Casa Enso II in San Miguel de Allende
Mimese aus Naturstein
Nicht viele Orte besitzen eine so tief verwurzelte materielle Identität wie die mexikanische Region Guanajuato, in der die Verwendung von lokalem Naturstein nicht nur architektonisch, sondern auch im Bereich von Kunst, Alltag und Geschichte eine wichtige Rolle spielt. Hier, inmitten einer Steppenlandschaft in San Miguel de Allende, realisierte HW Studio die Casa Enso II, ein privates Wohnhaus, das Tradition und Moderne vereint und dabei mit seiner Umgebung verschmilzt.
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Ikonisches Vorbild
Formal erinnert der massive Bau an den Grundriss des ikonischen Kaufmann Desert House. Vier kreuzförmig angelegte Scheiben aus regionalem Natursteinmauerwerk gliedern das 250 Quadratmeter große Grundstück in vier Quadranten, die durch schmale Wege entlang der Mauerscheiben erschlossen werden. Die leicht abfallende Topografie des Grundstücks wird durch wenige Stufen überwunden. Im nordöstlichen Quadranten platzierten die Architekt*innen das rechteckige, eingeschossige Wohnhaus, das sich leicht in den Hang gräbt. Eine flache Dachscheibe aus Sichtbeton kragt deutlich über die Außenwände aus und schafft so einen geschützten Zugang zum Hauseingang sowie überdachte Aufenthaltsorte im Außenbereich.
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Fließende Räume
Der offene Grundriss des Bungalows wird durch gezielte Ausblicke gestärkt, die durch die zweiachsige Ausrichtung der Außenwände definiert werden. Ein zentraler Kern aus dunklem Holz teilt das Raumkontinuum in Gemeinschafts- und Privatbereich. Das zonierende Volumen beherbergt ein Bad sowie ein großzügiges Ankleidezimmer und nimmt zudem Teile der zweizeiligen Küche auf. Links und rechts davon verbinden zwei offene Flure das Schlafzimmer und den Wohnbereich miteinander.
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Ergänzt wird das überschaubare Raumprogramm durch einen kleinen Bürobau, den die Architekt*innen auf dem südöstlichen Quadranten anordneten. Der steinerne Kubus überragt den Wohnbau und schafft durch seine vertikale Präsenz einen markanten Kontrast. Die Wege zwischen den beiden Baukörpern zwängen zu einer ständigen Pilgerreise, so HW Studio, und bringen die Landschaft den Bewohner*innen als Teil des Alltags nahe. Die gleiche Philosophie erkennt man auch in den anderen zwei, nicht bebauten Quadranten. Diese sollen Besucher*innen und Bewohner*innen erlauben, Momentaufnahmen durch die schmalen Öffnungen in den Mauern einzufangen und die Natur wirken zu lassen.
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Tradition fortsetzen
Von der heroischen Geschichte um den Volkshelden Pípilas aus dem 19. Jahrhundert, über die historischen Aquädukte bis zu den heute noch genutzten Küchenutensilien aus Vulkanstein – Naturstein spielt eine entscheidende Rolle in der Region. Mit der Materialwahl für die Casa Enso II wollten die Architekt*innen diese Geschichte fortschreiben. Für die Umsetzung des anspruchsvollen Baus arbeiteten sie mit erfahrenen Handwerker*innen zusammen, die die Kunst und Tradition des Natursteinbaus beherrschen.
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Die Außenwände wurden mit Stahleinlagen bewehrt und in
traditioneller Art verbaut. Ihre Anordnung sorgt in Kombination mit
dem flachen Stahlbetondach für eine natürliche Aussteifung des
Gebäudes. Gegründet wurde mit Findlingen und grobem Schotter aus
lokalem Abbau. Das massige Mauerwerk verfügt aufgrund seiner
Rohdichte über eine gute Wärmespeicherfähigkeit,
die die thermische Behaglichkeit des Hauses ohne zusätzliche
Kühlmittel reguliert. Eine gut versteckte Photovoltaikanlage hilft
dabei, die CO₂-Emissionen zu reduzieren.
Bautafel
Architektur: HW-Studio, Mexiko
Bauherr*in: privat
Fertigstellung: 2022
Standort: San Miguel de Allande, Mexiko
Bildnachweis: César Béjar Studio (Fotos); HW-Studios (Baustellenfotos und Pläne)
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