Einfamilienhaus in Kottgeisering
Einstein-Mauerwerk mit Kellenwurfputz
Zwischen zwei denkmalgeschützten Villen des frühen 20. Jahrhunderts im bayrischen Kottgeisering ragt ein monolithischer Ziegelbau mit strukturiertem Putz in die Höhe. Es ist das Erstlingswerk des Architekten Felix Huber, der mit dem Projekt seine Selbstständigkeit aufgenommen hat. Der Entwurf des Wohnhauses der Familie Schwab entstand gemeinsam mit dem Bauherren Andreas Schwab, der ebenfalls Architektur studiert hat.
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Turmartig und irgendwie selbstverständlich steht der Neubau auf dem langen, schmalen Hanggrundstück. Um den alten Baumbestand erhalten zu können, entwarf Huber ein Volumen mit asymmetrischem, sechseckigem Grundriss und drei Vollgeschossen. Große, unregelmäßig platzierte Fensteröffnungen in unterschiedlichen Formaten prägen die ungewöhnliche Kubatur. Vom Wohnzimmer im obersten Stockwerk sehen die Bewohner über den Ammersee hinweg bis zum Kloster Andechs und zu den Alpen.
Eine gekieste Einfahrt erschließt das Grundstück, wo ein großes
quadratisches Fenster einen Einblick ins Erdgeschoss gewährt.
Betreten wird das Einfamilienhaus über einen schmalen Weg zwischen
Garage und Wohngebäude. Die Küche als Dreh- und Angelpunkt der
Familie liegt im Erdgeschoss und ist über raumhohe Schiebefenster
mit dem Garten verbunden. Im Haus finden sich fast ausschließlich
natürliche, massive und unbehandelte Materialien: helles
Eichenholz, weißer Putz und Sichtbeton werden von Deckenleuchten
und Armaturen aus rohem Messing ergänzt.
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Gemäß den Leitlinien des einfachen, ökologischen Bauens ist das Gebäude in Einstein-Ziegelbauweise ohne zusätzliche Dämmstoffe errichtet worden. Das Mauerwerk besteht aus 49 cm starken Hochlochziegeln. Damit erfüllt das Haus die energetischen Anforderungen des KfW 55-Effizienzhauses. Die Beschattung erfolgt teilweise über die tiefen Laibungen mit abwechselnd innen- oder außenbündig angeschlagenen Fenstern. Die öffenbaren Fenster mit hellen Holzrahmen sind innenbündig angeordnet, die rahmenlosen Festverglasungen wurden hingegen außenbündig platziert.
Neben Kubatur und Gebäudeöffnungen ist es vor allem der hellgraue Strukturputz, der die Fassaden und damit die Erscheinung des Gebäudes prägt. Er soll auf den Sockelputz der historischen Nachbargebäude verweisen. Ein Kirchenstuckateur hat dafür eine Kalk-Zement-Mischung entwickelt und mehrere Muster des Kellenwurfputzes erstellt, welche danach von der Denkmalpflege genehmigt wurden. Damit der Putz eine durchgängige Struktur und Handschrift erhält, wurde der Kellenwurfputz von nur einem Handwerker ausgeführt. Die Fassadengestaltung des Hauses zeigt, dass sich historische Putztechniken auch wunderbar für Neubauten eignen und einer modernen Formgebung zusätzlich Charakter verleihen können. -sh
Bautafel
Architektur: Architekturbüro Huber, Kempten
Projektbeteiligte: Merdian Baustatik, Durach (Tragwerk); Claudia Steinweg (Mitarbeit)
Bauherrschaft: Dorothee und Andreas Schwab
Fertigstellung: 2020
Standort: 82288 Kottgeisering, Deutschland
Bildnachweis: Florian Holzherr, Gauting
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