Innenwände und Giebel
sind betonsichtig, andere weiß gestrichen und weitere mit
Einbauschränken möbliert. Insbesondere der schallharte Beton als
Oberfläche erforderte akustische Maßnahmen, um in den
Unterrichtsräumen eine gute Raumakusitk für eine konzentrierte
Lernatmosphäre zu erreichen. Da es in den Klassenzimmern vor allem
auf die Verständlichkeit gesprochener Worte ankommt, wird eine
kurze Nachhallzeit angestrebt. Um dem
Geräuschpegel entgegenzuwirken, wurden in den Decken der Wände
gelochte Gipskartonplatten verbaut. Die Perforierung trägt zur
Schallabsorption bei, indem sie wie ein
Resonanzkörper wirkt, wobei der Schall beim Eindringen an Energie
verliert.
In den Decken der Dachschrägen und an den oberen Bereichen der Wände des Unterrichts- und des Sporttrakts wurden ebenfalls gelochte Gipskartonplatten eingesetzt. Die vertikale und angeschrägte Montage trägt so zu einer besseren Raumakustik bei, da der Schall nicht nur an einer Fläche reflektiert wird.
Leise Laufen auf bunten Linoleumböden
Während im Bereich des Eingangs und Treppenhauses rosafarbener
Estrich als Bodenbelag gewählt wurde, kommt bei den Fluren,
Klassenräumen und im Sporttrakt Linoleum zum Einsatz. Dieser bietet
nicht nur eine große Farbvielfalt und ist gleichermaßen
schadstofffrei, robust und leicht zu reinigen, sondern vermindert
als weichfedernder Belag die Gehgeräusche. -kl
Bautafel
Architektur: FELT architecture & design, Gent
Projektbeteiligte: HP Engineers, Gent (Tragwerksplanung); Studio Basta, Kortrijk (Landschaftsarchitektur)
Bauherrschaft: Gemeinde Kortemark
Standort: Stadenstraat 14, 8610 Zarren / Belgien
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Stijn Bollaert / FELT