Wohnhaus in Jalisco
1960er-Jahre-Bau mit neuer Fassade aus blau-weiß gemusterten Talavera-Fliesen
Wenig zurückhaltend zeigt sich das von dem italienischen Architekten Peter Pichler sanierte Wohnhaus im mexikanischen Bundesstaat Jalisco. Es handelt sich um ein zweigeschossiges Gebäude aus den 1960er-Jahren mit einer Fläche von insgesamt 210 Quadratmetern. Von seinem ursprünglichen Erscheinungsbild ist nach dem Umbau nicht viel geblieben, stattdessen verliehen die Architekten dem Haus ein expressives und von starken Kontrasten geprägtes Äußeres.
Gallerie
Das Gebäude liegt an einer ruhigen Straße in einem kleinteiligen Wohnviertel in Strandnähe. Der Eingang befindet sich an der nach Westen gelegenen Schmalseite. Ihm vorgelagert ist ein kleiner Garten, rückseitig gibt es einen schmalen Hof. Dieser grenzt direkt an das zweigeschossige Nachbargebäude an und gewährleistet die natürliche Belichtung der hinteren Räume. Den gleichen Zweck erfüllt ein kleiner Lichthof im Gebäudeinneren. Zur Straße hin öffnet sich das Haus mit großflächigen, bodentiefen Verglasungen, die mit weißen Falttüren aus Aluminium verschlossen werden können. An dieser Seite springt die linke Fassadenhälfte im Erdgeschoss deutlich vor, im Obergeschoss ist sie zurückversetzt. Davor verläuft ein gebäudebreiter Balkon mit Meerblick, der im Erdgeschoss als Vordach dient.
Hinter der mittig angeordneten Eingangstür liegt der große offene, teils zweigeschosshohe Wohnraum; links die nur durch eine kurze Wandscheibe abgetrennte Küche mit Essplatz. Im hinteren Gebäudeteil befinden sich zwei Zimmer mit je einem kleinen Bad bzw. einem WC. Über eine Wendeltreppe geht es vom Wohnraum ins Obergeschoss, wo ein weiteres Zimmer, ein weiteres WC und der Hauptschlafraum mit angeschlossenem großen Badezimmer untergebracht sind.
Bei der Innenraumgestaltung setzten die Architekten auf klare Materialität. Die weiß verputzten Wände und dunkelgrau marmorierten Sichtestrichböden kombinierten sie mit stark gemasertem Holz in einem warmen Braunton. Aus ihm sind Türen, Fensterrahmen und -läden gefertigt, außerdem einige Möbelstücke wie beispielsweise die Rückwand eines Bettes, dessen Liegefläche aus demselben dunkelgrauen Sichtbeton besteht, wie die Waschtische in den Bädern.
Fliesen
So rau und puristisch die
Innenräume gestaltet sind, so verspielt präsentieren sich die
Fassaden. Sie sind vollständig mit ornamental gemusterten,
weiß-blauen Talavera-Fliesen verkleidet, die in einer kleinen
Manufaktur in Guadalajara von Hand gefertigt wurden. Talavera ist
ein geschützter Begriff und bezeichnet eine spezielle, häufig
farbenprächtig bemalte Keramikart mit milchig-weißer
Untergrundlasur aus Mexiko. Für ihre Herstellung dürfen
ausschließlich Ton- und Sandarten aus den Regionen Amozoc und
Tecali verwendet werden. Vor dem Auftrag der Untergrundglasur
werden die Rohlinge bei 850 Grad gebrannt, danach von Hand bemalt
und schließlich ein zweites Mal gebrannt. Der gesamte Prozess nimmt
drei bis vier Monate in Anspruch und birgt ein hohes Bruchrisiko.
Talavera-Fliesen dürfen nur von zertifizierten Manufakturen
hergestellt werden.
Für die Fassade des Wohnhauses wählten die Architekten ein sternenförmiges Ornament, das sich aus jeweils vier 15 cm großen, quadratischen Talavera-Fliesen zusammensetzt und sich unzählige Male wiederholt. Die Beschränkung auf die traditionell verwendeten Farben Weiß und Kobaltblau nehmen der ornamentalen Gestaltung etwas von ihrer Verspieltheit und verhindert, dass die Fassaden überladen wirken.
Die Fliesen wurden direkt auf der einschaligen Warmfassade
verklebt. Durch den Verzicht auf eine vorgehängte Fassade und dem
somit schmaleren Wandaufbau konnte erreicht werden, dass die
Fliesenfläche fast bündig mit den Fenstern und Türen abschließt.
Die Sichtkanten der aus Beton bestehenden Außenwände und des Daches
sind unverkleidet geblieben und bilden eine rahmende,
kontrastierende Einfassung des Fliesenbildes.
Bautafel
Architekten: Peter Pichler Architecture, Mailand
Bauherr: privat
Standort: Jalisco, Mexiko
Fertigstellung: 2016
Bildnachweis: Oscar Hernandez