Bambus Theater in Hengkeng
Naturnahe Theaterbühne im ländlichen Raum Chinas
DnA_Design and Architecture ließ sich für eine Theaterbühne von einer kreisförmigen Bambuskonstruktion aus dem 16. Jahrhundert inspirieren. Die naturnahe Bühne steht im Dorf Hengkeng in der chinesischen Provinz Zhejiang und wurde 2015 fertiggestellt. Die abgelegene, hügelige Region lebt noch immer von der Landwirtschaft und bewahrt ihre materielle und immaterielle Kultur trotz wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen.
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Xu Tiantian und die Akupunkturarchitektur
Xu Tiantian gründete 2004 in Beijing das Architekturbüro DnA_Design and Architecture, das sich auf die Revitalisierung alter Dörfer und Gemeinschaften in ländlichen Regionen Chinas spezialisiert hat. Mit ihrem Büro realisierte sie zahlreiche Projekte, darunter ein Seidenmuseum, eine Tofu-Fabrik und mehrere Wohngebäude. Die Projekte der Architektin verbinden traditionelle und moderne Bauweisen und bereichern die Landschaft mit neuen architektonischen Elementen.
Xu Tiantian beschreibt ihre Arbeit als Strategie der Nadelstiche, inspiriert von der traditionellen chinesischen Akupunktur. Durch gezielte Eingriffe werden Gemeinschaften und ihre Kultur in ländlichen Gebieten, besonders in der Provinz Zhejiang, bewahrt und wiederbelebt. Ihre architektonischen Interventionen berücksichtigen historische, soziale und kulturelle Aspekte und binden die lokale Bevölkerung aktiv in die Produktion und Instandhaltung der Gebäude ein. So entstehen auf der Grundlage lokaler Traditionen und vergessener Gewerbe neue Einkommensquellen.
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Baustoff Bambus
Bambus ist ein schnell wachsendes Gras, das in vielen Gärten Chinas, sowie in hügeligen Regionen – vor allem in lichten Wäldern – wächst. Durch seine starke Verbreitung und vielseitige Nutzung ist Bambus tief in der chinesischen Kultur verankert und gewinnt als nachwachsender Baustoff angesichts der zunehmenden Ressourcenknappheit wieder an Bedeutung. Neben dem schnellen Wachstum und der Verfügbarkeit zeichnet sich Bambus durch seine hohe Belastbarkeit aus: Es ist stabil, leicht und elastisch. Die Pflanze ist zudem kostengünstig zu kultivieren, ernten und transportieren. Nach der Verwendung kann das natürliche Baumaterial einfach kompostiert werden.
Fast jedes Dorf in Songyang, dem Landkreis Hengkengs, ist von einem Bambuswald umgeben, der nicht nur eine malerische Aussicht, sondern auch Freizeitmöglichkeiten bietet. Dort findet man unter anderem die Bambusart Mao Zhu, die in den Bergen wächst und sich durch eine hohe Widerstandsfähigkeit kennzeichnet. Ihre Wurzeln breiten sich horizontal aus und verbinden sich wie das Fundament eines Gebäudes. Mao Zhu kann auch nach dem Knicken oder Biegen weiterwachsen und kehrt in die ursprüngliche Position zurück, wenn die Verformung gelöst wird.
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Metabolische Architektur
Für das Bambustheater im Dorf Hengkeng hat Xu Tiantian mit Unterstützung der Dorfbewohner*innen einen gewölbten Raum mit einer kreisförmigen Öffnung geflochten und gebogen. Dieser Low-Tech-Biodesign-Ansatz nutzt das schnelle Wachstum und die Biegefähigkeit des Mao Zhu Bambus. Die metabolische Architektur erfordert nur wenig Pflege: Einmal im Jahr müssen jüngere Triebe in die bestehende Struktur eingeflochten und einige alte Stangen entfernt werden. Diese wartungsarme Konstruktion schafft einen gemeinschaftlichen Ort für dörfliche Aktivitäten und ein attraktives Touristenziel. Zusammen mit den halbrunden, unregelmäßig geformten Sitzmöglichkeiten aus Stein entsteht ein geschützter, naturnaher Raum für Theateraufführungen oder individuelle Meditation.
Für ihre innovative Arbeit erhielt Xu Tiantian 2023 den Berliner Kunstpreis der Akademie der Künste in der Sektion „Baukunst“.
Bautafel
Architektur: Xu Tiantian/DnA_Design and Architecture, China
Projektbeteiligte: Songyang Tourism Development Co., Ltd. (Projektentwickler);
Standort: Hengkeng Village, Songyang, Lishui, Zhejiang Province, China
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: Wang Ziling, Handan (Fotos); DnA_Design and Architecture, China (Pläne)
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