Gymnasium in Ergolding
Linoleum in leuchtenden Farben, grauer Kugelgarnbelag und weißer Beton
Seit dem Schuljahr 2013/2014 besuchen die ersten Kinder und Jugendlichen das neue Gymnasium im niederbayerischen Ergolding. Realisiert wurde der für insgesamt 800 Schüler ausgelegte Neubau als Gemeinschaftsprojekt nach Plänen von Behnisch Architekten zusammen mit dem Büro Leinhäupl + Neuber.
Gallerie
Auf einem nach Norden durch das Sonderpädagogische Förderzentrum und nach Süden durch eine viel befahrene Bundesstraße begrenzten Grundstück entstand ein „im Erdgeschoss landschaftlich und in den Obergeschossen linear geprägtes Schulgebäude“, das sich aus verschiedenen winklig zueinander angeordneten Baukörpern zusammensetzt. Ein polygonaler Grundriss und versetzt übereinander liegende Geschosse gliedern den Neubau, verzahnen ihn teilweise mit der Umgebung und definieren unterschiedliche Außenbereiche.
Der Zugang zur Schule führt durch einen neu angelegten Grünbereich auf dem nördlichen Grundstück direkt ins Zentrum des Gebäudes. Hier befindet sich ein lichtdurchflutetes Atrium, das nicht nur Pausenhalle ist, sondern auch Raum bietet für Ausstellungen, Theatervorführungen oder Konzerte und bei Bedarf den Außenhof und die angrenzende Mensa mit einbezieht. Der Luftraum erstreckt sich über alle vier Geschosse und dient als Verteiler für die verschiedenen Ebenen. Freitragende Treppen und Galerien führen auf Flure, die sich an den Knotenpunkten ausdehnen und so zur Erweiterung der Unterrichtsräume und zum Ort für Begegnungen zwischen Lehrern, Schülern und Eltern werden.
Helle, unbunte Flächen wie weiß lackierte Stahltreppen, Sichtbetonbauteile und schalldämmende HWL-Platten sind mit vier kräftigen Farben auf den Verkehrsflächen kombiniert, die sich konsequent über ein ganzes Geschoss fortsetzen und zur Orientierung dienen. Wandflächen einschließlich Türen sowie Linoleumböden oder Fliesen entstammen der selben Farbfamilie in Gelb-, Orange-, Grün- oder Blautönen. Ergänzt wird die Materialpalette durch Treppenstufen, Handläufe, Bänke und niedrige, zum Sitzen einladende Fensterbrüstungen aus Eichenholz. Glasfassaden und die immer wieder fast raumhohen Fensterbänder lassen das Tageslicht bis tief ins Gebäude einfallen.
Die Ganztagsschule bietet neben flexibel nutzbaren Klassen- und Fachräumen auch Orte für die Hausaufgabenbetreuung, Ruheräume und lernorientierte Aufenthaltsbereiche. Die Klassenzimmer sind durch sogenannte Differenzierungsräume ergänzt, in denen Schüler in Kleingruppen gezielt gefördert werden können. Die im Erdgeschoss liegende Zweifeldsporthalle, die Bibliothek sowie die gleichfalls ebenerdigen Bereiche für Werken, Kunst, Musik und Computerarbeit stehen in engem Bezug zu den angegliederten Grünflächen.
Geheizt und gekühlt wird das Schulgebäude mittels eines Niedrigtemperaturheizsystems über bauteilaktivierte Stahlbetondecken. Die Gebäudebelüftung erfolgt durch ein hybrides System aus manueller und automatischer Lüftung. Ein Lichtlenksystem bringt Tageslicht von der Südfassade über den Gang in die Klassenzimmer, die dadurch trotz ihrer Nordausrichtung und der acht Meter Raumtiefe an den meisten Tagen auf Kunstlicht verzichten können.
Boden
Während die Flure und das Atrium mit harten, farbigen Flächen
belegt sind, war es den Architekten wichtig, in den Klassenzimmern
Behaglichkeit und ein Gefühl von Geborgenheit zu erzeugen. Deshalb
kommen hier textile Bodenbeläge in dezentem Grau zum Einsatz. Für
die Auswahl der jeweiligen Bodenbeläge orientierten sich die
Architekten an der Schulbaurichtlinie, z.B. zur Rutschfestigkeit
und Schalldämmung sowie die Pflege der Oberflächen.
Für die gelben Verkehrsflächen im Erdgeschoss wurden die Fußböden beschichtet, in den Obergeschossen orangefarbenes, grünes und blaues Linoleum verlegt. Auch die Fliesen in den Sanitärbereichen haben die jeweilige Orientierungsfarbe. Die Klassenräume sowie Lehrerzimmer, Verwaltung, Musikraum, Ganztagesbetreuung etc. erhielten einen grauen Kugelgarnteppichboden. In der Sporthalle wurde ein spezieller Sportboden mit Linoleum-Oberbelag eingebracht. Die Betonoberflächen in den Treppenhäusern sind in Fertigteil-Qualität hergestellt. Die Treppenstufen im Atrium sollten wie ein „roter Teppich“ aus einem besonderen, hochwertigen Material wirken und wurden daher aus Eichenholz gefertigt. Die deutlich sichtbaren Dehnfugen im Atrium trennen die unterschiedlichen Heizkreise der Fußbodenheizung voneinander.
Direkt vor dem Gebäude fassen weiße Betonplatten die Schule und
bilden einen Übergang zur schwarzen Asphaltfläche, die als
„Rennbahn“ dient – Platz zum Toben, Spielen und Rennen. Begrenzt
wird sie zu den Grünflächen hin von weißen Betonsteinen, die
unterschiedlich hoch sind, teilweise Holzauflagen haben und zum
Sitzen und Liegen einladen. Unter den Auskragungen des Gebäudes
wurden Kiesflächen mit runden Betonsteinen in unterschiedlichen
Höhen angelegt. An den Eingängen zum Atrium sollen von innen nach
außen durchgehende Sauberlaufmatten, die orthogonal zu der in
unterschiedliche Richtungen ausgerichteten geknickten Fassade
verlaufen, den Besucher ins Gebäude leiten. Alle Wege im
Außenbereich und eine Lärmschutzmauer zur Straße hin sind aus
Ortbeton hergestellt. -sm
Bautafel
Architekten: Projektarbeitsgemeinschaft Behnisch Architekten, München und Leinhäupl + Neuber, Landshut
Projektbeteiligte: Arbeitsgemeinschaft BBI Bauer Beratende Ingenieure, Landshut / ISP Scholz Beratende Ingenieure, München (Tragwerksplanung); Frey, Donabauer & Wich, Gaimersheim (HLS); SBI Schicho Ingenieure, Regensburg (Elektroplanung); Transsolar, München (Energiekonzept); Brandschutzconsulting, München (Brandschutz); LAB Landschaftsarchitektur Brenner, Landshut (Landschaftsarchitektur); Raumgestaltung Schandert, Jüterbog / Bernd Bindl, Plauen (Bodenbelagsarbeiten); Remmers, Löningen (Hersteller Bodenbeschichtung EG); Fabromont, Schmitten (Hersteller Teppichboden); DLW Flooring, Bietigheim-Bissingen (Linoleumboden)
Bauherr: Landkreis Landshut
Standort: Am Sportpark, 84030 Ergolding
Fertigstellung: 2013
Bildnachweis: Behnisch Architekten, München; Fotos: David Matthiessen, Stuttgart
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