Wohnanlage Life in Brescia
Dreidimensionale Steinzeugfliesen in schillerndem Grünblau
Wie vielerorts hat der industrielle Strukturwandel auch in der italienischen Provinzhauptstadt Brescia innerstädtische Brachflächen entstehen lassen, die heute für eine Neunutzung zur Verfügung stehen. Eines dieser ehemaligen Industrieareale liegt am südwestlichen Rand der Altstadt. Dort, wo es früher laut und schmutzig zuging, wächst ein neues Stadtquartier mit hoher Aufenthaltsqualität aus dem Boden. Den Auftakt bildet die Wohnanlage Life. Sie besteht aus sechs viergeschossigen Häusern und soll künftig 291 Wohneinheiten mit einer Gesamtfläche von knapp 26.500 Quadratmetern aufnehmen. Bisher sind zwei der Gebäude (Nr. 12 und 13) fertiggestellt. Geplant wurden sie vom Architekturbüro 5+1AA aus Genua.
Gallerie
Während die vier derzeit noch im Bau befindlichen Häuser parallel zur Via Eritrea im Westen des Planungsgebiets verlaufen, fassen Haus 12 und 13 von drei Seiten einen begrünten Platz im Zentrum der Wohnanlage – Haus 12 als Riegel im Norden; Haus 13 als L-förmiger Baukörper im Osten und Süden (siehe Abb. 19). Nach Abschluss der Baumaßnahmen soll die Grünfläche den Übergang zwischen dem dicht bebauten Zentrum Brescias und der heterogenen Bebauung der Umgebung herstellen.
Beide Gebäude erinnern mit ihrer kleinteiligen Fassadengestaltung sowie den Vor- und Rücksprüngen an Reihen- oder Townhäuser. Neben verputzten Flächen in Weiß und Hellgrau wählten die Architekten grün-bläulich changierende Fliesen, sechseckige Faserzementschindeln in Dunkelgrau, rechteckige Faserzementplatten in Marineblau und filigrane Holzlamellen. Dazu kommen Roll-, Klapp- und Schiebeläden mal aus Holz, mal aus Aluminium sowie Flach- und unterschiedlich geneigte Pultdächer. Das unregelmäßige Wechselspiel bricht die kompakte Blockstruktur der Häuser auf und sorgt für ein lebendiges Erscheinungsbild.
Alle Wohnungen verfügen über einen (französischen) Balkon, eine Terrasse, eine Loggia oder einen kleinen Garten. Wände und Decken sind weiß gestrichen, Fensterrahmen und Böden bestehen aus Holz. Für viel Tageslicht sorgen große, bodentiefe Fenster – auch in den Bädern. Hier setzen dieselben schillernden Fliesen, die auch an den Fassaden zum Einsatz kamen, Farbakzente als Einfassungen der Badewannen.
Fliesen und Platten
Die Fliesen für dieses Projekt sind Spezialanfertigungen aus
glasiertem Steinzeug, die der Keramikhersteller in enger
Zusammenarbeit mit den Architekten entwickelte. Ihre
dreidimensionale Form ist einem Diamanten nachempfunden und
entspricht der einer Rechteckpyramide mit außermittiger Spitze
(Abb. 18). Es gibt drei verschiedene Ausführungen, alle im Format
10 x 20 Zentimeter, alle in einer Stärke von rund einem Zentimeter.
Um die Handhabbarkeit bei der Verlegung an den Fassaden zu
erleichtern, wurden im Werk je drei Fliesen in der Länge und sechs
in der Breite zu einem 60 x 60 Zentimeter großen Keramikpaneel
zusammengefügt.
Die Anordnung der einzelnen Fliesen erfolgte nach einem
zufälligen Muster. Zusammen mit der dreidimensionalen Form und der
reflektierenden Glasur sorgt es für ein je nach Blickwinkel und
Lichteinfall vollkommen anderes Aussehen der gefliesten Fassaden.
An einigen Stellen metallisch glänzend und die Umgebung spiegelnd,
erscheinen sie an anderer Stelle dunkel und matt. Wie bei einem
Chamäleon verändern sie auch ständig ihre Farbigkeit: die Palette
reicht von Gelb über Weinrot zu Blau und Grün. Die minimalen
Fugen
zwischen den einzelnen Fliesen sind kaum sichtbar und auch die
geradlinig durchlaufenden Fugen der großformatigen Paneele
beeinträchtigen das Erscheinungsbild nicht.
Bautafel
Architekten: 5+1AA, Genua/Paris
Projektbeteiligte: Ai Engineering, Turin (Planung Tragwerk und HLKS); Costruzioni Sandrini, Brescia (Bauunternehmen); Piemonte Parquet, Rovasenda (Holzfassade); Casalgrande Padana, Casalgrande (Fliesen)
Bauherr: Regolo und Draco, Brescia
Fertigstellung: 2014
Standort: Viale Italia/Via Somalia, Brescia
Bildnachweis: Ernesta Caviola und Luc Boegly, Paris