Wasserturm des Bahnbetriebswerks Berlin-Schöneweide
Kegeldach mit Altdeutscher Schieferdeckung
Wer im Südosten von Berlin an der S-Bahn-Station Johannistal
aussteigt, sieht ein im Wandel befindliches Gebiet mit
industriellen Brachflächen, gewerblichen Neubauten und weiten
Grünanlagen. Der südlich gelegene Landschaftspark
Johannistal/Adlershof verknüpft das überwiegend nach der
Jahrtausendwende entstandene Adlershof als Quartier für
Wissenschaft, Forschung und Industrie mit alten und neuen
Wohngebieten. Unweit der S-Bahn-Station bildet der Wasserturm des
Bahnbetriebswerks Berlin-Schöneweide eine Landmarke. Als Teil einer
größeren Bahnhofsanlage wurde er um 1904 errichtet. Das rund 28
Meter hohe Bauwerk mit kegelförmigem Dach und einer Laterne (oder
Dachreiter) als Turmspitze ist auch dank der neuen
Schiefereindeckung ein Blickfang. Die Sanierung erfolgte bis 2024
durch die Berliner Richter + Wittenbecher Architekten.
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Bahnbetriebswerk damals und heute
Sinn und Zweck des im frühen 20. Jahrhundert entwickelten Bahnbetriebswerks im Bezirk Treptow-Köpenick waren die Reparatur und der Unterhalt von Lokomotiven. In dem historischen Lokschuppen nordwestlich des Wasserturms befanden sich 1982 noch 60 Dampflokomotiven. Bis heute ist der halbkreisförmige Bau als Werkstatt der Eisenbahn in Betrieb; zugleich ist er Ausstellungs- und Veranstaltungsort. Die gesamte Anlage ist mittlerweile Teil eines festgesetzten Bebauungsplanes. Eigentümer und Betreiber ist der gemeinnützige Verein Dampflokfreunde Berlin. Er hat den Erhalt des Bahnbetriebswerks als Standort für Eisenbahngeschichte, städtebaulicher Akzent, Treffpunkt und technisches Denkmal zum Ziel. Dank Fördergeldern des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, des Landes Berlin, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und des Vereins selbst waren ab 2019 die Bestandserfassung und anschließende Sanierung aller Fassaden und Dächer des Wasserturms möglich.
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Zustand vor der Sanierung
Der rötlich-braune Mauerwerksschaft mit schmalen, einfach verglasten Fenstern war in seinem Ursprungszustand erhalten. Die Fassade um den Wasserbehälter und die Dachbekleidungen waren nach mehrfachen Instandsetzungen verändert und teils stark geschädigt. Ein Anbau am Fuße des Turmes in Form eines Kreissegments umfasst drei gleich große Räume. Das deutlich höhere, daran anschließende Treppenhaus erschließt zwei Ebenen innerhalb des Wasserturmes. Dessen weitere vertikale Erschließung befindet sich im Turm selbst. Alle Dächer waren mit Bitumenschindeln gedeckt; bauzeitlich zu erwarten war jedoch eine Deckung aus Schiefer. Die Restauratoren begaben sich auf Spurensuche und fanden Überreste der ursprünglichen Schieferdeckung in verdeckten Winkeln und einer Schürfe am Turmfuß.
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Historisches Tragwerk und Altdeutsche Schieferdeckung
Die bestehende hölzerne Tragkonstruktion der drei Dächer – oberhalb des Wasserbehälters, des Treppenturms und des Anbaus – wurde nur ergänzt und blieb erhalten. Vollständig erneuert wurden die Schalungen, Dachdeckungen, Entwässerungen und der Blitzschutz. Die Schiefer auf den überwiegend kegelförmigen Dächern sind als Altdeutsche Deckung ausgeführt. Die Deckweise erfordert eine Mindestdachneigung von 25°. Darunter liegt nur die Dachneigung des Anbaus mit 18°, sodass hier ein Unterdach erforderlich war. Im Übrigen variieren die Dachneigungen zwischen 36° und 69°. Die Sparren des Kegeldaches sind radial angeordnet. Darüber folgen eine 24 mm starke Holzschalung und eine besandete Bitumenbahn als Vordeckung. Entsprechend den Dachgeometrien wurden Platten zwischen 61/41 bis 25/25 cm verbaut. Die Schiefer stammen aus Spanien, aus der galizischen Grube Valdeorras.
Der Wasserturm Schöneweide erhielt eine Auszeichnung beim
Denkmalpreis Berlin 2024. -us
Bautafel
Sanierung (2024): richter+wittenbecher.architekten, Berlin (Ausführungsplanung); Planung (1903): Biedermann, Königliche Eisenbahndirektion Berlin
Projektbeteiligte Sanierung: Ch.Bode, Berlin (Restauratorische Bestandserfassung); BeSoTech, Schöneiche (Zimmermanns- und Dachdeckerarbeiten); Gerüstbau Tisch, Berlin (Gerüstbauerhandwerk); DIM Industrieservice Nord, Wildau (Metallbauerhandwerk); Fensterhandwerkstatt Tischlerei Näther, Berlin (Tischlerhandwerk); Rathscheck Schiefer und Dach-Systeme, Mayen (Schiefer Monumentum)
Bauherr: Dampflokfreunde Berlin
Standort: Wagner-Régeny-Allee 9, 12487 Berlin
Fertigstellung: 2024
Bildnachweis: richter+wittenbecher.architekten, Berlin
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