Weleda Cradle Campus in Schwäbisch Gmünd
Stampflehm und Holz, Gründach und Photovoltaik
Naturkosmetik ist das Metier der Firma Weleda, die seit ihrer Gründung vor über hundert Jahren enorm gewachsen ist. Die zuvor an verschiedenen Standorten in Schwäbisch Gmünd verteilten Anlagen des Unternehmens sind nun in einem mehrgliedrigen Neubau vereint. Ziel war es, einen Campus zu schaffen, der Mensch, Natur und Produkte in Einklang bringt, ein Vorzeigebeispiel für nachhaltige Industriestrukturen ist –auch in Bezug auf Ergonomie und Produktivität. Das Ulmer Architekturbüro Michelgroup plante den dreiteiligen Komplex am nordöstlichen Rand eines Gewerbegebietes mit Blick auf die Schwäbische Alb.
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Blickfang in Lehm und Holz
Im Vordergrund standen die städtebauliche Entwicklung und Interaktion mit der umgebenden Landschaft. Erschlossen wird das Gelände von Westen, das Verwaltungsgebäude macht den Auftakt. Das mittlere Funktionsgebäude ist über einen verglasten Gang mit dem Hochregallager an der Ostseite verbunden. Eingesetzt wurden vorrangig Materialien mit einer positiven Ökobilanz, darunter nachwachsende Baustoffe. Die Dachflächen werden für die Gewinnung erneuerbarer Energien genutzt.
Für das neue Hochregallager kommen traditionelle Bautechniken
und Materialien wie Stampflehm und Lehmstuck zum Einsatz –
besonders nachhaltige und klimafreundliche Materialien. Mit
beeindruckenden acht Meter hohen Lehmbauwänden war der
Weleda-Campus kurzzeitig die größte Lehmbaustelle Europas. Der aus
der Baugrube gewonnene und aufbereitete Lehm gleicht auf natürliche
Weise Temperatur und Luftfeuchtigkeit aus.
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Minimierte Haustechnik und erneuerbare Energien
Die Lehmwände sind auf einem Stahlbetontrog errichtet, der fünf
Meter tief ins Erdreich gründet. 18 Meter hohe, gedämmte
Holzfassaden setzen die Lehmwände nach oben hin fort. Das hölzerne
Hochregallager fasst rund 17.000 Paletten. Insgesamt wurden rund
5.800 Kubikmeter Holz aus der Steiermark und dem Schwarzwald
verwendet. Sämtliches Holz ist unbehandelt, lediglich die Fassade
ist mit einer vorvergrauenden Lasur behandelt. Die Nutzung von Holz
und Lehm ermöglichte es, auf den Einbau von Haustechnik im
Hochregallager zu verzichten. Feuchtigkeit und Temperatur
regulieren sich selbst; fünf vollautomatisierte Lagergassen
produzieren die notwendige Zirkulation der Luft.
Die geothermische Wärme- und Kälteversorgung über eine reversible Wärmepumpe stellt eine C0²-freie Versorgung sicher. Dach- und fassadenintegrierte Photovoltaiksysteme mit einer Fläche von ca. 10.000 Quadratmetern liefern den Strom, ein Wassermanagementsystem minimiert die Menge von abfließendem Niederschlagswasser.
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Flachdächer mit Photovoltaik und Begrünung
Das Hauptdach besteht aus einer 60 mm starken Brettsperrholzdecke, auf der eine Notabdichtung sowie eine Dampfsperre aufgebracht sind. Darüber sind 320 mm Wärmedämmung verlegt, die ein 2%iges Gefälle schaffen. Es folgt eine Dachabdichtung aus FPO-Kunststoffbahnen. An oberster Stelle ist eine PV-Anlage aufgebracht mit dazugehöriger Unterkonstruktion.
Das Gründach auf dem Verwaltungsgebäude ist als Umkehrdach gebaut. Oberhalb der 350 mm starken Stahlbetondecke mit Bitumenvoranstrich ist die erste Abdichtungslage aufgebracht. Die zweite Abdichtungslage ist eine 2,5 mm starke Polymerbitumenbahn auf der 240 mm dicken Wärmedämmung aus XPS-Hartschaum. Darüber liegt ein wasserableitendes Dachvlies speziell für Umkehrdächer. Es folgen Schutzlage (6 mm), Dränelement (60 mm), Filterschicht (3 mm) und zuletzt die Intensivbegrünung bzw. der Terrassenbelag.
Bautafel
Architektur: Michelgroup, Ulm
Projektbeteiligte: Büro Hink Landschaftsarchitektur, Sindelfingen (Freianlagen); ZRS Ingenieure, Berlin (Tragwerksplanung Stampflehm/Fachplanung Lehmbau); Bauer + Partner, Ulm (Tragwerksplanung Stahlbeton); merz kley partner, Dornbirn (Tragwerksplanung Holzregal / HRL); Transsolar Energietechnik, Stuttgart (Energieplanung); TÜV Süd Industrie-Service, Ulm (Brandschutz)
Bauherr/in: Weleda Immobilien, Schwäbisch Gmünd
Fertigstellung: 2024
Standort: Lise-Meitner-Straße 25, 73529 Schwäbisch Gmünd
Bildnachweis: Michelgroup, Elias Hassos
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