Hotel auf Teneriffa
Begrünte trockenresistente Steildächer
Die kanarischen Inseln sind für ihr mildes Klima mit ganzjährigen Temperaturen zwischen 20 und 29 Grad bekannt. Doch während es im Norden der Insel Teneriffa regelmäßig zu Nieselregen kommt, der am Teide-Massiv entsteht, sind vor allem die Sommermonate im Süden der Insel ausgesprochen trocken. Umso mehr sticht die beeindruckende Steildachbegrünung des Hotels GF Victoria an der Costa Adeje, im Südwesten Teneriffas, ins Auge. Das 5-Sterne-Hotel wurde von Álvarez y de Miguel Arquitectos geplant und 2018 eröffnet.
Gallerie
Hotellandschaft auf Teneriffa
Eigentümerin des Hotels ist die Grupo Fedola (GF), ein kanarisches Familienunternehmen, das vor mehr als 60 Jahren gegründet wurde. Zu der Sparte GF Hoteles gehören fünf Häuser auf Teneriffa. Für die Dachgestaltung an der Costa Adeje, die Teil des Nachhaltigkeitskonzeptes ist, erhielt die Grupo Fedola, 2018 die Auszeichnung „Green Roof Influencer“. Außerdem stammen 90 Prozent des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen wie etwa Solarenergie. Ein kontrolliertes Abfallsystem schont die Umwelt.
Das Hotel GF Victoria ist eine von unzähligen Anlagen dieser Art, die die Küsten Teneriffas prägen. Der Haupteingang des Komplexes mit seinen architektonisch sehr abwechslungsreichen Ansichten befindet sich an der Plaza del Duque. Hier grenzen gleich mehrere Hotels an einen großen Kreisverkehr, in dessen Mitte ein Einkaufszentrum steht. Das sockelartige Erdgeschoss ragt teilweise aus dem leicht abschüssigen Gelände heraus und bietet hier Zugang für Warenanlieferungen und Müllentsorgung. Darüber befindet sich eine weitläufige Dachlandschaft mit gleich mehreren Swimmingpools, Sportplätzen, Wasserrutschen und Kletterwänden. Sie wird gegliedert von dem dreiarmigen, sandfarbenen Gebäudekörper, hinter dessen geräumigen Loggien sich 242 Luxus-Suiten verbergen. Zu der extravaganten Ausstattung gehört auch ein schwebender, gläserner Pool im siebten Obergeschoss.
Begrünte Steildächer: beeindruckend und nützlich
Begrünungen spielen innen wie außen eine große Rolle, sie finden ihren Höhepunkt in den begrünten Steildächern. Von der Straße bis hinauf über alle sieben Etagen zieht sich ein Teppich blühender Pflanzen an beiden Enden des langgestreckten Gebäudes. Bei der Steildachbegrünung, die zu den steilsten Begrünungen in Europa gehört, handelt es sich um eine trockenresistente Bepflanzung.
Die Dachbegrünungsflächen sind nicht nur ein Ausgleich für die Versiegelung des Bodens. Zudem filtern sie Staub und verringern Lärm. Außerdem wirken sie für die darunterliegenden Räume temperaturausgleichend, also wärmedämmend im Winter und kühlend im Sommer. Das spart nicht nur Energiekosten, sondern sorgt auch dafür, dass die Dachabdichtung vor den hohen Sommertemperaturen geschützt ist und eine längere Lebensdauer hat.
Insgesamt umfasst die Dachbegrünung ca. 1.000 Quadratmeter. Neben kleineren Flachdachbereichen dominieren optisch die begrünten Steildächer, die aus bautechnischer Sicht eine Herausforderung waren. Die Schubsicherung ist für steile Gründachflächen von entscheidender Bedeutung. Hier setze das Planungsteam auf einen Systemaufbau (Georaster), der Erosionsschutz und Schubsicherung für Dachneigungen von bis zu 35 Grad ermöglicht. Die Dachflächen des Hotels weisen jedoch teilweise sogar höhere Neigungen auf, die eine gesonderte Planung notwendig machten. Für diese steileren Flächen waren intensivierte Maßnahmen erforderlich, um auftretende Schubkräfte sicher in den Dachaufbau abzuleiten und ein Abrutschen zu verhindern.
Fester Halt dank Verbundsystem
Dementsprechend
montierte man auf den Steildächern mehr als 700 Schubhaltern in
Kombination mit passenden Traufprofilen auf der wurzelfesten
Dachabdichtung. Auf diese Weise entstanden auf der gesamten
Dachbreite dichte Reihen von Schubschwellen. Dazwischen wurden im
Anschluss Wasserspeichermatten und wabenförmigen Kunststoffelemente
verlegt. Die ca. 54 mal 54 Zentimeter großen und zehn Zentimeter
hohen Elemente bestehen aus Recycling-Polyethylen (HD-PE). Sie
werden ohne Werkzeuge ineinandergesteckt und bewirken einen
flächigen, stabilen Verbund. Ihr Eigenvolumen ist gering, daher
verbleibt ein vergleichsweise großer Raum zur Durchwurzelung. Das
ist wichtig, weil eine gute Durchwurzelung die Erosionsgefahr
reduziert. Die Wabenelemente wurden mit einem lokal hergestellten
Substrat bis zu einer Höhe von zwölf Zentimetern gefüllt. Bei dem
mineralischen Anteil des Substrats handelt es sich um magmatisches
Gestein der Vulkaninsel Teneriffa, während die organische
Komponente auf ein Kompostgemisch aus Grünschnitt und lokal
anfallender Maische zurückgeht.
Flächendeckende Bepflanzung gegen Erosion
Die
Substratschicht wurde vor Einbringung der Pflanzen durch den
Einsatz eines biologisch abbaubaren, organischen Klebers und mit
Netzen aus Kokosfasern gegen Wind- und Wassererosion gesichert.
Danach erfolgte eine möglichst rasche und flächendeckende
Bepflanzung, da Vegetationslücken Ansatzpunkte für Erosion bieten.
Im Gegensatz zu vorkultivierten Vegetationsmatten, die meist bei
der Begrünung von Steildächern verwendet werden, wählten die
Planenden des Hotel Victoria die Anpflanzung einzelner Pflanzen.
Hierbei war ein gut entwickeltes Wurzelwerk und eine besonders hohe
Pflanzdichte wichtig.
Dabei kamen endemische (also nur auf den Kanaren heimische) Pflanzenarten zu Einsatz, da sie bestens an das Klima vor Ort angepasst sind. Dazu gehören Balsam-Wolfsmilch und verschiedene Aeonium-Arten aus der Familie der Dickblattgewächse. Darüber hinaus nutzte man weitere trockenverträgliche Stauden und Sträucher aus warmen Regionen, wie etwa Lavendel, Thymian, Rosmarin und Prachtkerze.
Da Wasser auf Steildächern schneller abfließt als auf einem Flachdach, war die Bewässerung wichtig. Hier wurden zwei aufeinander abgestimmte Bewässerungssysteme mit Tropfschläuchen eingebaut. Sie sorgen in Verbindung mit den Wasserspeichermatten für eine optimierte Wasserversorgung mit geringstmöglichen Verbrauch, denn eine Sensorik misst die Feuchtigkeit im Substrat und reguliert die Bewässerung dementsprechend.
Dachaufbau (von außen nach innen; siehe Grafik)
- Pflanzebene
- Kokosfasernetz
- Substrat, Höhe ca. 120 mm
- Kunststoffelemente (Georaster), verfüllt, Höhe ca. 100 mm
- Wasserspeichermatte (WSM 150), Dicke ca. 17 mm
- Schubschwellen (Schubfix LF 300), Höhe ca. 100 mm,
in Kombination mit Traufprofilen (TRP 80), Höhe 80 mm - Dachaufbau mit wurzelfester Abdichtung
Bautafel
Architektur: Álvarez y de Miguel Arquitectos, Santa Cruz de Tenerife
Projektbeteiligte: ZinCo, Nürtingen; Impermeabilizaciones Machado, Santa Cruz de Tenerife
Bauherr/in: GF Hoteles, Santa Cruz de Tenerife
Standort: Calle Fernando Lopez Arvelo 1, 38679 Costa Adeje, Santa Cruz de Tenerife
Fertigstellung: 2017
Bildnachweis: ZinCo, Nürtingen; Impermeabilizaciones Machado, Santa Cruz de Tenerife