Keramische Sonderform: Baguettes
Seinen Namen verdankt das Baguette genannte Keramikhohlelement folgender Anekdote: Zur Präsentation eines neuartigen Terracotta-Stabes für die Fassadengestaltung der Gebäude am Potsdamer Platz in Berlin betrat der ehemalige Inhaber einer Keramikfirma das Atelier des Architekten Renzo Piano in Paris gerade zu dem Zeitpunkt, als das Team eine gemeinsame Frühstückspause einlegte. Mit den Worten „Voilà, Messieurs-dames, votre baguette!“ legte er den Prototypen des Terracotta-Stabes, den er in Papier eingeschlagen unter dem Arm getragen hatte, mitten zwischen Croissants und Café au lait. Damit erzielte er zuerst einen Heiterkeitserfolg sowie anschließend Begeisterung für die Problemlösung. Und der Name des Produktes, welches dann auch erstmals bei dem Projekt eingesetzt wurde, war geboren.
Gallerie
Aus dem 150 Zentimeter langen Terracotta-Stab von damals hat sich bis heute eine Systemreihe mit vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten entwickelt, sodass der Begriff Baguette mittlerweile zur gängigen Architektur-Terminologie gehört – für Keramikhohlelemente mit einem quadratischen, rechteckigen oder runden Querschnitt, welche auch als Doppelbaguette oder Kastenelement ausgeführt werden können.
Einsatzbereiche, Formate, Oberflächen
Das zu den keramischen Sonderformen gehörende, sehr flexibel
einsetzbare Baguette wird hauptsächlich in Fensterbereichen oder
zur Gestaltung „offener" Fassaden eingesetzt und jeweils
projektbezogen in Form und Farbe hergestellt, wobei kräftige
Glasurfarben besonders beliebt sind. Es kann aber ebenfalls als
Brüstungselement eingesetzt werden, dann jedoch mit einer
zusätzlichen mechanischen Unterstützung. Und im Sonnenschutzbereich
bietet das Baguette – etwa in Form von keramischen
Verschattungslamellen – idealen Schutz insbesondere in Licht- und
sonnenintensiven Gegenden.
Mithilfe von Seitenbefestigungen oder rückseitigen Befestigungselementen ist das Baguette leicht zu installieren. Es lässt sich individuell auf jedes beliebige Längenmaß bis maximal 1,60 m anpassen; der minimale Querschnitt beträgt 43 x 43 mm – am gängigsten ist jedoch das Format 50 x 50 mm. Ecklösungen werden mit auf Gehrung geschnittenen Baguettes oder speziellen Eckformteilen realisiert. Die Oberflächenvielfalt reicht von naturrau über geschält und gekämmt bis zu geschliffen. Werden Baguettes in hinterlüftete Fassadenkonstruktion integriert, spricht man von Baguette-Fassaden. Dabei werden die keramischen Elemente auf einer flexiblen Aluminium-Unterkonstruktion angebracht. Alternativ zu den weit verbreiteten Quadratrohren sind auch individuelle Querschnitte möglich, egal ob kreisrund, oval oder flügelförmig.
Sonderform Dreikantbaguettes
Zur Verschattung von Glasflächen auf ziegelgedeckten, geneigten
Dächern eignen sich besonders Baguettes mit dreieckigem
Querschnitt. Die Dreiecksform ermöglicht ein exaktes Angleichen an
die Dachneigung und verbreitet dadurch ein stimmiges Bild der
gesamten Dachfläche. Während der Nutzer des Dachgeschosses in den
Genuss von natürlichem Licht kommt, ist für den Betrachter auf der
Straße lediglich eine geschlossene Ziegelfläche sichtbar.
Insgesamt wurden bereits zahlreiche objektspezifische
Sonderlösungen realisiert, für die vielfältige Plattenoberflächen
mit dreidimensionaler Struktur individuell angefertigt worden sind;
hinzu kamen bei vielen Objekten Verschattungs- bzw.
Gestaltungselemente. Hergestellt werden die Baguettes übrigens aus
Ton, der zu feinem Mehl verarbeitet, in sorgfältig abgestuften
Mischverhältnissen durchgefärbt und bei hohen Temperaturen über
1.200 Grad Celsius gebrannt wird. Das führt zu besonders glatten,
dichten und robusten Oberflächen, die frostsicher, nicht brennbar
und resistent gegen äußere Einflüsse wie Sonne, sauren Regen oder
Feuchtigkeit sind.