Sozialer Wohnungsbau in Budapest
Fassadenkeramik aus dunkelbraunen Spaltklinkerplatten
In Józsefváros, einem der ältesten Bezirke im Zentrum der ungarischen Hauptstadt Budapest, ist in den letzten Jahren einiges passiert. Galt das Viertel bislang als von Armut, Kriminalität, Drogen und Prostitution geprägt, hat es sich mittlerweile zu einem der begehrtesten Wohnquartiere der Stadt entwickelt. Der Grund dafür liegt in der staatlichen Förderung: Nirgendwo sonst in Ungarn wurde mehr Geld in die Sanierung von Bestandsbauten und in die Förderung sozialer Wohnprojekte gesteckt als hier. Einer der Neubauten entstand in der Práter Straße 30 im Süden des Viertels nach einem Entwurf des ortsansässigen Architekturbüros Plant.
Gallerie
Der Komplex besteht aus zwei unterschiedlich hohen Baukörpern, die jeweils einem bestehenden Wohnblock angegliedert sind. Ein Neubau ist L-förmig und siebengeschossig ausgebildet und liegt quer zur Straße. Der andere ist sechs Geschosse hoch und liegt als Riegel längs zu ihr. Dazwischen befindet sich ein breiter Durchgang, der den Weg in den begrünten Innenhof freigibt. Im Grundriss klar und einfach gegliedert, bietet der Gebäudekomplex Wohnungen unterschiedlicher Größe auf einer Gesamtfläche von 2.065 m². Daneben beherbergt er auf 330 m² Läden und Büros, im Keller ist eine Tiefgarage angeordnet. Alle Wohnungen sind mit schmalen, raumhohen Fenstern bzw. Türen ausgestattet; schlichte Eisengeländer sorgen für die notwendige Absturzsicherung. Auf beiden Baukörpern befindet sich je eine große Dachterrasse, von der aus die Mieter den Blick auf die Altstadt und den Gellértberg genießen können.
In ihren Volumen und Höhen den Nachbarbebauungen angepasst, stechen die Neubauten vor allem durch ihre Fassadengestaltung aus der Umgebung heraus: Eine Verkleidung aus dunkel glänzenden Klinkerplatten in unterschiedlichen Brauntönen wird von verschieden tiefen, stegartigen Auskragungen in Form sehr heller Sichtbetonplatten durchbrochen. Ein paar von ihnen dienen als Balkone, andere sind als kleine Vordächer über den Fenstern ausgebildet. Manche dieser Auskragungen sind so lang, dass sie bis zum gegenüberliegenden Gebäude reichen und als eine Art Brücke zur internen Verbindung zwischen beiden Neubauten dienen. Ein weiteres Gestaltungselement der Fassade sind die weiß gerahmten Fenster, die sich in einem unregelmäßigen Rhythmus über den Gebäudekomplex verteilen und ihm eine gewisse Dynamik verleihen. Den oberen Abschluss des Hauses bildet das mit Metall gedeckte Dach, das in unterschiedlichen Neigungen traufenlos ausgebildet ist.
Fliesen und Platten
Der gesamte Gebäudekomplex ist von einer dunkelbraunen Schicht aus
keramischen Spaltklinkerplatten im Format 24 x 11,5 x 1 cm umhüllt.
Die Architekten entschieden sich für dieses Material, weil es
langlebig, widerstandsfähig und schmutzresistent ist. Es besteht
aus Ton und mineralischen Zuschlägen, die unter hohem Druck
gepresst und oberhalb der Sintergrenze bei circa 1.000 bis 1.100 °C
gebrannt wurden. Der Brennprozess verleiht den grobkeramischen
Produkten Härte und Frostbeständigkeit sowie eine leicht
reliefartige Oberfläche, die ihnen im Zusammenspiel mit den
unterschiedlichen Brauntönen einen natürlichen Charakter
verleihen.
Konstruktiv handelt es sich bei diesem Wohnhaus um einen
Stahlbetonbau mit Wärmedämmverbundsystem (WDVS), auf das die
Spaltklinkerplatten vollflächig verklebt wurden. Stege auf der
Plattenrückseite sorgen für einen dauerhaft sicheren Zusammenhalt
mit dem Untergrund. Die geringe Wasseraufnahme der
Keramikverkleidung verhindert, dass Feuchtigkeit in die
dahinterliegenden Schichten der Bausubstanz eindringen
kann.
Bautafel
Architekten: Plant – Atelier Kis Péter, Budapest
Projektbeteiligte: FRT Raszter Mérnökiroda, Budapest (Bauausführung); s73 – Sándor Mohácsi, Péter Balogh (Grünplanung); mTm Mérnökiroda, Budapest (Tragwerksplanung); Hochplan, Budapest (Elektroplanung); Dr. Elekné Karsai, Budapest (Bauakustik); Ammonit Keramik, Ostercappeln (Fassadenplatten)
Bauherr: Budapest Józsefváros Municipality
Fertigstellung: 2008
Standort: Práter utca 30, Budapest
Bildnachweis: Zsolt Batár, Dániel Németh, Joost van Beek und Sándor Szabó, Budapest