Sanierung des Düsseldorfer Schauspielhauses

Dachbegrünung einer Architekturikone aus den 1960er-Jahren

Das Schauspielhaus, in den Jahren 1965 bis 1970 nach Plänen des Architekten Bernard Pfau errichtet, bildet gemeinsam mit dem Dreischeibenhaus ein bedeutendes Ensemble der deutschen Nachkriegsarchitektur in Düsseldorf. Seine skulpturale Form zeichnet sich durch eine horizontale Schichtung gestaffelter Flachdächer und geschwungene, organische Formen aus. Die charakteristische weiße amorphe Fassadenverkleidung erinnert an die Formgebung von Alvar Aalto und wird lediglich im Erdgeschoss durch Glas- und Betonflächen unterbrochen. Die Vorderseite wirkt durch die nur spärlich mit kompakten Fenstern versehene Fassade geschlossen, zum Hofgarten hingegen – dem zentralen Park der Stadt – öffnet sich der Bau mit einer filigranen Glas-Stahl-Konstruktion.

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Trotz der unzweifelhaften Bedeutung des Theaterbaus für die Stadt und seiner unbestrittenen architektonischen Qualität, erhielt das Gebäude lange Zeit nicht die nötige Aufmerksamkeit. Aufgrund oberflächlicher und teils mangelhafter Sanierungsarbeiten aber auch infolge von allgemeinen Verfallserscheinungen, war das Gebäude nach mehreren Jahrzehnten bereit für eine Generalsanierung. Das Büro ingenhoven associates übernahm nach einem öffentlichen Vergabeverfahren die Sanierungsplanung für das Dach und die Fassade sowie als Direktauftrag die Planung der Publikumsbereiche des denkmalgeschützten Bauwerks. Dabei wurde der große Saal und wenige andere Teile des Hauses schon 2011 von PFP Architekten (heute Studio PFP) instandgesetzt. Der historische Bestand sollte gewahrt und dabei dem heutigen Stand der Technik angepasst werden. Es galt, die Gesamterscheinung möglichst originalgetreu wiederherzustellen.

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Reparatur statt Abriss

Nach 50 Jahren Bestand wurde dem Gebäude insbesondere die signifikante weiße Hülle fast zum Verhängnis. Die Halteklemmen, die der Befestigung der fein gewellten, bis zu 17 m hohen und nur 30 cm breiten Stahlelemente (verzinktes Stahlblech mit Kunststoffbeschichtung) an der Außenwand dienten, waren mit der Zeit korrodiert. Die Paneele aus Stahlblech, ohne Stoßfugen verbaut und mit einer eigens entwickelten Unterkonstruktion sowie einer speziell gefertigten Sonderklemme am Baukörper befestigt, ließen sich nicht ertüchtigen. Damit drohte der Abriss des gesamten Gebäudes, da für den Erhalt des Hauses die Fassade vollständig abgenommen und denkmalgerecht, aber ohne bauphysikalische Kompromisse erneuert werden musste – eine kostenintensive und sehr aufwendige Sanierung. Die Stadt und eine erfolgreiche Spendenkampagne des Schauspielhauses garantierten letztlich den Erhalt des markanten Theatergebäudes. Die Fassadenhaut wurde erneuert und durch leichte Aluminiumpaneele ersetzt.

Neuer Dachaufbau mit extensiver Begrünung

Die Sanierung der Dachflächen, die seit den frühen 1980er-Jahren an latenter Undichtigkeit litten, ist die visuell stärkste Veränderung der originalgetreuen Ertüchtigungsmaßnahmen. Doch fügt sich diese neue Dachgestaltung augenfällig gut zwischen dem ebenfalls begrünten und ebenfalls von ingenhoven geplanten Kö-Bogen II und dem Hofgarten ein. Der abschnittsweise realisierte neue Dachaufbau entspricht nun heutigen Wärme- und Dämmstandards, bewahrt aber – trotz der neu hinzugefügten extensiven Begrünung – Bauhöhe und Aussehen des Originals. Insgesamt konnte unter Berücksichtigung der statischen Verhältnisse und des erforderlichen Gefälles rund die Hälfte der insgesamt 5.450 Quadratmeter großen Dachfläche des Schauspielhauses begrünt werden.

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Das schlanke Dachbegrünungssystem zeichnet sich durch ein hohes Wasserspeichervermögen bei geringem Gewicht aus. Möglich macht dies eine eigens für Gründächer entwickelte Steinwolle, die anstelle der üblichen Substratschicht in das System integriert ist. Damit eignet es sich ideal für die der Sanierung älterer Dächer ohne statische Reserven und bei großen Industriedächern. Das Gründach trägt neben dieser technischen und gestalterischen Modernisierung auch zur Verbesserung des Stadtklimas bei.

Bautafel

Architektur: Bernard Pfau und ingenhoven associates, Düsseldorf
Projektbeteiligte: studio grüngrau, Düsseldorf (Freianlagen Gustaf-Gründgens-Platz, mit ingenhoven associates); Werner Sobek, Stuttgart (Tragwerksplanung, mit VDS Statik und konstruktiver Ingenieurbau, Düsseldorf / Fassadenplanung / Bauphysik, mit ISRW Dr.-Ing. Klapdor, Düsseldorf); HTW Hetzel, Tor-Westen + Partner Ingenieurgesellschaft, Düsseldorf (Technische Gebäudeausrüstung); Tropp Lighting Design, Weilheim (Lichtplanung); Optigrün (Dachbegrünung: System Leichtdach); Jakob Leonhards Söhne, Wuppertal (Dachbegrünungsarbeiten)
Bauherr*in: Landeshauptstadt Düsseldorf (Fassade); Neue Schauspiel GmbH (Publikumsbereich)
Fertigstellung: 2020
Standort: Gustaf Gründgens Platz 1, 40211 Düsseldorf
Bildnachweis: Optigrün und ingenhoven associates

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