Haus Müngsten im Brückenpark bei Solingen
Cortenstahl an Dach und Fassade
Gallerie
Die Müngstener Brücke zwischen den Städten Remscheid und
Solingen überspannt seit 115 Jahren mit einer Stahlkonstruktion von
465 m Länge und 107 m Höhe das Tal der Wupper. 2006 wurde im Rahmen
der Bergischen Regionale der Brückenpark Müngsten geschaffen
(Entwurf Ateliers Loidl, Berlin), die Eisenbahnbrücke und die
ursprüngliche Flusslandschaft sind ebenso Bestandteile des Parks
wie verschiedene Neubauten. Im Mai 2010 öffnete nach 11 Monaten
Bauzeit das „Haus Müngsten“ als Ausflugs- und Veranstaltungslokal
seine Türen. Tore Pape von Pool 2 Architekten setzte damit den 1.
Bauabschnitt eines im Jahr 2008 entschiedenen
Realisierungswettbewerbs um. Diesen hatte das Kasseler
Architekturbüro mit seinem Konzept aus drei Gebäuden, dem „Haus am
Wasser“, dem „Haus am Hang“ sowie dem Gastronomiegebäude „Haus
Müngsten“, für sich entschieden.
Das viergeschossige Gebäude (KG, EG, OG und DG) mit Satteldach
befindet sich unmittelbar am Ufer der Wupper und orientiert sich
giebelständig zum Park. Es markiert seinen Start- bzw. Endpunkt.
Von weitem wirkt es wie ein konventionelles Satteldachhaus, beim
Näherkommen zeigt sich die Besonderheit: das als Sockel fungierende
Erdgeschoss scheint zur Wupper hin verschoben, das Obergeschoss
zurückversetzt (siehe Abb. 2, 3 und Schnitt). Prägend wirkt neben
der Kubatur ohne Dachüberstände, hauptsächlich der Werkstoff
Cortenstahl. Bei der Entscheidung für dessen Verwendung spielten
neben dem geringen Wartungsbedarf vor allem die gestalterischen
Aspekte eine Rolle: Das Material durchläuft – ebenso wie die
umgebenden Wiesen und Wälder – einen farblichen Wandlungsprozess
und stellt zudem einen inhaltlichen Bezug zur Stahlkonstruktion der
Brücke sowie zum industriellen Hintergrund des Tals und der Region
her.
Die Außenhaut der hinterlüfteten Fassade besteht aus 5 mm dicken
Cortenstahl-Tafeln. Über Haltepunkte auf ihrer Rückseite sind sie
an der Unterkonstruktion (Metallrahmen mit eingelegter, 16 cm
dicker Wärmedämmung) aufgehängt. Die Formate von ca. 2,00 x 4,00 m
zeichnen die Geschosse des Gebäudes nach. Die Oberfläche der Tafeln
entstand durch einen gleichmäßigen Korrosionsprozess, für den die
Walzhaut des Stahls abgebeizt wurde. Nach Ausbildung der Patina
kommt dieser Prozess nahezu vollständig zum Erliegen und die
rötlich leuchtende Oberfläche bietet dauerhaften, wartungsfreien
Schutz.
Im Erd- und Obergeschoss sind ein Restaurant und Cafe
untergebracht. Dabei öffnen sich die mit Holzfußböden
ausgestatteten Gasträume mit großen Fenstern zur Wupper- und
Parkseite und ermöglichen sehr schöne Blickbezüge zum umgebenden
Park. Während der große Saal im Erdgeschoss für Veranstaltungen
genutzt werden kann, befindet sich im Obergeschoss ein kleinerer
Clubraum sowie die Brückenlounge mit Panorama-Blick auf die
Müngstener Brücke. Außerdem verfügt das Gebäude über eine Terrasse
zur Wupper hin für die Außengastronomie. Diese ist vom Park aus und
vom in den Hang integrierten Sockelgeschoss erreichbar, in dem sich
die zentrale Küche befindet.
Im Dachgeschoss ordneten die Architekten eine große Wohnung an,
deren Belichtung über 2,50 m breite Einschnitte über den Traufen in den
Dachflächen erfolgt. So entstanden zwei Terrassen und keine
weiteren Fenster in den Fassaden- bzw. Dachflächen nötig. Die
Wohnung kann ebenfalls für Veranstaltungen gemietet werden.
Dach
Zur Unterstreichung der Kubatur und Materialität des Gebäudes wurde
die äußere Dachhaut analog zu den Fassaden in wetterfestem
Cortenstahl ausgeführt. Die in Form und Format baugleichen
Stahlplatten sind auf einer Grundkonstruktion aus Aluminium
gelagert, welche punktuell mit der Dachkonstruktion (Pfettendach
aus Holz und Stahl) verbunden ist. Die Dichtungsebene des Daches
liegt unterhalb der Cortenstahl-Dachhaut. Sie mündet in eine
traufseitige Rinne aus Aluminiumblech.
Der Dachaufbau von außen nach innen:
- Cortenstahltafeln 5 mm
- Unterkonstruktion Aluminium beschichtet
- Dachdichtung, zweilagig
- Schalung 20 mm
- Mineralfaserdämmung 320 mm, Wärmeleitfähigkeitsgruppe
040
- Sparren 120 x 320 mm
- Dampfsperre
- Gipskartondecke
Bautafel
Architekt: Pool 2 Architekten, Kassel
Projektbeteiligte: Lukas Droste Architekten, Kassel (Bauleitung); Reitz und Pristl Ingenieurgesellschaft, Kassel (Tragwerksplanung); Atelier Loidl, Berlin/Duisburg (Landschaftsarchitektur); Kissel-Rapid, Solingen (Rohbau); Riess, Solingen (Garten und Landschaftsbau); Zimmerei Matthias Brock, Hilden (Zimmerarbeiten); J+S Akustik- und Trockenbau, Ronneburg (Trockenbau); Müllenschläder, Solingen (Erd- und Grundleitungsarbeiten); Fa. Rentsch, Iserlohn (Elektro); Airtec, Gronau (Lüftung); Scholz Heizungstechnik, Solingen (Heizung/ Sanitär); Keskin Fensterbau, Troisdorf (Verglasung); Entedimension, Darmstadt (Innenausbau)
Bauherr: Lebenshilfe Solingen
Fertigstellung: 2010
Standort: Müngstener Brückenweg 71, 42659 Solingen
Bildnachweis: Dirk Krüll, Düsseldorf