Sikbang Maru Pavilion in Seoul
Atmosphärische Gewächshausvariationen
Transluzente Hüllen aus Glas, Geweben oder Planen sorgen für ein warmes, feuchtes Mikroklima in Gewächshäusern. Was ideal für das Wachstum von Pflanzen ist, erzeugt besondere Raumatmosphären. Das koreanische Planungsbüro one-aftr ließ sich dadurch zum Entwurf des Pavillons Sikbang Maru inspirieren, der 2023 in Seoul zu sehen war.
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Pavillonwettbewerb mit speziellen Anforderungen
Der temporäre Bau mit textiler Hülle entstand im Rahmen des Wettbewerbs Seoul Maru Public Intervention. Unter zahlreichen Einreichungen wird dabei ein Pavillonentwurf ausgewählt und anschließend auf dem Dach der Seoul Hall of Urbanism & Architecture (Seoul HOUR) errichtet. Das städtische Architektur- und Stadtentwicklungsmuseum ist wie ein Stadtbalkon konzipiert, mit einem leicht abschüssigen, einer Platzanlage ähnelndem Dach. Die Institution liegt im Herzen der südkoreanischen Hauptstadt, umgeben von einigen kulturellen Wahrzeichen, darunter die Paläste Deoksugung und Gyeonghuigung sowie die Kathedrale der anglikanischen Kirche Seoul.
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2023 fand der Wettbewerb erst zum dritten Mal statt, doch schon jetzt gilt er als wichtiges Ereignis in der koreanischen Architekturszene. Mit 42 Einreichungen hat sich die Zahl der teilnehmenden Architekturbüros im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Das Konzept von Seoul MARU basiert darauf, traditionelle Erwartungen an den Bautypus Pavillon zu hinterfragen. Es sollen innovative architektonische Lösungen gefördert werden, die sowohl den urbanen Kontext als auch die spezifischen Bedürfnisse der städtischen Bevölkerung Seouls berücksichtigen. Mit dieser Ausrichtung wollen sich die Initiatoren von anderen bekannten Pavillonprojekten weltweit abheben, die oft primär dem Zweck der Beschattung oder einer temporären Ausstellungsfläche dienen.
Modularer Aufbau unter Korbbögen
Die Konstruktion des Sikbang Maru war modular: Der Pavillon bestand aus sechs aneinandergrenzenden Kammern, die durch verschiedenartige Öffnungen zu einer Raumfolge verbunden waren. Jedes dieser Module maß 5 x 12 Meter und war aus jeweils neun Metallrahmen mit Korbbogen errichtet. Mit langen Metallschwellen auf dem Boden und Metallriegeln im Wandbereich wurden die Rahmen zu einem räumlichen Gebilde zusammengefügt und ausgesteift. Zwischen den Korbbögen verliefen Stahlseile, die als Tragstruktur für die textile Bedachung dienten.
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Der Pavillon war in vier Zonen gegliedert. Diese waren so konzipiert, dass sie unterschiedliche Erfahrungen und Interaktionen mit dem Raum ermöglichten, von öffentlichen Veranstaltungen bis hin zu privaten Rückzugsmöglichkeiten. Jeweils zwei Raummodule nahmen die Eingangshalle und den Veranstaltungsraum ein. Sie befanden sich am südlichen und nördlichen Ende des Pavillons. Dazwischen lagen ein Meditationsraum und ein Gewächshaus, die jeweils ein einzelnes Modul bespielten.
Die Eingangshalle war mit länglichen Holzbänken möbliert, auf denen sich Besuchende ausruhen konnten, bevor sie den Pavillon erkundeten. Transluzente Lamellenvorhänge gliederten den Raum in einzelne halbprivate Bereiche. Der Veranstaltungsraum war mit einem großen Podest für Darbietungen und zahlreichen Sitzwürfeln ausgestattet. Weiß gefasste, hölzerne Blenden vor den Metallriegeln verdeckten indirekte Beleuchtungsmittel. Das Herz des Pavillons bildete ein linear verlaufendes Hochbeet mit üppigem Pflanzbewuchs im Gewächshaus. Die Möblierung des Meditationsraums hatten die Architekturschaffenden auf einige Sitzgelegenheiten reduziert.
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Sonnenschutz: Vier klimatisch wirksame Gewebe
Das zentrale Element des Sikbang Maru war seine abwechslungsreiche textile Fassade, die das natürliche Tageslicht modulieren und innerhalb des Pavillons variierende Atmosphären erzeugen sollte. Vier unterschiedliche Kunststoffgewebe kamen zum Einsatz, ein angenehmes, dem jeweiligen Funktionsbereich angepasstes Mikroklima zu schaffen. Die Textilien und Folien halfen nicht nur dabei, das Licht auf spezifische Weise zu filtern, sondern auch den Luftstrom innerhalb des Pavillons zu kontrollieren:
- Ein weißes Sonnenschutzgewebe wurde in der Veranstaltungshalle verwendet. Das leicht transparente, netzartig gewobene Textil filterte das Sonnenlicht leicht, ließ zugleich aber genügend Licht durch, um den Bereich hell und einladend zu halten. Darüber hinaus förderte das Gewebe die Luftzirkulation, was besonders bei größeren Menschenansammlungen wichtig war.
- Eine leicht transparente Folie im Gewächshausbereich erlaubte Durchblicke und erhöhte so die Sichtbarkeit der Pflanzen von innen und von außen. Zwar wurde auch hier direkte Sonneneinstrahlung vermieden. Jedoch reichte das nur wenig gefilterte Sonnenlicht aus, um einen milden Treibhauseffekt zu erzeugen, der für etwas höhere Temperaturen als in den anderen Raummodulen sorgte. Das kam dem Wachstum der Pflanzen zugute.
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- Zur Überdachung des Meditationsraums kam ein undurchsichtiges, burgunderfarbenes Tuch zum Einsatz. Das wasserfeste Material bot vollständigen Lichtschutz – ideal für einen ruhigen, besinnlichen Rückzugsort. Das Textil blockierte das externe Licht vollständig und schuf damit einen abgeschlossenen, kontemplativen Raum, der vor äußeren Störungen schützen sollte.
- Das lichtdurchlässige Gewebe der Lobby diente dazu, einen warmen Empfangsbereich zu schaffen. Es unterschied sich vom Sonnenschutzgewebe im Veranstaltungsraum durch seine leicht isolierenden Eigenschaften, die halfen, eine stabilere Innentemperatur zu bewahren, unabhängig von den äußeren Wetterbedingungen. Während es ebenfalls Licht durchließ, sorgte es für eine noch diffusere Lichtqualität. -sr
Bautafel
Architektur: one-aftr, Seoul
Projektbeteiligte: Joon Ma, Ryu Ahn, Yoonha Lee,
Hani Cho, Hyongryul Lee (Design Team one-aftr)
Bauherrin: Stadt Seoul
Standort: 119 Sejong-daero, Jung-gu, Seoul, Südkorea
Fertigstellung: 2023
Bildnachweis: Jang Mi, Seoul (Fotos); one-aftr, Seoul (Pläne)
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