Wohn- und Geschäftshaus Bundesallee 215 in Berlin
Neubau mit modularer Energiefassade
Mit dem Wohn- und Geschäftshaus Bundesallee 215 vereint der Architekt Michael Kunat scheinbar Gegensätzliches: Er holt maximal viel Nutzfläche aus dem Grundstück heraus, schafft wandlungsfähige und damit lang nutzbare Räume, vergrößert den Grünanteil am Gebäude und zielt damit auf ein verbessertes Mikroklima und mehr Ressourcennachhaltigkeit.
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Enges Grundstück, schwierige Belichtung
In der Wilmersdorfer Bundesallee war im Hinterhof ein ca. 700 m² großes Baugrundstück frei. Das Terrain liegt zentral und ist für unterschiedliche Nutzungen interessant, aber baurechtlich und in der Belichtung schwierig. Der Eigentümer, der Berliner Investor Fortuna Familia, schrieb einen Wettbewerb zur Bebauung des Areals aus, den das Büro Kunat Architekten mit seinem Entwurf für ein siebengeschossiges Wohn- und Geschäftshaus für sich entschied.
Bauvolumen mit zahlreichen Versprüngen
Der Entwurf reizt das mögliche Bauvolumen aus und schafft insgesamt 1.800 m² Fläche – Platz für 18 Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen und vier Büros. Die Gebäudekanten folgen den baurechtlich und für die Belichtung notwendigen Abständen. Die Kubatur, die daraus resultiert, verspringt über die Gebäudelänge und staffelt sich in der Höhe zurück. Statisch ist das kein Problem: Das Gebäude ist eine Stahlbetonskelettkonstruktion mit einem aussteifenden Treppenkern. Das ermöglicht mäandernde Gebäudekanten und eine freie Einteilung und Umnutzung der Grundrisse. Aber für das harmonische Erscheinungsbild ist die unruhige, große Kubatur im Hinterhof eine Herausforderung. Die Architekt*innen machten aus der Not eine Tugend und aus der Fassade ein wandelbares Patchwork, indem sich die Kubatur optisch auflöst.
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Module in Aluminium-Fassade
Die Aluminium-Fassade besteht aus vorgefertigten, aufrechten Rahmen. Sie rastern die Fassade einheitlich, sind aber mit unterschiedlichen Modulen gefüllt: Teilweise sind Holz-Aluminium-Fenster mit Dreischeibenverglasung, Außenrollos und integrierter Glasbrüstung montiert; teilweise sind sie mit Photovoltaik-Zellen, Lamellen aus Kebonyholz oder mit einer Vertikalbegrünung bespielt. Kebonyholz ist Kiefernholz, das mit Alkohol behandelt wurde und daher witterungsresistent bleibt. Fenster und Module sind einzeln in die Rahmen geschraubt und lassen sich tauschen oder ersetzen. Auf diese Weise folgt die Fassade der flexiblen Organisation des Grundrisses: Wenn eine neue Nutzung eine andere Fassadenaufteilung benötigt, oder wenn bessere Technologien zur Verfügung stehen, dann kann die Fassade jederzeit anders bestückt werden.
Leitungsanschlüsse für Plug-In-Module
Die technische Infrastruktur wie die Verkabelung der Solarmodule und die Leitungen zur Bewässerung der Pflanzmatten mit Moosen und Gräsern liegen in den schmalen Aluminiumlisenen. Diese haben jeweils an gleicher Stelle einen Auslass für die Kabel und Leitungen, sodass die Module als Plug-in in jedes Feld passen. Die Leitungen und Kabel bündeln sich in der Verkleidung der Deckenplatten und gehen von dort in die Haushaltskreisläufe von Strom und Wasser über.
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Solarer Strom für die Beleuchtung
Der Strom aus den PV-Modulen fließt in die Beleuchtung des Gebäudes und der Grünanlagen. Die Photovoltaik deckt damit einen Teil des jährlichen Strombedarfes des Gebäudes. Der Anteil der PV-Module lässt sich nachträglich erhöhen, Stromabnehmer gäbe es genug: In der Tiefgarage sind vierzehn Ladestationen für E-Autos installiert. Die Gegensprech- und Schließanlage der Tür ist elektronisch smart gesteuert und mit einer Kamera ausgestattet. Die Zugänge zum Gebäude erfolgen schlüsselfrei über Transponder-Technik oder Code. Auch die Paketstation im Hausflur ist elektronisch gesteuert und kommuniziert ans Handy der Bewohnerinnen und Bewohner. Hinzu kommt der Strombedarf durch die Büronutzung. Auch wenn mehr Solarmodule möglich wären – die Mischung unterschiedlicher Module erhöht die Synergieeffekte: Strom gewinnen einerseits, andererseits CO₂-Reduktion, Verbesserung von Mikroklima und Biodiversität auf dem Grundstück, sowie gute Belichtung der Räume.
Bautafel
Architektur: KUNAT Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Haack Baumanagement, Berlin (Projektsteuerung), PfeiferINTERPLAN, Cottbus (Tragwerksplanung + Brandschutz), HDH Ingenieure (TGA), Studio Dinnebier, Berlin (Lichtplanung), LA.BAR Landschaftsarchitekten bdla, Berlin (Landschaftsarchitektur), Lindner Building Envelope, Arnstorf (Fassadenbau), SUNOVATION Produktion, Elsenfeld (PV-Paneele), Vertiko, Buchenbach-Himmelreich (Fassadenbegrünung), Kone, Hannover (Aufzugstechnik), Ulrich Lippert, Berlin (Gebäudekommunikation), Schwenk & Dieterich, Berlin (Haustechnik), Bergemann, Berlin (Elektrotechnik)
Bauherr*in: Fortuna Familien GmbH, 10719 Berlin
Fertigstellung: 2023
Standort: Bundesallee 215a, 10719 Berlin
Bildnachweis: KUNAT Architekten
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