Einfamilienhaus in Beniaján
Fliesen vermitteln zwischen Vergangenheit und Zukunft
Noch geht es gemächlich zu in Beniaján, einem kleinen Ortsteil im Osten der südspanischen Stadt Murcia. Die wichtigste Einnahmequelle des Ortes ist die Produktion von Zitrusfrüchten, die weltweit exportiert werden. Doch wie in den meisten Großstädten Europas wächst die Bevölkerung Murcias stetig. Es wird also nicht mehr lange dauern, bis die Hochhäuser auch bis nach Beniaján vorrücken, ist die Architektin Laura Ortín überzeugt. Die Fliesenfassade des Eigenheims, das sie für eine dort lebende Familie entwarf, gestaltete sie auch aus diesem Grund als eine Reminiszenz an die traditionelle Architektur der Region.
Gallerie
Der eingeschossige Baukörper hat eine Grundfläche von zwölf mal zwölf Metern und schließt mit einem Flachdach ab. Die Öffnungen sind dunkel gerahmt, bodentiefe Schiebefenster erlauben an zwei Stellen den Gang ins Freie. Der Eingang liegt annähernd mittig in der Südfassade und führt direkt in den offenen Koch-, Ess- und Aufenthaltsbereich. Dieser ist L-förmig organisiert und besetzt die gesamte Süd- und Westseite. Die zwei Bäder und zwei Schlafzimmer sind kompakt zusammengefasst und lagern sich an den Wohnbereich an. Rückwärtig befindet sich auf einer keilförmigen Grundfläche ein Garten mit kleinem Pool, der patioartig durch eine weiß getünchte, überkopfhohe Mauer umschlossen ist. Zur Straße hin wird das Grundstück von einem Zaun aus lindgrünen Metallelementen gefasst. Dieser ist allerdings perforiert und erlaubt daher in geringem Maße Durchblicke. Das durch die unterschiedlich starke Perforierung erzeugte Muster verweist auf die umliegende, grüne Hügelkette.
Der Bau zeigt Referenzen auf die gebaute und natürliche Umwelt, schottet sich aber gleichzeitig auch von seiner Umgebung ab. Somit bietet das Haus Rückzug und Geborgenheit – auch dann noch, wenn der Stadtteil womöglich urbaner und damit voller und lauter wird. Das Innere hingegen ist licht und luftig gehalten: Cremefarbene Wände und weiße Decken sowie Böden und Einbauten aus hellem Holz vermitteln eine einladende und zeitgemäße Atmosphäre.
Fliesen: Tradition zeitgemäß interpretiert
Trotz seiner einfachen Kubatur wirkt das kleine Gebäude aufgrund der verspielten Fliesenfassade sehr markant. Die hexagonförmigen Porzellanfliesen haben einen Durchmesser von 20 cm und bedecken die gesamte Gebäudehülle. Verwendet wurden Elemente in drei Farben, Weiß, Grau und Schwarz, die in regelmäßigem Muster verlegt wurden. Die unglasierten Fliesen sind leicht marmoriert und muten bei näherer Betrachtung wie Zement an. Das Muster wurde an den Gebäudekanten fortlaufend verlegt, sodass die Außenhaut wie aus einem Guss erscheint.
Die Keramik harmoniert mit den Betonsteinen in der Auffahrt, aus deren Verlegung sich neben Zacken und Rauten auch Hexagone herauslesen lassen. Der Boden der umliegenden Außenbereiche ist zum Teil mit großformatigen, quadratischen Fliesen in Dunkelgrau belegt, die sich gegenüber den Fassadenfliesen zurücknehmen.
Auch wenn die Materialwahl ein Verweis auf die traditionelle Fassadenbekleidung der Region ist, ist die Hülle doch zeitgemäß gestaltet, wodurch das Gebäude eindeutig im Heute verankert wird. Somit zeugt die Erscheinung des Hauses nicht nur von der Verbundenheit mit dem Bestehenden, sondern auch von dem Wandel, der dem Viertel womöglich bevorsteht.
Bautafel
Architektur: Laura Ortín Architecture, Murcia
Projektbeteiligte: Construcciones y Reformas Sanmartín, Torreaguera, Murcia (Bauunternehmer); Equipe Cerámicas, Figueroles (Fliesen)
Bauherrschaft: privat
Fertigstellung: 2017
Standort: Beniaján, Murcia, Spanien
Bildnachweis: David Frutos, Murcia; Laura Ortín Architecture